Kloster Ramsau/Chiemgau – „Dass ich das nach 32 Jahren immer noch mache, hätte ich nie gedacht“, fasst Hans Alt aus Ramsau rückblickend zusammen. Die Aufgabe, in Rumänien einen Teil der ärmeren Bevölkerung mit Lebensmitteln, Kleidung und Haushaltsgegenständen zu versorgen, ist ihm geblieben, auch wenn sich in den letzten drei Jahrzehnten einiges verändert hat. Und: „Ich mache das so lange weiter, wie ich kann“, bekennt der 84-Jährige.
Hans Alt ist in Degerndorf bei Brannenburg geboren. Er hat Zimmerer und Bautechniker gelernt, „obwohl man sich den Beruf damals nicht so einfach aussuchen konnte“. Das war auch Glück, denn die Arbeit mit Holz lag ihm. Die Berge zogen ihn stets an, 1958 arbeitete er sogar im Observatorium auf dem Wendelstein. Dort half er mit, die Sonne zu beobachten. Bewirtschaftet hat er später auch einmal gemeinsam mit seiner Frau Maria die Alpenvereinshütte Mitteralm am Wendelstein. Später unterhielten sie eine Pension in Inzell. Seine Arbeit brachte mehrere Umzüge innerhalb des Chiemgaus mit sich. Seine Frau Maria heiratete er 1960, sie war ihm eine große Hilfe, ist jedoch leider vor sechs Jahren gestorben. Beide zogen die Kinder Christine, Johannes, Maria und Eva groß. Elf Enkel und zwei Urenkel zählen heute zur Familie. Zuletzt verdiente er bis zur Pensionierung sein Geld als Bauträger. Vor gut 20 Jahren ergab sich eine gute Gelegenheit, die frühere Landwirtschaft des Klosters in Ramsau für die Rumänienhilfe zu nutzen, denn dort ist Platz zum Wohnen, und es gibt eine Lagermöglichkeit für die Spenden.
Die Unterstützung für Menschen in Rumänien kam ihm 1989 in den Sinn, als er um Weihnachten herum in den Nachrichten Bilder von der damaligen Revolution sah. Die Volkswirtschaft des armen Landes war nach den Umwälzungen im Ostblock unter der strengen Herrschaft des Staatspräsidenten Nicolae Ceaușescu zusammengebrochen, so dass sogar Grundversorgungsgüter exportiert werden mussten, die dann im eigenen Land fehlten. Nur langsam erholten sich alle von dieser Misswirtschaft. Das sah Hans Alt und dachte sich, „uns geht es so gut, wir sollten etwas von unserem Wohlstand abgeben“. Was er an Spenden kriegen konnte, sammelte er ein und fuhr mit einem Lieferwagen, gemeinsam mit einem Freund los, einfach so ins Blaue, „heute würde ich das anders machen“. Dort angekommen, hielt er an einer Kreuzung und fragte „den ersten, den ich traf“. Der sprach, wie es der Zufall will, deutsch und konnte auch noch weiterhelfen. Kleidung, Verbandszeug und vieles andere ist seitdem verteilt worden. Daraus entstanden Kontakte, die zum Teil bis heute halten und die diese Hilfe auf ein mittlerweile professionelles Niveau gestellt haben. Hilfsgüter waren nicht alles, sogar viele Kinderfreizeiten führten die Helfer durch, „das war eine super schöne Zeit“. Um die Abwanderung aus Dörfern zu stoppen, gelang es sogar, mit einer Initiative eine Brücke über den Somes für eine bessere Verkehrsanbindung bauen zu lassen; das waren große Erfolge. Die Transporte übernimmt heute eine rumänische Spedition. Etwa einmal im Monat ist eine Lkw-Ladung beisammen, zuverlässige Helfer beladen dann das Fahrzeug im Lager Ramsau. Weil das jedoch Geld kostet, derzeit 2500 Euro, verweist Hans Alt auch gerne auf das Spendenkonto.
Da war schon viel Glück dabei, ist sich Hans Alt sicher, vor allem mit seinen Unterstützern. Das beginnt bei den Franziskanerinnen aus Au am Inn, vor allem mit der damaligen Generaloberin, Schwester Annunciata Unterrainer, die ihm das Anwesen, eine frühere Landwirtschaft des Klosters, zur Verfügung stellte. Spendenquittungen stellt daher der Orden aus. Denn Geld werde immer gebraucht. Durch seine Kontakte in den Chiemgau gibt es in vielen Gemeinden Menschen, die für ihn sammeln. Genauer genommen ist in diesem Fall die universelle Währung der mit Hilfsgütern gefüllte Bananenkarton. Der ist stabil und hat das ideale Maß zum Stapeln. In so einen sollte alles hinein. Hans Alt fährt seine Sammelstellen ab und stapelt alles im Lager. Daher rührt auch der Name „Freundeskreis Rumänienhilfe Inzell-Au-Ramsau“. Öfter mal stellen Menschen auch selbst gefüllte Kartons bei ihm vor die Tür. Keinesfalls, erklärt er, sollten Nahrungsmitteln in die Kisten, auch keine trockenen, „dann sind gleich die Mäuse da und nehmen alles auseinander“. Lebensmittelspenden sollten immer persönlich abgegeben werden.
Wie viele Transporte er schon organisiert hat? „Etwa 350“, schätzt er. Was hat sich verändert? Vor allem die Straßen, heute könne man sogar auf der Autobahn bis Hermannstadt durchfahren. Alte Fernseher jedoch brauchen die Rumänen nicht, die haben wie wir die neuesten Geräte“, weiß er, insgesamt hat sich vieles verbessert. Aber es gebe immer noch eine große Zahl Menschen, die in sehr ärmlichen Verhältnissen leben, und die versorge man gemeinsam mit Helfern vor Ort. Er komme mit Deutsch und etwas Rumänisch gut zurecht, und das Land gefalle ihm sehr gut, besonders Siebenbürgen, wenn auch die Wälder, leider von österreichischen Firmen, geplündert würden. Es sei traurig, diesen Raubbau und Kahlschlag anzuschauen.
Sein Engagement blieb nicht unbeobachtet, im September 2001 erhielt er das Bundesverdienstkreuz, zudem ist er in Rumänien Ehrenbürger der Stadt Sebes und der Kommune Galgau.
Gerne sitzt Hans Alt heute auf der Hausbank, genießt die Sonnenstrahlen, kümmert sich um die beiden Katzen und versucht, sich mit dem Älterwerden zu arrangieren. Für ihn, der früher bei der Bergwacht war, sind die Einschränkungen beim Gehen schon deutlich. Froh ist er aber darüber, „mit wenig auskommen zu können“. Noch immer ist er interessiert an weltpolitischen Entwicklungen, insbesondere in Osteuropa. Nein, in der Ukraine werde er sich nicht engagieren, es gebe bereits Helfer in Rumänien, die das mit den von ihm gelieferten Sach -und Geldspenden erledigen. Er selbst bleibe bei Rumänien, „ich mach nur das und dafür richtig“.
Bericht und Fotos: Karlheinz Günster
Spendenkonto IBAN: DE 74 7016 9388 0000 4271 95, Raiffeisenbank Haag, Kennwort „Rumänienhilfe“
Steckbrief
Name: Hans Alt
Beruf: Zimmerer und Bautechniker, jetzt Rentner
Geboren: 11.7.1938
Familienstand: verwitwet
Wohnort: Ramsau, Gemeinde Reichertsheim
Kurz und bündig:
Was gibt Ihrem Leben Sinn? Der auferstandene Christus.
Was können Sie nicht ausstehen? Tratsch und Dampfplauderer!
Was würden Sie gerne einmal tun? Ich bin zufrieden.
Wann sind Sie an Ihre Grenzen gestoßen? Manchmal, dann ist es halt so, ich nehm’s an.
Worauf sind Sie stolz? Auf meine Familie.
Fotos: Günster / Privat – u.a. Eine Initiative führte zum Bau einer Brücke über den Someș bei Fodora.
