Kirche

Heimat – Brauchtum – Glaube: Gespräch mit Pfarrer Josef Fegg vom Pfarrverband Rottenbuch

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Grüß Gott, Herr Pfarrer Josef Fegg,

mit großem Dank haben wir Ihre Zusage zu einem Gespräch und Gedankenaustausch erfahren und wollen gerne mit Ihnen über Heimat, Brauchtum und Glaube sprechen.

Herr Pfarrer, der Pfarrverband Rottenbuch und der Pfaffenwinkel sind seit zwei Jahren ihre dienstliche Heimat. Können Sie uns diesen Wirkungskreis etwas näher schildern?

  • Für mich ist der Pfaffenwinkel ein „Gesamtkunstwerk“, wie ich oft sage. Hier gehen das Wirken des Schöpfers im Himmel und das menschliche Werk Hand in Hand. Gottes Beitrag ist die wunderbare Landschaft und darin eingebettet die von Menschen Hand errichteten Kirchen und Klöster, die dem Pfaffenwinkel den Namen geben. Ein schönes Bild: Der Mensch arbeitet nicht gegen Gottes Schöpfung sondern führt die Schöpfung gelungen fort.

Ihre ursprüngliche Heimat ist der Rupertiwinkel. Von wo dort kommen Sie da genau her und wie würden Sie im Vergleich zum Pfaffenwinkel den Rupertiwinkel beschreiben?

  • Ich komme aus Wimmern, einem idyllischem, kleinen Bauerndorf nahe Teisendorf. In der Mitte des Dorfes erhebt sich die Kirche, davor eine große, alte Linde, die für uns als Kinder oft Spielstätte war. Was die Landschaft angeht, habe ich mich im Pfaffenwinkel schnell heimisch gefühlt, es ist wie im Rupertiwinkel. Allerdings vermisse ich hier im Pfaffenwinkel oft die schönen Traditionen und Bräuche während des Jahres, die im Rupertiwinkel einen sehr hohen Stellenwert haben und das Leben sehr bereichern. Spontan denke ich an den besonderen Stellenwert des Kirchweihfestes mit der „Kirtahutschn“, das „Klopfasinga“ oder „Kletzengeh“ im Advent, Aperschnalzen im Winter und das „Oarscheim“ am Ostermontag und vieles mehr.

Im Jahreslauf haben Sie viele Berührungspunkte mit den Vereinen und Menschen, die sich um die Brauchtumspflege sorgen. Was verbindet Sie mit diesen Leuten?

  • Die Liebe zur Heimat. Der christliche Glaube soll nicht nur weiterhin unsere Heimat prägen, der Glaube soll für die Menschen Heimat sein oder werden. Hier leisten die vielen Vereine einen unverzichtbaren Beitrag und hier wollen wir die Vereine als Kirche einerseits unterstützen und fördern, aber wir können auch viel von unseren Vereinen lernen und erfahren. Die Kirche muss sich mehr auf die Menschen zubewegen, da sind die Vereine eine willkommene und gute Anlaufstelle, um die Menschen zu erreichen.

Welche Veranstaltungen und Ereignisse bedingen unbedingt einander eines harmonischen Zusammenwirkens von Kirche und Trachtenvereinen?

  • Abgesehen von den großen und schönen Festen des Jahres, wie Gaufeste, Vereinsjahrtage, Prozessionen und Wallfahrten, halte ich es für unverzichtbar, das ganze Jahr über, Tag für Tag dieses harmonische Zusammenwirken zu suchen. Wir stehen alle zusammen in der Verantwortung, nicht nur die hohen, herausgehobenen Festtage miteinander zu begehen, sondern auch in den Herausforderungen des Alltags Seite an Seite zu stehen und gemeinsam unsere christlichen Werte zu erkennen, hochzuhalten und zu pflegen.

Gemütlich und bodenständig – kann das bayerische Zusammenleben ob der vielen Herausforderungen in unserer schnell-lebigen Zeit noch so beschrieben werden?

  • Ja, aber… würde ich sagen. Gott sei Dank haben wir noch diese besonders gemütliche und bodenständige Art. Sie ist aber keine Selbstverständlichkeit, kein „Selbstläufer“. Gerade in unseren Trachtenvereinen aber auch in der Kirche merken wir, wie viel Arbeit und Einsatz von vielen Menschen oft drinstecken, um diese besondere Lebensart in Bayern weiter am Leben zu erhalten.

Welche Gefahren bedrohen nach Ihrer Ansicht das Funktionieren von Ehrenämtern in Vereinen und Kirche?

  • Da muss ich nicht lange überlegen! Die Fülle an Vorschriften, Paragraphen und Regeln behindern und blockieren immer mehr das Funktionieren von Ehrenämtern. Neben dem hohen zeitlichen Aufwand, das dem Ehrenamt abverlangt wird, ist auch die Verantwortung oft unerträglich hoch. Problematisch ist auch, dass es immer weniger Menschen werden, die sich in dem Maße für die Allgemeinheit engagieren können oder wollen. Somit bleiben viele Aufgaben, Funktionen und Ämter denen belassen, die ohnehin schon sehr viel für das Gemeinwohl leisten. Da wäre es schön, wenn man die Belastung auf mehr Schultern verteilen könnte.

Sind Sie Leser des Heimat- und Trachtenboten und wenn ja, wie beurteilen Sie diesen?

  • Neben einer katholischen Wochenzeitung ist der Heimat- und Trachtenbote die einzige Zeitung, die ich regelmäßig bekomme und lese. Seit einigen Jahren verzichte ich darauf, Zeitung zu lesen. Zu oft musste ich mich über Berichterstattungen ärgern oder quälten mich die viele schlimmen und schlechten Nachrichten. Ich habe beschlossen zu lesen, was mir gut tut. Und da gehört eben auch der Heimat- und Trachtenbote dazu. Es macht immer wieder Freude zu sehen und zu lesen, wie begeistert und engagiert die vielen Trachtler aller Regionen und Generationen bei der Sache sind.

In Ihrem Pfarrverband gibt es eine bedeutende, aber sanierungsbedürftige Marien-Grotte, was können Sie uns hierzu wissen lassen?

  • Die Lourdes-Grotte in Wildsteig aus dem Jahre 1908 ist ein ganz besonderes und einzigartiges Kunst- und Kulturdenkmal im süddeutschen Raum. Die Grottenanlage liegt direkt am Jakobsweg und ist eine besonders wertvolle „Perle“, nicht nur für den Ort Wildsteig, sondern sicherlich für den ganzen Landkreis und in der Erzdiözese München und Freising. Sie gilt als eine der ersten, größten und gelungensten Grottenanlagen dieser Art. Mir persönlich ist es ein großes Anliegen, den Wert und die besondere Bedeutung dieses Ortes für den christlichen Glauben und unsere Kultur zu erhalten und zu fördern. Da jedoch diese Grotte mittlerweile vom Einsturz gefährdet ist, sind sehr aufwändige und kostspielige Sanierungsmaßnahmen notwendig. Die Kostenschätzung in Höhe von 600.000 Euro sprengt den Finanzierungsrahmen der Gemeinde Wildsteig jedoch bei Weitem. Deshalb nehmen wir auch gerne Spenden entgegen, um unser christlich geprägtes kulturelles Erbe, inmitten der atemberaubend schönen Landschaft den kommenden Generationen weitergeben und erhalten zu können.

Was erwarten Sie zukünftig von einzelnen Trachtlern und von den Trachtenvereinen in Bezug zu Glauben und Kirche?

  • In der Satzung, die wir Trachtler uns gegeben haben, heißt es so schön und treffend: „Wir Trachtler verfolgen unsere Ziele nicht mit einem verklärten Blick auf die vermeintlich „gute, alte Zeit“. Ganz allgemein geht es uns um die Weitergabe der auf dem christlichen Glauben beruhenden Werte unserer bayerischen Lebensart und den Erhalt der Eigenheit und der Schönheit unserer bayerischen Heimat. Dabei wollen wir uns nicht den sinnvollen Neuerungen unserer Zeit verschließen.“
    Daher halte ich es für unverzichtbar, dass sich die Trachtler – und da zähle ich mich selbst dazu – vielleicht noch mehr als bisher ihrer christlichen Grundlagen vergewissern. Wenn es bei Trachtenfesten vorkommt, dass der Biergarten dem Gottesdienst vorgezogen wird, dann schmerzt mich das besonders, da gerade wir Trachtler besonders für Charakterstärke und Standfestigkeit einstehen. Denn losgelöst von unseren christlichen Grundwerten und Überzeugungen wird auch unsere schöne stolze Tracht und unsere Lebensart ihre Seele verlieren, das heißt ein oberflächliches Schauspiel und Spektakel für den Tourismus. Das haben wir nicht nötig. Ich denke, wir alle brauchen einander. Darum allen ein großes und herzliches Vergelts Gott für ihre Treue und Standfestigkeit im Glauben!

Selbst tragen Sie auch die Tracht, zu welchen Anlässen und mit welcher Empfindung geschieht dies?

  • Ich trage die Tracht zu allen möglichen Anlässen, denn in Tracht ist man immer gut, richtig und ordentlich angezogen. Besonders gern seh ich die Trachten beim Kirchgang, weil dann ist beieinander, was zusammen gehört: Glaube und Tracht. Dann bilden Inneres und Äußeres eine Einheit. Manchmal trage ich die Tracht auch ohne speziellen Anlass, das heißt daheim oder einfach mal so, wenn kein Fest- oder Feiertag ist. Viele Menschen finden das sehr positiv aber in seltenen Fällen hab ich auch schön gehört, dass Leute sagen, „Des ghert se ned: A Pfarrer in Lederhosen“. Das war für mich Anlass, eine klare Botschaft zu geben und bin den örtlichen Trachtenvereinen als Mitglied beigetreten. Denn ich zeige gern, wofür ich einstehe: Mit der Tracht zeige ich, dass ich für unsere Heimat, unsere Traditionen, Brauchtum und  Werte einstehe. Und da ich auch gerne meinen Glauben zeigen und als Priester erkennbar sein möchte, steckt ein Kreuz auf meinem Hut und auf meine Hosenträger habe ich mir das „Jesus-Monogramm“ – die Buchstaben „I-H-S“ und das Kreuz einsticken lassen.

Für das Gespräch, vielen Dank und auch fortan alles Gute und Gottes Segen.

Interview und Fotos: Hötzelsperger


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

1 Kommentar

  • Heimat, Brauchtum, Tradition und Glaube.
    Auf welchem Weg gehen wir? Ist es ein selbst gewählter Weg aus Tradition und Brauchtum?
    Ein Weg, den viele gehen, ohne zu wissen, wohin er führt, aber den wir ohne Sorge gehen, weil die Mehrheit ihm folgt.
    Jesus Christus erklärt uns, dass es letzten Endes nur zwei Wege gibt. Ist unser Traditionsglauben der schmale Weg, der zum Leben führt, ober ist er der breite, der zum Verderben führt?
    Wer kann diese Fragen beantworten?

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