Leitartikel

Herrenchiemsee auf dem Weg zum Weltkulturerbe 

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Prien/Chiemsee/Bayern (hö) – „Sind die bayerischen Königsschlösser von König Ludwig II. Stätten von außergewöhnlichem, universellem Wert für die gesamte Menschheit?“ – Diese Frage stellt sich seit gut 20 Jahren in Prien und am Chiemsee. Überzeugt von einer positiven Antwort der Frage waren von Anfang an der damalige Priener Bürgermeister Lorenz Kollmannsberger und der Verein „Freunde von Herrenchiemsee“. Dessen langjähriger Vorsitzender Dr. Friedrich von Daumiller lud zur weiteren Entscheidungsfindung zum Thema „Herrenchiemsee und Weltkulturerbe“ den Oberkonservator der Bayerischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen Dr.-Ing. Alexander Wiesneth zu einem viel beachteten Vortrag in den Chiemseesaal im Haus des Gastes nach Prien ein.

Dr.-Ing. Wiesneuth hat bereits Erfahrungen mit der erfolgreichen Antragsführung für das UNESCO-Welterbe Markgräfliches Opernhaus Bayreuth gesammelt, doch er hat auch erfahren, wie umfassend, mit wieviel Geduldsamkeit und mit welch nachhaltigem Erfolg eine Beantragung verbunden ist. Aktuell gibt es weltweit über eintausend Natur- und Kulturdenkmäler, die in der Liste der UNO-Unterorganisation geführt werden, in Deutschland sind es derzeit 51 Objekte und für Deutschland kann pro Jahr maximal ein Antrag eingereicht werden. Der Antrag ist – so der Gastreferent – bereits zusammengestellt, er wird noch in diesem Jahr abgeschlossen und soll alsdann dem zuständigen Gremium der UNESCO vorgelegt werden. Bei der Begründung, wieso gerade die bayerischen Königsschlösser Neuschwanstein, Linderhof, Schachen und Herrenchiemsee eine gemeinsame Chance haben werden, sagte Dr.-Ing. Wiesneth: „Einmal geht es um die Inszenierung von König Ludwig II. bei dessen Suche nach der perfekten Illusion. Ihm waren irdische Paradiese und die Umsetzung von handwerklichen Techniken, besonders aus der Theater-Architektur so wichtig, dass er seine Bauwerke nicht aus einem Plan-Guss, sondern nur nach mehreren Schritten und mit vielen individuellen Wünschen errichten ließ“. In diesem Zusammenhang wurden die Priener und ihre Gäste darüber informiert, dass König Ludwig II. für sein Schloss nach Inspirationen aus dem französischen Versailles auf der Herreninsel rund um sein Schloss eine Eisenbahnlinie in seiner Vision hatte, dazu der Oberkonservator: „Dabei war es ihm nicht wichtig, eine Bahnlinie für die Öffentlichkeit oder mit Seeblick zu haben, denn entgegen sonstiger Schloss- und Burgbauten war es dem Märchenkönig wichtig, alleine seine Bauwerke genießen zu dürfen“.

Was kann eine Weltkulturerbe-Prädikatisierung bringen?

Für die Bayerische Schlösserverwaltung, die für 45 hochwertige und historisch bedeutende Liegenschaften der bayerischen Schlösserverwaltung Verantwortung trägt, heißt eine erfolgreiche Bewerbung mehrfache Verbesserungen, unter anderem in der Qualitäts-Garantie und in der Besucherlenkung. Gerade in diesem Zusammenhang wurde auf das aktuelle Ratsbegehren der Gemeinde Schwangau hingewiesen, das dessen Gemeinderat zum UNESCO-Weltkulturerbe Schloss Neuschwanstein gestartet hat. Hierzu meldete sich bei der freien Aussprache der Landtagsabgeordnete Klaus Stöttner, zugleich als Präsident des Tourismusverbandes Oberbayern-München mit den Worten: „Hier sind wir dabei, die Gemeinde mit ihren berechtigten Sorgen zu unterstützen, es gibt auch Gespräche in der Staatskanzlei, denn wir haben in Schwangau eine andere Verkehrsanbindung und Ortssituation als in Prien und am Chiemsee“. Dr.-Ing. Alexander Wiesneth ergänzte hierzu aus seinen Bayreuth-Erfahrungen: „Nach der dortigen Prädikatisierung war das Besucher-Aufkommen ein Jahr höher, alsdann war es wieder eingependelt. Besuchslenkungsverbesserungen sind eher zu erwarten mit einer UNESCO-Nominierung als ohne sie“.

Priener und Chiemsee stehen voll hinter dem Weltkulturerbeantrag

Nicht nur der voll besetzte Chiemseesaal und das leidenschaftliche Plädoyer des Ehrenvorsitzenden vom fast 500 Mitglieder zählenden Verein der Freunde von Herrenchiemsee, sondern auch die große Anzahl der Ehrengäste war beeindruckend, zu ihnen gehörten Vertreter des Landtags, der Landkreise Rosenheim und Traunstein, Priener und Chiemsee-Bürgermeister, die Gewerbetreibenden Gemeinschaft PrienPartner, die Chiemsee-Schifffahrts-Familie Feßler, Dr. Peter Mayer vom Verband der Deutschen Ingenieure, die vormalige Rosenheimer Amtsgerichtsdirektorin Helga Gold, der vormalige Vize-Präsident der Deutschen Bundesbank Prof. Dr. Franz-Christoph Zeitler, Ministerialdirigent a.D.  Dr. h.c. Helmut Wittmann vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus sowie Konstantin Buchner als aktueller Verwalter der Schlösserverwaltung Herrenchiemsee und dessen Vorgänger Josef Austermayer, der den bisher langen Weg der Antragsstellung aktiv mitging.

König Ludwig II, 1878

Abschließend und damit passend zu den ganz besonderen, ja eigenwilligen Bauwerksentscheidungen von Ludwig II. zu seinen Königsschlössern schloss Dr.-Ing. Alexander Wiesneth mit folgendem Zitat des Monarchen im Jahr 1878:

„Ich halte dafür, dass das Glück der Völker nicht in der Menge ihrer Eisenbahnen liegt. Auch nicht die Zukunft Bayerns und Tirols. Man soll mir die idyllische und die romantische Natur, deren malerische Schönheit im Winter noch ungleich größer ist als im Sommer, nicht durch Eisenbahnen und Fabriken stören. Auch für zahlreiche andere Menschen, als einer ich bin, wird die Zeit kommen, in der sie sich nach einem Lande sehnen und zu einem Fleck Erde flüchten, wo die moderne Kultur, Technik, Habgier und Hetze noch eine friedliche Stätte weit vom Lärm, Gewühl, Rauch und Staub der Städte übrig gelassen hat.“

Fotos: Hötzelsperger – 1. Dr. von Daumiller bei seiner Begrüßung – 2. Dr. Wiesneth bei seinem Vortrag in Prien – 3. MdL Klaus Stöttner, Dr. von Daumiller und Dr. Wiesneth 4. Priener Runde von links: Dr. von Daumiller, Gf Andrea Hübner (PrienMarketing GmbH), Dr.-Ing. Alexander Wiesneth, 1. Bürgermeister Andreas Friedrich, 2. Bürgermeister Michael Anner junior und Kulturreferentin Karina Dingler. 5. Schloss Herrenchiemsee   und weitere

  1. Karte mit den Kennzeichnungen der vier Schlösser -© Bayerische Schlösserverwaltung www.schloesser.bayern.de

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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