Natur & Umwelt

Igel-Hilfe für das Überwintern

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Es wird kälter, die Blätter färben sich rot, orange und gelb, die Tage werden kürzer und die Nächte länger: für viele Tiere wie den Igel beginnt nun eine für ihr Überleben kritische Zeit, in welcher sie sich auf den nahenden Winter vorbereiten. Dabei kann der stachelige Insektenfresser im Garten unterstützt werden. Die Kreisgartenfachberatung am Landratsamt Berchtesgadener Land gibt hierzu Tipps.

Am Abend und in der Nacht sieht man die Igel auf der Suche nach Nahrung umherstreifen, die seit Mitte Oktober deutlich knapper wird. Igel müssen sich in den Herbstwochen vor dem Wintereinbruch ein ausreichendes Fettpolster anfressen, von dem sie während des Winterschlafs mehrere Monate zehren können. So schlafen Igel am Tag in ihren Nestern aus Laub, Gras und Blättern unter Sträuchern, Hecken und in Laubhaufen. Nachts gehen sie auf Streifzüge durch ihr bis zu einem Kilometer großen Revier. Dabei sehen sie zwar sehr schlecht, dafür hören und riechen sie umso besser und finden so Laufkäfer, Hundertfüßer, Insektenlarven, Asseln und Spinnen, die sie laut schmatzend verspeisen. Finden sie davon nicht ausreichend, weichen sie auch auf oft mit Parasiten belastete Würmer und Schnecken aus. Früher streiften die dämmerungs- und nachtaktiven Winterschläfer durch eine vielfältig strukturierte Landschaft, Wiesen und Wälder. Heute haben es Igel in der ausgeräumten Kulturlandschaft schwer und leben als sogenannte Kulturfolger fast ausschließlich im besiedelten Raum. Daher sind Gärten, Hecken und Parks für Igel überlebenswichtige Lebensräume.

Mut zur Unordnung im Garten
Der von der Deutschen Wildtierstiftung zum Tier des Jahres 2024 gewählte Igel ist eine gefährdete und geschützte Art, die es heute schwer hat, zu überleben. Gründe hierfür sind Insektensterben, eine intensive Landnutzung, das Schrumpfen des natürlichen Lebensraums, der Klimawandel mit wärmeren Wintern und auch die Ordnungsliebe der Menschen in ihren Gärten und Parks. Dem Igel kann man helfen, indem man Gärten naturnah, insektenfreundlich und damit igelfreundlich gestaltet und darin weniger aufräumt. Ideale Igel- und Insektengärten sind naturnah und strukturreich gestaltet mit Hecken, blumenbunten Wiesen aus einheimischen insektenfreundlichen Kräutern und Wildblumen, Obstbäumen, Sträuchern, Steinmauern und Steinhaufen. Hierzu gehören insbesondere auch Haufen aus Laub, Reisig, Ästen und anderem Totholz, in und unter denen Igel und auch andere Tiere wie Eidechsen, Blindschleichen, Käfer, Wildbienen, Spinnen und viele andere Insekten Nahrung, Versteck- und Nistmöglichkeiten finden. Besonders im Herbst und über den Winter ist ein Unterschlupf und geschütztes Winterquartier überlebensnotwendig. Denn ab Außentemperaturen von unter 5 Grad Celsius suchen Igel ihre selbst gebauten Winterquartiere etwa in Laub- und Reisighaufen auf, die ihnen Schutz vor der Kälte bieten, und verschlafen die kalte Jahreszeit von etwa Mitte November bis März/April. Schlafende Igel haben eine verlangsamte Atmung und Herzschlag, ihre Körpertemperatur ist auf 5 Grad gesunken. Sie sollten nicht gestört werden, denn der Aufwachvorgang kostet die Igel viel ihrer lebensnotwendigen Energie. Die Laub-, Reisig und Totholzhaufen sollte man daher liegenlassen und Lärm vermeiden.

Förderlich sind auch ungestörte verwilderte Ecken im Garten, die nicht gemäht, gejätet oder betreten werden und in denen auch Giersch, Brennnessel und Co. wachsen dürfen. Sie sind nicht nur wichtige Nahrungsquellen – etwa für Schmetterlingsraupen – sondern auch wichtige Rückzugsorte für die Gartentiere. Auch überwintern viele Wildbienen zum Beispiel in den markhaltigen Stängeln von Stauden, die über den Winter stehen gelassen und erst im Frühjahr zurückgeschnitten werden. Passierbare Garten-Zäune helfen den Igeln auf ihren nächtlichen Streifzügen, beispielsweise durch einen etwa 10 Zentimeter großen Abstand zum Boden, durch Löcher oder große Maschen. Bei Wasserstellen wie Gartenteichen oder flachen Wasserschüsseln ist darauf zu achten, dass Igel und andere Tiere sich zur Not mit Ausstiegshilfen retten können. Kellerschächte und andere potentielle „Tierfallen“ sollten abgedeckt werden und Mülltüten sowie Plastiksäcke sollten für die Igel nicht erreichbar sein, indem sie zum Beispiel am Zaun aufgehängt werden.

Wann brauchen Igel Hilfe?
Viele Igel schaffen es bis zum Wintereinbruch nicht mehr, ausreichend Nahrung zu finden. Ihnen kann durch eine abendliche Zufütterung geholfen werden. Es eignet sich zum Beispiel gestocktes Rührei, gegartes ungewürztes Hackfleisch oder Katzenfeuchtfutter mit hohem Fleischanteil (60 Prozent). Für den Igel unverdaulich, teils schädlich und dadurch ungeeignet, sind Hundefutter, Essensreste, Obst, Gemüse, Nüsse, Getreide und Milch. Wenn es friert, darf allerdings nicht mehr zugefüttert werden, da Nahrungsmangel den Winterschlaf auslöst. Zusätzlich fachkundige Hilfe brauchen Igel, die geschwächt, apathisch, krank oder unterernährt sind oder die im Winter bei anhaltendem Bodenfrost insbesondere tagsüber wach und draußen unterwegs sind. Unterernährte Igel erreichen im Herbst nicht das für den Winterschlaf nötige Mindestgewicht von 500 bis 600 Gramm. Man erkennt dies am sogenannten „Hungerknick“, einer Einbuchtung hinter dem Kopf, sodass sich dieser deutlich vom Rücken absetzt.
Findet man einen unterernährten oder kranken Igel, kann man sich an den örtlichen Tierschutzverein, eine Igel-Station oder Igel-Pflegestelle wenden und den Igel versorgen lassen. Verletzte Igel brauchen medizinische Versorgung von einem igelerfahrenen Tierarzt. Fachkundige Tipps und die Nummer einer Beratungshotline findet man außerdem auf der Webseite des Vereins „Pro Igel“ (www.pro-Igel.de).

Bericht: LRA BGL – Der Herbst ist für Igel eine wichtige und kritische Zeit, in der sie möglichst viel Nahrung suchen, eine Fettschicht für den Winterschlaf aufbauen und ein Schlafnest anlegen  – Foto: Inge Tschirch


Redaktion

Toni Hötzelsperger

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