Die Gedenkfeier der Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL) fand jetzt auf dem Rosenheimer Friedhof statt. Hannelore Maurer, Gemeindereferentin der Stadtteilkirche Rosenheim-Inn, gestaltete zudem eine Maiandacht in der Klosterkirche St. Sebastian und fand anerkennende Wort für die SL Kreisgruppe Rosenheim und Umgebung. Diese ist die erste, die eine Sudetendeutsche Maiandacht einführte und wie auch im Vorjahr coronabedingt wieder als erster Verein am Vorabend des Kriegsendes (8. Mai 1945) eine Maiandacht gestaltete, leider ohne die wunderschönen Sudetendeutschen Marienlieder.
Seit 1997 findet immer am 8. Mai eine Feierstunde zum Gedenken an das Kriegsende an der Gedenkstätte auf dem Rosenheimer Friedhof statt. In Kooperation mit dem Bund der Vertriebenen (BdV) wird den Opfern von Krieg und Vertreibung gedacht. Zudem finden ein Totengedenken (auch in diesem Jahr pandemiebedingt ohne musikalische Begleitung) und eine Kranzniederlegung statt.
Alexander Bock, BdV-Kreisvorsitzender, begrüßte die Anwesenden und die Kreisvorsitzende der SL, Ingrid Kröff, sprach das Totengedenken: „In Gedanken geht die Erinnerung zurück in unsere Heimat, wie sie einmal war, wie wir gelebt haben, bevor wir unsere geliebte Heimat in den Jahren 1944 bis 1946 zu Unrecht verlassen mussten: Nicht nur unsere Höfe und Häuser, unsere Felder und Wälder, sondern auch unsere Tiere im Wald und auf den Fluren, die Hügel, Berge, Täler und Bäche, die Dorfgemeinschaft mit Sitten, Bräuchen und Glauben unserer Väter und Mütter, so auch unserer Ahnen auf den Friedhöfen, die ein Raub des politischen Wahnsinns im 20. Jahrhundert geworden sind. Familien und Freunde verloren ihren Sippenkontakt, Kinder und Jugendliche verloren ihre Zukunft im Herzen ihrer Heimat. Wir, die Überlebenden, klagen an, die politischen Führer unserer Welt im 20. Jahrhundert ohne Ausnahme der Länder, die zu diesem Aderlass mit beigetragen haben und die Menschen ins Unglück geführt haben. Insbesondere gedenken wir in Würde der Toten unseres Deutschen Volkes sowie unserer verlorenen Heimat. Wir gedenken der Soldaten des 2. Weltkrieges. Denen, die ihr Leben ließen, um andere zu retten, und derer, die mit einem lebenslangen Kriegstrauma heimkehrten, wenn sie denn überhaupt die unmenschliche Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit überlebten.
Wir gedenken der Soldaten, die auf den Rheinwiesen von den US-Amerikanern ohne Schutz und ohne menschenwürdige Verpflegung wie Vieh auf dem blanken Boden im Schlamm dem Tode preisgegeben wurden. Tausende sind auf den Rheinwiesen durch Hunger, Durst und Entkräftigung zugrunde gegangen, mitten in Deutschland. Noch heute dürfen diese Massengräber nicht geöffnet werden, um ungeklärte Schicksale aufzuklären und das nach 76 Jahren. Wir denken auch an die tapferen und aufopferungsvollen Seeleute der Handels- und Kriegsmarine, die bei der größten Rettungsaktion der Geschichte mehr als zwei Millionen Menschen über die Ostsee vor der roten Armee in Sicherheit brachten. Wir gedenken der Verhungerten und Verdursteten, weil sich ihrer keiner erbarmte. Wir gedenken der Kinder, die ihre Mütter verloren, weil diese in ferne Seiten verschleppt wurden und seitdem verschollen sind. Wir gedenken auch der ostpreußischen Wolfskinder, die zum Teil ihre Identität für immer verloren haben. Wir gedenken der Hunderttausenden Frauen und Kinder, die verschleppt wurden und seitdem verschollen sind. Wir gedenken der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“. Insbesondere gedenken wir den zahllosen Frauen und Mädchen, die geschlagen vergewaltigt und bestialisch ermordet wurden, keine Statistik hat sie je erfasst. Sie blieben an irgendeiner Landstraße liegen, sie wurden in Lagern durch Seuchen und Misshandlungen dahingerafft und in Massengräbern verscharrt. Ihre neugeborenen Kinder wurden lebendig in die Gruben der Massengräber geworden. Sie verschwanden am Rande der Bahntrassen in den Weiten Sibiriens unter einer Schneedecke. Keiner kannte sie oder merkte sich ihren Namen. Sie haben es verdient, dass wir ihrer gedenken. Wir gedenken derer, die das Eis nicht hielt, das über dem frischen Haff und den Flüssen gefror, aber von Waffen gesprengt wurde. Wir gedenken derer, über denen die Wellen zusammenschlugen und die in den eisigen Fluten versanken, als sie auf den Schiffen der todbringenden Front entfliehen wollten und torpediert wurden. Wir gedenken der Toten, die in den Bombennächten das Inferno der Großstädte nicht überlebten, weil Flammen sie erstickten, einstürzende Häuser sie verschütteten oder die Kugeln der Bordwaffen sie trafen, als sie Schutz vor dem Flammeninferno auf den Elbwiesen suchten. Wir wollen auch der ca. 165.000 Sudetendeutschen Opfer gedenken, die nach 1945 bei der Vertreibung ums Leben gekommen sind. Weitere 105.000 starben nach der Vertreibung an den Folgen derselben in den Aufnahmegebieten an Hunger und mangelnder ärztlicher Versorgung. Wir gedenken auch der Opfer der Banat-Deutschen, deren planmäßige Vernichtung durch jugoslawische Partisanen 1944 begann. Mehr als 1000 Lager wurden eingerichtet, in denen Deutsche zusammengetrieben und ermordet wurden. Familien wurden getrennt und Mütter vor den Augen der Kinder erschossen. Wir gedenken derer, die sich für die Heimat, für Verständigung und Versöhnung unter den Menschen einsetzten und die inzwischen von uns gegangen sind. Die Toten haben ihren Frieden gefunden bei Gott, der alle Namen kennt und Tränen zählt. Doch sie mahnen uns tausendfach, ja millionenfach, für den Frieden zu arbeiten. Das ist unser Auftrag. Krieg und Gewalt müssen in der Welt ein Ende haben, damit solches Leid künftig verhindert wird. Mögen die nachfolgenden Generationen aus diesem Wahnsinn lernen und sei es ihnen vergönnt in Frieden und Freundschaft zu leben. Wer sich zu jeder Gelegenheit der Gefallenen, Verstorbenen und Vermissten erinnert, wird in Ehre und Wahrheit bestehen und wird ihnen immer einen Platz in unserem Herzen bewahren.“
Mit einem gemeinsam gesprochenen Vaterunser endete die Gedenkfeier in Rosenheim.
Bericht: Martin Aerzbäck
Foto: Kröff/Kaffl