Eigentlich wäre die Jubiläumsfeier bereits vor zwei Jahren fällig gewesen. Doch da war Corona noch nicht ganz überwunden. Jetzt aber möchte der „Zuchtverband für oberbayerisches Alpenfleckvieh Miesbach“ nachträglich auf sein 130-jähriges Bestehen hinweisen – mit einer großen Tierschau in der Miesbacher Oberlandhalle. Auch für letztere ist eine runde Zahl zu vermelden: Sie wurde vor zehn Jahren in Betrieb genommen. Und beide zusammen, der Zuchtverband und die Vermarktungshalle, bilden ein erfolgreiches Gespann.
Im Grunde ist die Rinderzucht so alt wie die Menschheit. Immer schon wurde versucht, mit den jeweils gegebenen Möglichkeiten den Milch- und Fleischertrag zu verbessern und die dafür geeignetsten Rassen zu selektieren – wobei die Rinder nebenher auch als Arbeitstiere zum Einsatz kamen. Das entlang der Alpenkette vorherrschende Grünland mitsamt der Almweiden war nur über die Viehzucht zu nutzen. Nachdem der blutjunge Bauern- und Gastwirtssohn Max Obermayr aus Gmund bei einem heimischen Viehmarkt vereinzelte Simmentaler Rinder und daraus hervorgegangene Kreuzungen gesehen hatte, war sein Entschluss schnell gefasst: Diese „großwüchsigen Tiere mit edlem Ebenmaß und gutem Beinwerk“ sollten hier Fuß fassen. Gemeinsam mit seinem Freund und späteren Schwiegervater Johann Fischbacher brachte er 1837 in 35-tägigem mühsamen Marsch zwölf Kühe, drei trächtige Rinder, einen zweijährigen Zuchtstier und zwei schwere Zugochsen aus dem Berner Unterland ins bayerische Oberland. Die beiden Zugochsen fanden bereits in Tölz neue Besitzer, die verbliebenen 16 Stück wurden von Gmund aus an verschiedene Züchterbetriebe verteilt. In den folgenden Jahren holte Obermayr noch mehrmals direkt aus dem Simmental stammende Tiere hierher. Damit war der Grundstein gelegt für die erfolgreiche Weiterzucht und die Einkreuzung mit dem hiesigen leichtgewichtigeren Rinderschlag. Bald war das „Miesbacher Fleckvieh“ weitum bekannt und wurde sogar zu den Gutshöfen von Fürst Otto von Bismarck und an den russischen Zarenhof transportiert. Um mit den züchterischen Bemühungen und der Vermarktung der Tiere vorwärtszukommen, bildeten sich um 1890 Viehzuchtgenossenschaften – die Milchablieferung hatte seinerzeit nur geringe Bedeutung. Es waren die Viehzuchtgenossenschaften Aibling, Miesbach, Tegernsee und Tölz, die dann 1892 den Miesbacher Zuchtverband gründeten. Später schlossen sich noch die VZG’s München, Rosenheim, Wasserburg und Wolfratshausen dem Verband an.
Heute sind die wirtschaftlichen und rechtlichen Bedingungen für die Landwirtschaft völlig anders und weitaus anspruchsvoller als damals, was entsprechend auch die Aufgaben des Zuchtverbands intensiviert hat. Bestmögliches Management in Marktkrisenzeiten gehört dazu. Aktuell beliefern etwas mehr als 1 300 Mitgliedsbetriebe aus den acht VZG’s die Viehmärkte in der vor zehn Jahren neu in Betrieb genommenen Markthalle. Sicherheitstechnische Mängel und neue Vorschriften waren ausschlaggebend dafür, die Vorgänger-Halle aufzugeben und sich nach vielen und langwierigen Hürden an einem neuen Standort am Stadtrand von Miesbach anzusiedeln. Dort beteiligen sich nun am kommenden Sonntag, 7. April, rund 115 Betriebe aus dem Verband an der Jubiläumstierschau. Der Fortschritt in der Forschung und die Praxis-Erfahrungen der Bauern in Verbindung mit der Unterstützung durch den Zuchtverband haben gemeinsam das Ihrige dazu getan: „Die Zucht hat unser Alpenfleckvieh so gesund, leistungsstark und langlebig hervorgebracht, wie es sich unsere Vorfahren nur erträumen konnten“, sagt Verbands-Vorsitzender Markus Dinzenhofer.
Bericht: Rosi Bauer – Foto: Zuchtverband Miesbach – Foto stammt von der Tierschau anlässlich der Eröffnung der neuen Viehmarkthalle in Miesbach im Jahr 2014 und zeigt (v.li.) August Wieser, Josef Manhart und Johann Rauchenberger mit ihren Siegerkühen.
Das Programm der Jubiläumstierschau am Sonntag, 7. April: 7 Uhr Auftrieb; ab 9.30 Uhr Bewertung der Ausstellungstiere, Begrüßung und Grußworte der Ehrengäste; 13 Uhr Tiersegnung; 14 Uhr Wahl der VZG-Siegergruppe; 14.30 Uhr Siegerehrung und Vergabe der Züchtermedaillen; 15 Uhr Abtrieb. Mit großzügigem Kinderprogramm und kleinem Ausstellergelände!