Wanderung mit Hindernissen ins abgelegene Gebiet zwischen Feichteck und Kranzhorn.
Ich schaue gern mal im Bayerischen Fernsehen Werner Schmidbauers „Gipfeltreffen“ an und letzte Woche war die Folge besonders interessant, denn er wanderte mit dem Rosenheimer Schauspieler Günther Maria Halmer zum legendären „110er“, einem im Jahr 1924 auf einer Bergkuppe nahe der Pasteralm gesetzten Landesgrenzstein zwischen Bayern und Tirol . Für mich war sofort klar: da muss ich hin!
Einen Tag später ruft mich ein Freund an: „hast du morgen Zeit für eine Wanderung?“ – „natürlich, und ich weiß auch schon wohin: zum 110er!°
Zur Vorbereitung der Tour habe ich im Internet zum 110er und zur Pasteralm recherchiert und nur wenig gefunden. Nur ein Rundweg schien mir für mein Vorhaben eine geeignete Grundlage zu sein, ich konnte diesen auch in der Topographischen Karte von Österreich (Austria Map AMAP) nachvollziehen. Ich zeichnete mir meine geplante Tour darin ein und hoffte nun gut genug vorbereitet zu sein, obwohl mir bewußt war, dass es vielleicht ein wenig abenteuerlich wird, denn es hiess die Tour sei ein wenig in Vergessenheit geraten, es seien nur wenig wegweisende Zeichen vorhanden und die Steige seien oft kaum erkennbar.
Auf derartige Probleme weise ich meine Begleiter (es sind noch zwei weitere hinzugekommen) natürlich ausdrücklich hin. Wir fahren über Sachrang und das verwirrende aber aussichtsreiche Straßenlabyrinth um Gränzing und Praschberg zum Erler Berg, parken am Kranzhornparkplatz und gehen zunächst auf dem breiten Wirtschaftsweg Richtung Kranzhorn und nicht wie die Wegweiser vorschlagen nach rechts zur Pastaualm und zum Pasterkopf . Wir kommen an der Hintermoaralm vorbei und bleiben noch auf dem breiten Weg zum Kranzhorn bis wir vor einem Gatter stehen mit dem Schild: „Durchgang verboten, Stierweide“. Ich schaue in die Karte und sehe, dass wir da sowieso nicht durch müssen, denn wir sind schon zu weit Richtung Kranzhorn gegangen. Die Abzweigung bei der Polzhaglalm zur Ottenalm haben wir verpasst, es gibt dort auch keinen Wegweiser.
Wir gehen zurück bis zur Polzhaglalm und biegen ab zur Ottenalm hinauf. Der dortige Zaunüberstieg ist nicht leicht zu finden, aber wir überwinden den Stacheldrahtzaun unbeschadet und steigen den Hang hinauf. Kaum vorhandenen Pfadspuren (teils von Menschen, teils von Kühen) folgend gehen wir bis zu einem auffälligen vertrockneten Baum hinauf. Jetzt müssen wir ein Waldstück durchqueren und hier finde ich gar keine Pfadspuren oder Markierungen mehr. Ich gehe nach meinem Gefühl, zuerst bergab und dann steil bergauf. Meine Begleiter haben bald jede Hoffnung verloren, dass wir noch richtig dran sind. Sie kämpfen sich aber tapfer den steilen Hang hinauf. Jetzt müssen wir noch einmal einen Stacheldrahtzaun überwinden. Wir schaffen es, ohne uns die Kleider zu zerreissen, kommen aus dem Wald heraus und machen eine kurze Pause. Ich zeige auf der digitalen Karte auf meinem Smartphone unseren Standort und daß wir nicht mehr weit entfernt sind von unserem Ziel. Neu motiviert steigen wir weiter bergauf, jetzt über freies Gelände, aber immer noch ziemlich steil. Bald sehen wir rechts mehrere größere Gebäude, das müssen die von der Pastaualm sei. Und dann stehen wir endlich vor dem legendären 110er.
Es ist tatsächlich ein besonderer Ort: ein kleine Kuppe, von der man eine schöne Sicht auf die Gegend ringsherum hat, vom Kranzhorn bis zum Feichteck, hinunter ins Inntal und auf den gegenüberliegenden Hohen Asten und den Wendelstein.
Nachdem Genießen der Aussicht machen wir uns an den Abstieg. Nach einigen Minuten sind wir bei der Pastaualm, um die herum zahlreiche Kühe grasen. Die Alm ist nicht bewirtschaftet, es ist niemand zu sehen, daneben befindet sich ein privater Kaser. Von hier wäre es nicht mehr weit zum Kreuz der Pastaualm, von wo man auch eine Aussicht auf Kufstein und hinein in die Tiroler Alpen hätte, aber meine Begleiter brauchen eine Einkehr und die gibt´s hier heroben leider nicht. Wir machen uns daher sofort auf den direkten Abstieg den Almweg hinunter zum Kranzhornparkplatz. Auf unserer Tour sind wir ab der Polzhaglalm niemanden mehr begegnet, man ist hier wirklich am Ende der Welt.
Dann fahren wir wieder über den Erler Berg zurück nach Sachrang, wo wir einkehren und ich mir von meinen Begleitern natürlich einiges anhören muss. Aber ich bin sicher – beim nächsten Mal sind sie wieder dabei.