Kultur

Großprojekte im Haus der Bayerischen Geschichte

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Bayernausstellung 2024 im Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg  – „Ois anders: Großprojekte in Bayern 1945-2020“  -Aspekte aus Oberbayern und München

Vom Main-Donau-Kanal zur Isental-Autobahn, vom Nationalpark Bayerischer Wald zum Atomkraftwerk Gundremmingen: Der Freistaat Bayern erlebt in den vergangenen Jahrzehnten eine umfassende Modernisierung und ändert sein Gesicht. Die Bayernausstellung „Ois anders“ im Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg spürt bis 22. Dezember 2024 bayerischen Großprojekten nach und beschreibt den Wandel des Landes von 1945 bis heute. Die Ausstellung ist selbst als Baustelle inszeniert und präsentiert sich mit einer 50 Meter umspannenden Projektionsfläche und vielen digitalen Angeboten als interaktives Erlebnis.

Aspekte aus München und Oberbayern:

Flughafen im Erdinger Moos und die Stadt München  –  Die Entwicklung der Region rund um die Landeshauptstadt München wird in der Abteilung „Flughafen München im Erdinger Moos“ verstärkt in den Blick genommen.

Der Flughafen München 2 hat eine fast 30-jährige Entstehungsgeschichte. An der Notwendigkeit eines neuen Großflughafens für München gibt es in den 1960er Jahren kaum Zweifel. Wir werfen in unserer Ausstellung einen Blick auf die langwierige Standortsuche sowie die Proteste im Hofoldinger Forst und im Erdinger Moos, die den Flughafen in ihrer jeweiligen Region verhindern wollten. Wir zeigen Plakate sowie eindrückliche Filmaufnahmen der Protestierenden und erzählen von Käthe Winkelmann, Bayerns erster Bürgermeisterin, die den Protest in der Gemeinde Neufahrn vorantrieb. Ein Ortsschild zeigt nach Franzheim, das Dorf, das dem Flughafenbau komplett weichen musste. Eine Inszenierung mit Spielfiguren lädt dazu ein, Europas damals größte Baustelle und die Entwicklung des Flughafens zum wirtschaftlichen Motor der Region zu erkunden.

Wie der Freistaat Bayern veränderte auch die Landeshauptstadt München seit den 1950er Jahren ihr Gesicht. So entfachen beispielsweise zwei Flugzeugkatastrophen um 1960 eine breite Diskussion um Standorte für einen neuen Flughafen außerhalb der wachsenden Großstadt. Der Flughafen im Erdinger Moos erweist sich heute als wichtiger Standortfaktor für die Metropolregion München. Von den Entwicklungen rund um Olympia 72, den Bau von Fußgängerzone und U-Bahn und dem Wandel zum Zentrum für Finanzen und Medien berichten in der Ausstellung drei Filmepisoden auf einer 50 Meter umspannenden Projektionsfläche.

Von der Isental-Autobahn hinein in die bayerischen Alpen

„Lebensader“ oder „Wahnsinn“? Über die Isental-Autobahn entbrennt ein jahrzehntelanger Konflikt, oft auch vor Gericht. Der Abschnitt der Autobahn 94 gehört zu den umstrittensten Strecken der Republik. In unserer Ausstellung zeigen wir die Geschichte des Autobahn-abschnittes und erläutern die Argumente der Befürworter und Gegner. Neben einer inszenierten Autobahn lädt eine mehrere Meter lange Regalwand die Besucherinnen und Besucher dazu ein, die verschiedenen Meilensteine des Großprojektes „Isental-Autobahn“ zu entdecken und sich über wichtige Schritte bei der Planung von Großprojekten im Allgemeinen zu informieren. Wir präsentieren „Zwangsspenden“ mit denen die Gegner des Projekts ihren Widerstand finanzierten genauso wie eine der Scheren, mit der der Autobahnabschnitt 2019 feierlich eröffnet wurde.

Wohlstand und Motorisierung machen das bayerische (Vor-) Alpenland zum beliebten Reiseziel. Der Ausgleich zwischen Naturschutz und Tourismusförderung wird immer wieder zur Gratwanderung. Ganzjährige, klimafreundliche und nachhaltige Angebote werden seit einigen Jahren vermehrt zum Ziel erklärt. Wir werfen in unserer Ausstellung einen Blick auf die Anfänge des Tourismus im Voralpenland am Beispiel Ruhpoldings, zeigen verschiedene Projekte wie die Seilbahnen auf der Zugspitze oder die in der NS-Zeit initiierte Deutsche Alpenstraße und thematisieren die Entstehung des Alpenplans anhand ausgewählter Beispiele. Die Ausstellungsabteilung selbst findet sich mitten im größten Objekt der Ausstellung wieder, einer ausrangierten Gondel der Tegelbergbahn im Allgäu.

Alles in allem: Aufbau, Umbau, Ausbau, wohin man schaut. Die einen jubeln über den Fortschritt, die anderen klagen über die Naturzerstörung. Vieles ist heute aus unserer Wohlstandsgesellschaft nicht mehr wegzudenken. Am Ende der Bayernausstellung bauen die Besucherinnen und Besucher selbst an einem virtuellen Projekt.

Bericht und Bilder: Haus der Bayerischen Geschichte

Stocknagel mit Abbildung der Deutschen Alpenstraße und des Watzmanns  vmtl. 1960er Jahre

© Haus der Bayerischen Geschichte | Foto: www.altrofoto.de –  Mit der beginnenden Motorisierung in den 1930er Jahren startet ein Jahrhundertprojekt zur Tourismusförderung in den bayerischen Alpen: Auf 450 Kilometern führt die älteste Ferienstraße Deutschlands seit 1960 am nördlichen Alpenrand entlang von Lindau bis zum Königssee. Ein beliebtes Souvenir neben Postkarten oder Wimpeln sind Stocknägel, die neben der Straße selbst auch oft die Sehenswürdigkeiten und Naturschönheiten entlang der Strecke abbilden.

Werbeplakat für das „Antiflughafenfest“ 1979, eine Protestkundgebung im bereits verlassenen Ort Franzheim  – Franz Leutner, 1979 – Gemeindearchiv Oberding © Digitalbild: Haus der Bayerischen Geschichte | Plakat: Franz Leutner

Bis zur Standortentscheidung ist der Protest gegen den Flughafen im Erdinger Moos recht leise. Erst mit der Veröffentlichung eines Lärmgutachtens wird es laut. Das Dorf Franzheim ist Ende der 1970er Schauplatz von Kundgebungen wie dem „Antiflughafenfest“. Die Bewohner des Orts sind zu diesem Zeitpunkt bereits umgesiedelt, ihre Höfe, die Schule und die Kirche verwaist oder abgerissen. Franzheim wich dem Bau der südlichen Startbahn.

Baustelle des neuen Münchner Flughafens im Erdinger Moos mit dem charakteristischen Tower  – Flughafen München, ca. 1990  – © Peter Bock-Schroeder / Flughafen München

Der Bau des neuen Münchner Flughafens beginnt 1980 nach jahrelanger Standortsuche und Planung. Aber bald stehen die Bagger wegen mehrerer Gerichtsverfahren wieder still: Die Arbeiten gehen erst 1985 weiter. Bis zu 140 Baukräne, 6.000 Arbeiter, tausende von Lkws sowie unzählige Tonnen Stahl und Beton prägen das Bild von Europas einst größter Baustelle. Der neue Flughafen nimmt 1992 den Betrieb auf.

Redaktion

Toni Hötzelsperger

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