Kirche

Gedanken zu Wallfahrten in Europa

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Europa – ein Netz von Wallfahrtsstraßen – ein Beitrag von Prälat Josef Obermaier

Unser Europa ist nicht nur durch die große Politik, durch Fürstenhäuser, durch Städtegründer entstanden, sondern auch durch berühmte Wallfahrtswege und Pilgerstraßen – nach Frankreich und von Irland bis nach Rom, bis in den südlichsten Teil Italiens und von dort weiter über das Mittelmeer ins Heilige Land. An diesen Wallfahrtsrouten, die sich oft an den alten Römerstraßen orientierten, entstanden berühmte Kirchen, Klöster und Heiligtümer, an denen berühmte Heilige verehrt wurden. Natürlich in besonderer Weise in Rom.

Ein berühmter Wallfahrtsweg führte und führt heute noch an „das Ende der Welt“. Gemeint ist damit der berühmte Wallfahrtsort Santiago de Compostela in Nordspanien. Dort, wo Europa vor den unendlichen Weiten des Ozeans zu liegen schien, wurde der Apostel Jakobus verehrt. Bis zum heutigen Tag ist der Weg nach Santiago de Compostela ein berühmter Wallfahrtsweg – eingebunden in ein Netz von Wallfahrtsstraßen, das viele moderne Menschen anzieht. Die Wege und Straßen zu diesem und ähnlichen Wallfahrtsorten sind und waren gesäumt von Hospizen, großen und kleinen Klöstern und berühmten Kirchen und Kathedralen. Die Menschen, die diesen und ähnliche Wallfahrtswege gingen, lernten das aufblühende Europa kennen: die Vielfältigkeit der Sprache, die Gastfreundschaft anderer christlicher Völker, die Speisegewohnheiten und den Lebensstil und die Gastfreundschaft fremder Menschen.

Bleiben wir bei Santiago de Compostela: Meist in größeren Gruppen – nur selten alleine – waren die Wallfahrer organisiert und beschützt. Der weite Weg wurde erleichtert durch Klöster, Hospize und kleinen Wallfahrtsstätten, die unterwegs zum großen Ziel liegen. Angekommen in Santiago de Compostella konnte man im Großen Vorraum der Wallfahrts-Kathedrale übernachten. Das große Rauchfaß, das heute im Altarraum von der Decke herabhängt, war früher im Vorraum der Kathedrale angebracht, um es vor den Gottesdiensten   – geschwungen von sechs Männern – in Aktion zu bringen, um das Kirchenschiff für den Gottesdienst zu durchlüften.

Auf diesen Wallfahrtswegen herrschte Friedenspflicht, so daß ein brüderliches Europa über Jahrhunderte heranwachsen konnte. Santiago de Compostela ist eine von vielen Wallfahrtsstätten, die Europa durchzogen und geistlich gebildet haben.  Ein Netz der Verständigung und des Zusammenhaltes ist somit durch die Wallfahrtswege im gesamten christlichen Europa entstanden, auch wenn schreckliche Bruderkriege den gemeinsamen Weg oft gestört haben.

Viele junge Menschen gehen Jahr für Jahr zur Wallfahrt nach Santiago de Compostela – oft in Etappen – alleine oder in kleinen Gruppen. „Der Weg ist das Ziel“ wird von vielen gesagt. Und der Satz ist nicht falsch „Der Weg führt zum Ziel“ oder „ich suche für mein Leben einen Weg“. Und der kann auch zuhause sein, bei einer kleinen Wallfahrt in unserer Heimat.

Foto: Hötzelsperger – Prälat Josef Obermaier beim Keferloher Montag – Logo Jakobsweg (von wikipedia)


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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