Jessica von Bredow-Werndl gewann bei den Olymischen Spielen in Paris mit ihrem Pferd TSF Dalera BB sowohl mit der Mannschaft als auch in der Einzelwertung die Goldmedaille. Sie ist damit die erst zweite Dressurreiterin, die bei zwei aufeinanderfolgenden Olympischen Spielen mit demselben Pferd sowohl in der Mannschafts- als auch in der Einzelwertung Gold gewinnen konnte. Gemeinsam mit ihrem Bruder Benjamin betreibt sie auf dem Gut Aubenhausen einen Ausbildungs- und Dressurstall.
Karriere und Erfolge:
Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie Olympiasiegerin wurden? Können Sie uns diesen Moment beschreiben?
Das ist schwer, in Worte zu fassen. Das ist einfach überwältigend. Einerseits ist es eine große Erleichterung und Freude, andererseits kommt dann schon schnell die totale Erschöpfung.
Welche besonderen Herausforderungen mussten Sie auf Ihrem Weg zum Olympiasieg überwinden?
Zunächst einmal ist es ja super wichtig, dass Pferd und mich über so viele Jahre optimal zu managen. Als Mama, Unternehmerin und Profi-Sportlerin ist es manchmal ein ganz schöner Jonglierakt, alles gut unter einen Hut zu bringen. Am Ende geht es immer darum im Hier und Jetzt, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Auch es ist eine ständige Übung für die Achtsamkeit und Präsenz, dass ich das, was ich tue, mit meiner vollen Aufmerksamkeit tue. Gleichzeitig ist dies aber auch eine optimale Vorbereitung für so außergewöhnlich mentale Herausforderungen.
Wie haben Sie und Ihr Pferd TSF Dalera BB diese außergewöhnliche Partnerschaft aufgebaut?
Dalera und ich sind schon seit neun Jahren ein Paar und in dieser Zeit haben wir uns sehr gut kennen gelernt. Es ist eine tiefe Freundschaft, die daraus entstanden ist und ich denke, da kann ich für uns beide sprechen, dass wir unheimlich gern Zeit miteinander verbringen. Und genau dadurch baut sich diese tiefe Verbindung auf.
Training und Vorbereitung:
Wie sieht ein typischer Trainingstag für Sie und Ihr Pferd aus?
Ich trainiere ja nicht nur ein Pferd, sondern mehrere. Aber ein typischer Trainingstag für eins meiner Top-Pferde könnte folgendermaßen aussehen: morgens um sechs gibt es Futter, danach geht es in die Führmaschine, denn Pferde sollen sich viel bewegen. Danach geht es für ein paar Stunden auf die Koppel. Gegen Mittag reite oder longiere ich es, ehe es wieder Mittagessen und eine kurze Mittagsruhe gibt. Nachmittags geht es noch mal aufs Paddock und dann noch mal Bewegung im Schritt, sei es auf dem Laufband, im Aquatrainer, in der Führanlage oder an der Hand spazieren. Anschließend gibt es Abendessen und am späten Abend noch mal Heu und Kraftfutter.
Welche Rolle spielt mentale Vorbereitung in Ihrer Routine vor großen Wettkämpfen?
Eine extrem große Rolle! am besten helfen mir verschiedene Atemtechniken, Meditation, Yoga und Rituale, um mich optional mental vorzubereiten.
Wie finden Sie die Balance zwischen intensiven Trainingseinheiten und der nötigen Erholung für Sie und Ihr Pferd?
Das mache ich nach Gefühl. Ich hab zum Glück sehr viel Erfahrung mit Trainingsplänen, sowohl für mich als auch für die Pferde und weiß, wie wichtig Erholung ist.
Persönliches:
Wer sind Ihre größten Vorbilder im Reitsport, und was haben Sie von ihnen gelernt?
So ein richtiges Vorbild hab ich nicht, aber es gibt viele Menschen -vor allem auch außerhalb des Reitsports die mich inspirieren.
Wie gehen Sie mit dem Druck um, der mit großen Turnieren und dem Status als Olympiasiegerin einhergeht?
Darauf bereite ich mich im Prinzip mein ganzes Leben vor. Aber der Druck bei Olympia ist nicht zu vergleichen mit irgendetwas anderem, was ich bisher in meinem Leben erlebt habe. Da herrschen eigene Gesetze. Der Erwartungsdruck, wenn man über so viele Jahre umgeschlagen war, ist extrem hoch gewesen.
Was würden Sie jungen Reiterinnen und Reitern raten, die eine Karriere im Dressurreiten anstreben?
Denkt immer daran, dass es um die Liebe zu unseren Pferden geht. es ist für uns ein Privileg, mit so wundervollen Tieren arbeiten zu dürfen und diese Verantwortung müssen wir uns immer bewusst sein!
Zukunft und Perspektiven:
Welche Ziele haben Sie für die kommenden Jahre? Gibt es weitere Wettkämpfe oder Herausforderungen, auf die Sie besonders hinarbeiten?
Das nächste ganz große Ziel ist mit Sicherheit Olympia in LA. Mit welchem Pferd und wie ich dorthin komme, weiß ich noch nicht. Ich weiß nur, dass ich es schaffen kann.
Wie sehen Sie die Zukunft des Dressursports, insbesondere in Deutschland?
Durch die Medien wird der Dressursport immer wieder in ein falsches Licht gerückt. Natürlich gibt es „schwarze Schafe“ und unschöne Bilder, die es in keinster Weise zu verteidigen gilt. Im Gegenteil! Dennoch spiegelt es nicht diesen wundervollen Sport wider. Es ist wichtig, zu zeigen, wie wir mit unseren Pferden leben und arbeiten. Dass wir unseren Pferden ein wunderschönes Leben bieten und sie durch Anerkennung zu diesen Leistungen motivieren und nicht anders. (Fragen von Fritz Lutzenberger)
Beitrag entstand dank freundlicher Unterstützung des Bayernbundes – entnommen der Weiß-Blauen Rundschau
Text und Bildmaterial: Fritz Lutzenberger (www.bayernbund.de)