Tourismus

Kampenwand-Historic-Impressionen

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

In Aschau laufen auch noch die Hundertjährigen! Gleich fünf Motorräder bei der fünften Kampenwandhistoric 2019 waren älter als 100 Jahre, die „Aiglon“ von Peter Hoffmann stammt aus dem Jahre 1906, die „Clyno“ von Helmut Schmidtner fuhr erstmals 1910, die „Zenith“ von Rudolf Platzer und auch die „Triumph“ von Otto Schwarz wurden noch vor dem Ersten Weltkrieg 1913 gebaut. Ersatzteile gibt’s dafür natürlich längst nicht mehr, erzählten die stolzen Besitzer, alles was ersetzt werden muss, das muss mit der Hand gefertigt werden. Hier stimmt der alte Motorradspruch: eine Stunde fahren – einen Tag schrauben – vollkommen. 19 dieser alten Schätzchen kamen nach Aschau, um als eigene Klasse „Antik Motorräder“ an der Kampenwandhistoric 2019 teilzunehmen, alle miteinander brachten sie stolze 1885 Lebensjahre zusammen

Als Schirmherr wünschte Bayerns Innenminister Joachim Hermann dem Rennen einen guten Verlauf. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 Stundenkilometern brauche er sich wohl keine Sorgen zu machen.

Auch Dieter Braun, zweifacher Motorradweltmeister, Sieger bei 14 Motorrad Grand Prix Rennen, mehrfacher deutscher und mehrfacher Vizeweltmeister, sowie Tourist Trophy Sieger auf der Isle of Man kam – wie bei der letzten Kampenwandhistoric 2016 – wieder nach Aschau und erzählte in der Mittagspause einiges aus seinem reich bewegten Rennfahrerleben in den 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts. Der Organisator des Rennens Manfred Stein hatte den erfolgreichen ehemaligen Grand Prix Fahrer ins Priental eingeladen. Streckensprecher Karl Meier stellte Dieter Braun dem Publikum vor, aber da die meisten Besucher eh vom Fach waren und sich mit Motorrädern, Benzin und Motoröl bestens auskannten, wussten die meisten auch über den sympathischen ehemaligen Rennfahrer Bescheid.

Und nach diesem Intermezzo mit dem Doppel-Weltmeister ging es wieder weiter: Wo sonst rund um die Aschauer Festhalle beschauliche Ruhe und vollkommene Stille herrscht, war es an diesem Wochenende ganz anders: heulende Motoren von Solomaschinen und Gespannen, Auspuffgeruch, Benzinschwaden und Öldunst. Die fünfte internationale Kampenwandhistoric – ein Motorrad Classic Grand Prix – zog Zuschauer aus der ganzen Region nach dreijähriger Pause wieder ins Festhallengelände. Leider spielte das Wetter nicht ganz so mit und so fanden nur die ganz Harten den Weg ins Priental. Hautnah standen sie an der Strecke und sahen die Motorräder vorbeifahren, die alten betagten mit nur wenigen Pferdestärken etwas langsamer, die neuen dagegen pfeilschnell. Streckensprecher Karl Meier wusste zu jeder Maschine etwas zu sagen. Da lachte gar manches Sammlerherz und musterte die antiken Gefährte mit Kennerblick. Auf Geschwindigkeit kam es bei diesem Rennen gar nicht an, die uralten Schätzchen aus den Kindertagen des Motorsportes hätten mit ihren paar PS sonst keinerlei Chancen gegen die hoch getunten Geschosse der Neuzeit gehabt. Organisator Manfred Stein hatte die fünfte Kampenwandhistoric auf einem 750 Meter langen Rundkurs unterhalb von Schloss Hohenaschau in 14 Klassen unterteilt und als Gleichmäßigkeitslauf ausgeschrieben. Gleichmäßigkeitsläufe sind nicht auf die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten ausgelegt und schonen das historische Fahrzeugmaterial. Bei Rundkursen wird vom Fahrtleiter (entspricht dem Rennleiter) die Runde festgelegt, deren Zeit als Maß genommen wird. Alle darauf folgenden Runden müssen in möglichst gleicher Zeit absolviert werden, die Beträge der jeweiligen Abweichungen werden in Strafpunkten zusammengezählt. Hier ist der Teilnehmer mit der niedrigsten Punktzahl der Sieger. Es sind keine Rennen im eigentlichen Sinne, denn um die teuren und seltenen alten Motorräder nicht unnötig hohem Verschleiß auszuliefern, fährt man möglichst gleichmäßige Runden, statt möglichst schnelle Zeiten. Aber trotzdem ging es ganz schön zur Sache, vor allem bei den Beiwagenmaschinen.

Im Rahmenprogramm während der Mittagspause durften die Kinder des Aschauer Behandlungszentrums aus dem Würzburger Haus ein paar Runden als Schmiermaxe auf den Beiwägen drehen. „Das Leuchten dieser Kinderaugen ist mehr wert als alle Pokale, die ihr hinterher mit nach Hause nehmen dürft“, so Manfred Stein, der diese Sonderfahrten seit der allerersten Kampenwandhistoric fest im Programm hat. „Das ist kein Kinderkarussell“, stellte ein Mädchen aus dem Würzburger Haus, das zur seelischen Unterstützung seine Puppe mitgebracht hatte, hinterher mit Kennermiene begeistert fest, als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte und wollte gleich noch mal fahren – wie im Kinderkarussell.

Hans Steinberger aus dem nahen Frasdorf stellte aus seiner Oldtimersammlung ein Dutzend perfekt hergerichtete Motorräder vor. Einige davon lieferten sich dann auf dem Rundkurs ein heißes Rennen, an dem neben Hans Steinberger auch der zweite Bürgermeister von Aschau Max Pfaffinger teilnahm. Max Pfaffinger dankte dem Veranstalter Manfred Stein für die Planung und Durchführung dieser motorsportlichen Veranstaltung, damit habe er wieder einmal ein Zeichen für weitere Vorhaben dieser Art gesetzt. Der Platz hier unter der Burg sei bestens geeignet und die alten Maschinen aus den Anfängen der Motorisierung zeigten den Zuschauern „am lebenden Objekt“ was man als Fahrer früher noch alles schrauben und Selbermachen konnte.

Fotos und Bericht: Heinrich Rehberg

Streckensprecher Karl Meier (links) bei der vierten internationalen Kampenwandhistoric in Aschau.

Zusammen sind sie 1885 Jahre alt – die 19 antiken Motorräder aus den Baujahren zwischen 1906 und 1924

Die Maschine deutlich älter als der Mann – eine Victoria von 1920

Zum Motorrad das richtige Outfit, von der Sturzkappe über die Staubbrille bis zur Lederjacke, alles stimmig: Otto Schwarz mit seiner Triumph von 1913.

Anzug und Stiefel – very british Manfred Schlottau auf einer Maschine von 1923

Andreas Huber und seine Raleigh von 1924

Seitenwagenrennen – eine Attraktion für die Zuschauer, Das historische Zenith-Gespann von Franz Pelkersmüller

Seitenwagenrennen – eine Attraktion für die Zuschauer seit 100 Jahren, das historische „Royal Enfield“ Gespann mit Nick Peter von 1919

und der Sieger ist …

Fünfte internationale Kampenwandhistoric

Der Nachwuchs steht schon am Start

MdL Klaus Stöttner bei der Fünften internationale Kampenwandhistoric mit Streckensprecher Karl Meier (links)

Taxifahrten – mit aufgebesserter Schrittgeschwindigkeit fahren die Gespanne eine Runde mit den Kindern des BZ Aschau

Aus der Sammlung von Hans Steinberger (vorne), Maschinen der 30-er Jahre

Nostalgierennen, der zweite Bürgermeister von Aschau Max Pfaffinger

 


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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