“Vom Barock zum Biedermeier” – so lautet derzeit eine Ausstellung im Priener Heimatmuseum. Dabei werden Werke vergessener Künstler aus dem Chiemgau gezeigt.
Zu diesen gehören Jacob Carnutsch, die Tiefenbrunner und die Malerfamilie Furtner.
Das Heimatmuseum Prien nahe der Pfarrkirche “Mariä Himmelfahrt” hat täglich -außer Montag – von 13 Uhr bis 17 Uhr geöffnet.
Ausstellungs-Informationen:
Jacob Carnutsch
(um 1650 Meran? – um den 4. April 1716 Prien)
Jacob Carnutsch zählt zu den bedeutendsten Barockmalern des süddeutschen Raumes.
Peter von Bomhard nimmt an, dass er in Meran um 1650 geboren wurde. Der Weg seiner Ausbildung liegt völlig im Dunklen. 1678/ 79 ist er erstmal im Chiemgau bei der –nicht erhaltenen- Ausmalung des Chores der Domstiftskirche Herrenchiemsee nachweisbar, die er zusammen mit seinem „Compagnon“ Joseph Eder (um 1645/ 50 Innsbruck – 2.3.1712 Neubeuern) schuf. 1681 erfolgte als weiterer „prominenter Auftrag“ die Ausmalung der Schlosskapelle Hohenaschau, die Ausmalung des Nonnenchores des Dominikanerinnenklosters Altenhohenau (1684/85), sowie in den Jahren 1686 bis 1687 die Dekoration der sog. „Lauberstube“ auf Hohenaschau. Bedauerlicherweise ist derzeit nicht nachvollziehbar, über welchen Weg die beiden Künstler überhaupt an diese prominenten Aufträge gelangten.
Im Jahr 1685 erwarb Carnutsch das „Herrensattler-Anwesen“ (Heute: Weißgerberweg 7) in Prien und richtete dort auch, zusammen mit Eder, seine Werkstatt ein.
Die Zusammenarbeit mit Eder endete (wohl?) 1689, als Eder nach Neubeuern ging. Carnutsch bewältigte im Anschluss daran Arbeiten im Schloss Wildenwart (Ausmalung Festsaal und Kapelle 1690) sowie die –weitgehend nicht erhaltenen) Deckenbilder der Kirchen von Niederaschau (1702) und Grassau (1707). Daneben schuf er zahlreiche Altargemälde (Frasdorf 1683, Sachrang 1688/89, Grassau um 1695, Antwort um 1695).
Einzigartig ist die „Totenkapelle“ in Grassau deren vollständig erhaltene Ausstattung wohl alleine von Carnutsch stammt.
Es ist bezeugt, das Carnutsch und Eder auch für weiter Klöster wie, Seeon, Rott und Attel arbeiteten.
Ein zeitgenössischer Eintrag in den Kirchenrechnungen von Vogtareuth bezeichnet ihn als
„in der Mallerkhunsst sehr berimbt und (hat) an vorstandtne Ohrt vill schöne Mallerey verförttigt“.
Bedauerlicherweise ist die Auseinandersetzung mit dem Werk der beiden Künstler nach Bomhard (Kunstdenkmäler Landkreis Rosenheim, Band 2, 1955) nicht wesentlich weitergekommen. Einzig der „Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland, Landkreis Rosenheim, Band 12/I und 12/II, München 2006“ beschäftigen sich ausgiebig mit den beiden Künstlern.
Gerade die „Händescheidung“ in den Arbeiten beider Künstler liegt im Argen, da beide sehr eng miteinander gearbeitet haben, sich in ihrem Malstil anpassten und auch durch die –übliche- Nutzung von Vorlagen in der Druckgraphik sich auch in ihren Kompositionen sehr nahe waren.
Als Belegexemplar für den Stil von Carnutsch muss alleine das von ihm signierte Doppelporträt der Frauenchiemseer Äbtissinnen Scholastika Teresa von Perfahl und Maria Euphrosina von Ettenau gelten, das um 1700 entstand und dem als weitere Arbeit das Äbtissinnenporträt der Maria Abundantia Theresia von Griming nachfolgt (nach 1702).
Auf Grund dieser beiden Bilder lassen sich weitere Werke als eigenhändige Arbeiten Carnutschs erschließen.
Sehen wir die Arbeiten der beiden Künstler einmal durch –viele religiöse Bilder sind noch nicht erfasst- so lässt sich feststellen –anders als bisher angenommen-, dass Carnutsch wohl der Begabtere war und sich in seinem Stil der italienischen Barockmalerei näherte, während Eder eher dem kleinteiligen Stil der Tiroler Barockkunst anhing. Letzteres ist auch in den (schlecht erhaltenen) Deckenbilder von 1695/96 in der Stiftskirche von Herrenchiemsee, die Eder zum größten Teil alleine schuf, zu sehen.
„Carnutsch und Eder haben über 30 Jahre den Chiemgau künstlerisch beherrscht“ (Peter von Bomhard, aus: Prien am Chiemsee –Ein Heimatbuch, Prien, 1958).
Jacob Carnutsch
1 Hl. Sieben Zufluchten
Bozetto zu einem Altarbild
Öl auf Leinwand um 1690
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
2 Epitaph (Stifterbild) der Aschauer Wirtsfamilie Thomas Mayr
Öl auf Kupfer um 1700
Kath. Pfarrkirchenstiftung Aschau im Chiemgau
3 Porträt des Grassauer Pfarrers Mattias Winkler
Öl auf Leinwand um 1700
Kath. Pfarrkirchenstiftung Grassau
Die Malerfamilie Tiefenbrunner
Joseph Tiefenbrunner
(6.3.1709 Prien – 27.4.1787 Prien)
Franz Xaver Tiefenbrunner d. J.
(30.11.1736 Prien – 1777/79 Prien)
Die Malerwerkstatt der Tiefenbrunner, die in Trautersdorf bei
Prien über 100 Jahre bestand, geht auf den Maler Hanns Schmidt zurück, der 1661 das heutige „Schuster-Anwesen“ (heute: „Kastler“, Trautersdorf 1) erwarb. Seine Tochter Maria heiratete 1705, nach dem Tod des Vaters, Franz Xaver Tiefenbrunner d.Ä. womit der Name Tiefenbrunner auf das Haus kam. Beide, Schmidt und Franz Xaver d. Ä. waren vor allem als Fassmaler und Vergolder tätig. Künstlerische Bedeutung erlangten sie nie.
Erst der 1709 geborene Joseph Tiefenbrunner erlangte einige Bedeutung als Künstler und Kirchenmaler. Über seine Ausbildung ist wenig bekannt. Er lernte wohl bei seinem Vater, dürfte aber auch anderweitig seine künstlerische Ausbildung erhalten haben.
Ab 1737 ist er in den Chiemgauer Kirchenrechnungen zu finden. Seine erst bedeutendere Arbeit sind die drei Deckenbilder in der Kirche Mariä Himmelfahrt in Hirnsberg von 1743. Die Ausmalung der Kirche von Greimharting aus dem Jahr 1758 fiel im 19. Jahrhundert dem Übereifer eines Priener Geistlichen zum Opfer. Dagegen weitgehend im Original erhalten hat sich die Ausmalung der Kreuzkapelle in Niederaschau, die insbesondere auch durch ihre leuchtende Farbigkeit besticht.
In jüngster Zeit konnte Joseph Tiefenbrunner auch die –insbesondere topographisch bedeutende- Wandmalerei im Augustiner-Chorherrenstift Herrenchiemsee mit der Ansicht des Klosters zugewiesen werden.
Seine erhaltenen Tafelbilder zeugen von einer durchaus perfekten Beherrschung der Malkunst.
Joseph Tiefenbrunner und seine Familie erlebten den wirtschaftlichen Niedergang im Kunstbetrieb des späten 18. Jahrhunderts der in Folge ein Leben in großer Armut bewirkte. 1771 musste das Anwesen verkauft werden.
Sein Sohn Franz Xaver Tiefenbrunner d. J., geboren 1736, der noch vor seinem Vater verstarb, konnte dessen Bedeutung nicht erlangen. Er ist heute vor allem durch seine –wenigen- erhaltenen sog. „Lüftlmalereien“ bekannt.
Dennoch schuf auch er Deckengemälde in Kirchen, so 1764 in St. Florian, 1765 in St. Salvator. Beide Arbeiten sind weitgehend zerstört. Einzig die Ausmalung der Kirche von Thalkirchen bei Hirnsberg mit Darstellungen aus dem Leben des Hl. Andreas zeugt von seinem Können.
„Sie waren keine anspruchsvollen Künstler, sondern naiv-fröhliche Dekorateure, weit eher das, was man früher mit einem etwas geringschätzigen Ausdruck als „Bauernmaler“ zu bezeichnen pflegte. Gerade diese volkskunsthaften Züge verleihen ihren Werken aber vielfach einen eigenen Reiz, zu dem die unfehlbare Wirkung der Dekorationskunst des Rokoko das Ihre beiträgt.“ (Peter von Bomhard, aus: Prien am Chiemsee –Ein Heimatbuch, Prien, 1958).
Joseph Tiefenbrunner d. Ä.
4/5 Jesus und Maria
Öl auf Leinwand um 1740
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
6 Anbetung der Hl. Drei Könige
Öl auf Leinwand um 1750
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
7 Votivtafel St. Salvator bei Prien
Öl auf Holz 1783
Privatbesitz
8 Votivtafel Annakapelle Griebling
Wolfgang Rothmayr
Öl auf Holz 1780
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
Franz Xaver Tiefenbrunner d.J.
9/10 Mater Amabilis
Jesus Amabilis
Öl auf Leinwand um 1770
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
11 Gnadenstuhl
Fresko vom Neidl-Hof in Prien- Osternach
um 1770
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
12 Fensterumrahmung
Fresko vom Neidl-Hof in Prien- Osternach
um 1770
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
Die Malerfamilie Furtner
Benedikt Furtner d. Ä.
(9.6.1764 Frauenchiemsee – 24.7.1858 Prien)
Benedikt Furtner d. J.
(23.2.1825 Prien –1.5.1885Prien)
Die Kunstsammlung der Marktgemeinde Prien bewahrt den privaten künstlerischen Nachlass der Künstlerfamilie Furtner, die seit 1819 durch Einheirat in in Prien (heute: Bernauer-
straße 8) ansässig war.
Der erste Priener Vertreter dieser Malerfamilie war Benedikt Furtner d. Ä., Sohn des Frauenchiemseer Malers Franz Sales Furtner (1740-1806) und Enkel, des ursprünglich aus Tuntenhausen stammenden, Balthasar Furtner (um 1710-1764), dem bedeutendsten Künstler dieser Familie, der seit 1752 auf der Insel ansässig war.
Wie sich erst bei der Sichtung des Nachlasses ergab, war auch dessen Sohn, Benedikt Furtner d. J., künstlerisch tätig (Peter von Bomhard ging 1958 nur von einer Künstlerpersönlichkeit aus). Auf der Reproduktion einer Bildnisfotografie wird er als „Maler der Akademie“ bezeichnet. Ein entsprechender Eintrag konnte jüngst gefunden werden. So ist er am 23.4.1841 im Alter von 16 Jahren unter der Matrikelnummer 3190 im Fach Malerei an der Münchner Akademie aufgenommen worden. Als Beruf seines Vaters gibt er „Maler“ an. Wie lange und bei wem erdort studierte ist nicht bekannt.
Anlässlich der Ausstellung konnten die beiden Werkkomplexe auseinanderdividiert werden. So sind von dem älteren Furtner nur zwei Selbstporträts sowie ein Porträt seiner Gattin vorhanden, dazu einige Zeichnungen, von seinem Sohn zwei Ansichten von Prien, ein Porträt seiner Gattin sowie einige religiöse Arbeiten, die jedoch in künstlerischer Hinsicht stark divergieren.
Größere Bedeutung konnten beide Künstler im Gegensatz zu ihren Vorfahren nicht erreichen.
Ist Benedikt Furtner d. Ä. wohl vermehrt als Fassmaler und Vergolder greifbar, nebenher betrieb er auch einen Kramerladen, so scheint sein Sohn auch Bilder für die Kirche geschaffen zu haben, wie die „Verkündigung Mariä“ im Nazarenerstil aus der Pfarrkirche Prien nahelegt.
Natürlich sind Arbeiten dieser Art bisher kaum von der Kunstgeschichte erfasst. Die Landschaften des Letzteren zeigen ihn „als typischen Meister der der Biedermeierzeit“
(Peter von Bomhard, aus: Prien am Chiemsee –Ein Heimatbuch, Prien, 1958).
Benedikt Furtner d. Ä.
13 Selbstporträt
Öl auf Papier um 1795
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
14 Porträt von Benedikt Furtner im Alter von 40 Jahren
Öl auf Leinwand
sign. Hickl 1814
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
15 Selbstporträt
Bleistiftzeichnung um 1730
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
16/17 Selbstporträt und Porträt der Gattin
Anna Maria Lobendank (1788-1834)
Öl auf Leinwand um 1830
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
18 Bacchus und Hund
Farbig lavierte Federzeichnung um 1790
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
19 Sokrates
Lavierte Federzeichnung um 1790
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
20 Merkur
Aquarell um 1790
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
Benedikt Furtner d. J.
21 Porträt der Gattin des Künstlers
Anna Maria Estermann (1828-1859)
Öl auf Leinwand 1850
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
Faksimile/ Das Original findet sich im Trachtenzimmer
22/23 Altarpyramiden Jesus und Maria
Öl auf Leinwand um 1850
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
24 Muttergottes
Öl auf Leinwand 1843
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
25 Letztes Abendmahl
Öl auf Leinwand 1849
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
26 Aloisius von Gonzaga
Öl auf Leinwand 1840
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum
27 Blick auf Prien
Öl auf Karton 1841
Kunstsammlung Markt Prien/ heimatMuseum