Brauchtum

Hirschhornknöpfe als Festzeichen beim Gautrachtenfest in Atzing

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Gau-Trachtenfeste sind allerorten eine hohe Herausforderung, schließlich sind sie Höhepunkte eines Trachten- und Vereinsjahres mit übergroßer Außenwirkung. Aber wie gelingt es auch kleinen Orten und Vereinen, diese Mammut-Leistungen zu vollbringen? Ganz einfach: es gibt überall Mitglieder mit besonderen Fähig- und Möglichkeiten – so wie heuer beim Trachtenverein „Daxenwinkler“ in Atzing, Gemeinde Prien a. Chiemsee mit der Fischer-Formtechnik GmbH für die Festzeichen zum Gaufest am Sonntag, 30. Juli.

 Voraus sei vermerkt, dass die gesamte Familie von Gerhard Fischer fest ins Atzinger Vereinsleben integriert ist – Gerhard bei den Mannerleuten, Ehefrau Angie bei den Röckefrauen und Sohn Julian in der Jugend. Und dann kommt noch dazu, dass Gerhard seine Firma Fischer-Formtechnik GmbH von seinem Ursprungsort in Arbing nahe Atzing aufgrund von Betriebserweiterungen in unmittelbare Nachbarschaft zum Vereinshaus der Atzinger Trachtler verlegte. „Was kann ich für Euch und für das Gautrachtenfest des Chiemgau-Alpenverbandes tun?“  – diese Frage stellte Gerhard Fischer vor gut einem Jahr und nach vielen Gesprächen ergab sich die Antwort: „Ein besonderes Festzeichen!“. Ein Hirschhornknopf sollte es werden, so der Wunsch vom Atzinger Festausschuss. „Aber so was lässt sich wohl nicht wirtschaftlich machen!“ – so Festleiter Michael Schlosser. Doch Michael Schlosser täuschte sich: die Trachtlerfamilie Fischer machte sich an die ehrgeizige Aufgabe, Hirschhornknöpfe als Festzeichen mit der weiteren Verwendung als Hut- oder Joppenschmuck zu entwerfen und zu erstellen.

Die Umsetzung der Idee bis zur Gestaltung

Am Anfang stand die Überlegung in welchem Herstellungsverfahren eine entsprechend große Menge an Festzeichen möglichst genau nachgebildet werden kann. Hierfür wurden zwei passende, handgeschnitzte Hirschhornknöpfe zugrunde gelegt, die  jeweils in Teilbereichen als Vorlage für das zum Verein passende Festzeichen dienten. Im nächsten Arbeitsschritt wurden von einer wohlwollenden Fischer-Kundschaft die Hirschhornknöpfe mit einem Computertomographen digitalisiert. Hierbei entstanden sehr detaillierte Aufnahmen, die zu einer sogenannten Punktewolke weiterverarbeitet wurden. Durch Unterstützung von Sohn Julian galt es nun mit einem CAD-Programm dem Vorbild entsprechende Hirschhornknöpfe zu designen und Prototypen mit seinem 3D-Drucker zu erstellen. Der Festausschuss begutachtete die vorgestellten Prototypen und ergänzte diese noch mit Beschriftungen auf Vorder- und Rückseite. Als Vorbereitung zur Produktion wurde nun im Werkzeugbau bei der Firma Fischer-Formtechnik GmbH ein Spritzgießwerkzeug konstruiert. Mit den erstellten CAD-Daten konnten die Erodierelektroden aus Graphit gefräst und damit das Spritzgießwerkzeug angefertigt werden. Angetrieben von dem Bestreben, das Festzeichen möglichst echt aussehen zu lassen, folgten Erprobungen zahlreicher Materialmischungen aus Kunststoff, Mineralien und Knochenmehl auf der Spritzgussmaschine. Gerhard und Angie führten langwierige Einfärbversuche und Oberflächenbehandlungen durch, um dem Hirschhornknopf ein möglichst naturgetreues Aussehen zu verleihen.

Viele Arbeitsvorgänge bis zum fertigen Hirschhornknopf

Viele Arbeitsschritte sind notwendig, um die zahlreichen Festzeichen fertigzustellen. Dem Spritzgießen folgen das wochenlange Einfärben und Beizen im Tauchverfahren, das mehrmalige Trocknen und Umdrehen, das Scheuern, das Schleifen, das Waschen und noch vieles mehr.  Das Ergebnis aus dem Zusammenwirken von modernster Technik und liebevoller Handarbeit kann sich jetzt nach einem guten Jahr der Planungen sehen lassen: ein Gaufestzeichen der besonderen Art  – aus Atzing und für Atzing. Bei den verschiedenen Arbeitsschritten waren neben der Familie Fischer und den Beschäftigten der Fischer-Formtechnik GmbH immer wieder Männer des Atzinger Trachtenvereins im Einsatz, zum Beispiel beim Sauberschleifen der Rückseite oder beim Zusammenklopfen von Rosette und Innenteil. Ein weiterer Vorgang war die Laser-Beschriftung, hier half die Firma Laserveredelung Steinberger aus Rimsting.  Die Frauen des Vereins sorgten dann an geselligen Abenden im Vereinshaus für das Einfädeln der Kordel mit Sicherheitsnadel, so dass das Festzeichen letztendlich fertig war und nunmehr gut sichtbar an Joppe oder Bluse am Gaufestsonntag angebracht werden kann. Insgesamt werden am Sonntag, 30. Juli in Atzing rund 4.000 Trachtlerinnen, Trachtler und Blasmusikanten erwartet. Für nochmals so viele Zuschauer haben sich die Atzinger dank der Hilfe der Familie Fischer mit Festzeichen eingedeckt. Erstmals vorgestellt wurde das Festzeichen mit Edelweiß-Motiv bei der Festversammlung am Tag nach dem Aufstellen eines Festbaumes, dabei gab es große Anerkennung für die schön umgesetzte Idee des Hirschhornknopfes, der nach dem Gaufest mittels zwei dünner Löcher angenäht und weiter verwendet werden kann – ganz im Sinne von Gerhard Fischer, den von Anfang an die Idee motivierte, ein Festzeichen mit nachhaltigem Nutzen zu erstellen. Für den Festverein dürfte es somit leicht sein, die Gaufest-Besucher um den Kauf eines Festzeichens zu bitten, vielmehr dürfte es sich ergeben, dass Trachtler, Einheimische und Gäste ganz gezielt nach dem Hirschhornknopf aus Atzing nachfragen.

Für Interessierte, die bereits jetzt ein Atzinger Gaufestzeichen erwerben und somit die Anstrengungen und Ziele des Gaufest-Gastgebers „Daxenwinkler“ Atzing unterstützen wollen, kann das Festzeichen ab sofort zum Preis von zwei Euro  erworben werden. Verkaufsstellen sind in Prien die VR Bank und die Sparkasse, das Tourismusamt im Haus des Gastes, die Marienapotheke, der Servus-Laden, Sabines Spielwaren, das Modegeschäft von Sabine Westermeyr, das Trachtengeschäft von Resi Bartl, Alfred Angerer am Reitbach und das Trachtengeschäft Dollinger sowie in Prien-Bachham die Bäckerei Deinhart und in Prien-Prutdorf das Lebensmittelgeschäft Irob. Auch beim Tourismusverband Chiemsee-Alpenland in Bernau-Felden sind Festzeichen und Festschrift zum Atzinger Gaufest ab sofort erhältlich. Teile der Einnahmen zweigen die Atzinger Trachtler aufgrund der ehrenamtlichen Herstellung durch die Familie und Firma Fischer Formtechnik an den Chiemgau-Alpenverband sowie an die Aktion BR-Sternstunden ab.

Fotos: Hötzelsperger – 1. Eindrücke von der Festzeichenherstellung in Atzing   2. Trachtler-Familie Angie, Gerhard und Julian Fischer

 

 

 

 

 

 


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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