Natur & Umwelt

Gebietsbetreuung: Jubiläumsfeier in Grabenstätt

Von den bayerischen Alpen und bis zu den Hügeln der Rhön, von den Mooren und Wäldern des Bayerischen Waldes bis zu den Ufern des Bodensees. Bayerns Natur- und Kulturlandschaft ist reich an Naturschätzen wie kaum eine andere Region in Deutschland. Um diese zu erhalten ist 2002 die „Gebietsbetreuung in Bayern“ ins Leben gerufen worden, ein einmaliges Kooperationsprojekt von amtlichem Naturschutz mit Verbänden, Kommunen, Landkreisen und vielen anderen Projektträgern und Kooperationspartner vor Ort. Mittlerweile gibt es bayernweit mehr als 70 Gebietsbetreuer in 60 ökologisch wertvollen Gebieten, davon allein 21 in Oberbayern. Das 20-jährige Bestehen war bereits in den sechs übrigen bayerischen Regierungsbezirken gefeiert worden. Zur abschließenden Jubiläumsfeier in Oberbayern kamen nun viele Ehrengäste nach Grabenstätt in die Hirschauer Bucht. Dass Gebietsbetreuer aus ganz Bayern anwesend waren, lag daran, dass im Vorfeld ein eineinhalbtägiges Herbsttreffen und Arbeitsgespräch der bayerischen Gebietsbetreuung in der Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) in Laufen stattgefunden hatte.

„Dem Erfolgsmodell ´Gebietsbetreuung in Bayern` und deren Etablierung vor 20 Jahren, ging mit dem Pilotprojekt am Ammersee fünf Jahre zuvor die Grundsteinlegung voraus“, erinnerte der Gebietsbetreuer Chiemsee, Sprecher der oberbayerischen Gebietsbetreuer und Festakt-Organisator Dirk Alfermann. Ein Sonderlob verteilte er an Christian Niederbichler, dem ersten und dienstältesten Gebietsbetreuer Bayerns. „Lieber Christian, du hast mit deiner Arbeit am Ammersee einen entscheidenden Anteil daran, dass die Gebietsbetreuung in Bayern sich so erfolgreich etablierte“. Anerkennende Worte gab es auch für Horst Guckelsberger, der 1996 mit der Schutzgemeinschaft Ampermoos den Antrag gestellt hatte, für den Naturraum Ammersee einen hauptamtlichen Ramsar-Gebietsbeauftragten einzustellen. Bereits nach vier Wochen lag die grundsätzliche Zustimmung der Politik vor. Bis zum Amtsantritt Niederbichlers verging aber noch ein Jahr.

Gebietsbetreuer-Initiator Guckelsberger lobte auf Nachfrage den Mut und den Weitblick des damaligen bayerischen Umweltministers Dr. Thomas Goppel, der die Idee sofort aufgegriffen und die politischen Weichen für die Gebietsbetreuung in Bayern gestellt hat. Goppel würdigte vor Ort die Verdienste Guckelsbergers, mit dem er gemeinsam angereist war, und betonte wie wichtig es sei, Ideen und Visionen zu haben, die man mit Begeisterung und einer gewissen Hartnäckigkeit auch erfolgreich umsetzen könne. Die Natur zu schützen und zu pflegen sei sehr wichtig, so Goppel. Von den Gebietsbetreuern erhielt er besonders lauten Applaus. Nach der Vorstellung seiner anwesenden oberbayerischen Kollegen, bedankte sich Chiemsee-Gebietsbetreuer Alfermann bei allen Akteuren, ohne die eine erfolgreiche Arbeit in der Gebietsbetreuung nicht möglich wäre, darunter Landwirte, Waldbesitzer, Forstbetriebe, Landschaftspflegeverbände, Wasserwirtschaftsämter, Gemeinden und diverse Projektträger.

Der Amtschef des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz Dr. Christian Barth lobte die „fantastische Arbeit und das Herzblut der Gebietsbetreuer“ und wies darauf hin, dass die Gebietsbetreuung durch Fördermittel des Bayerischen Naturschutzfonds und das finanzielle und tatkräftige Engagement der jeweiligen Maßnahmenträger ermöglicht werde. „In der aktuellen Förderperiode 2021 bis 2024 stellt der Naturschutzfonds für 60 Gebietsbetreuungen fast neun Millionen Euro zur Verfügung“, betonte Barth und bezeichnete dies als „sehr gut angelegtes Geld“. Die Pandemie habe wie ein Brandbeschleuniger auf die sensiblen Schutzgebiete gewirkt und darauf habe man mit zusätzlichen innovativen Maßnahmen reagiert, die man gerade im Allgäu ausprobiere. Zudem gebe es fünf zusätzliche Gebietsbetreuer-Stellen für den oberbayerischen Alpenraum (sechs Gebiete). „Unsere Naturjuwelen sollen naturverträglich erlebbar sein. Das erfordert eine gute Besucherlenkung, schafft aber auch Akzeptanz“, so Barth. Die Gebietsbetreuer seien hier „Schlüsselpersonen“.

Der große Besucherandrang habe gezeigt, dass es klare Regelungen mit Ge- und Verboten für das Verhalten in der Natur geben müsse, meinte der Regierungspräsident von Oberbayern Dr. Konrad Schober. Dies zeigten auch die positiven Erfahrungen der Gebietsbetreuer im Naturschutzgebiet Geigelstein in puncto Skitouren- und Schneeschuhgehen und am Chiemsee, wo es seit zirka 20 Jahren gesetzlich geregelte Ruhezonen für Vögel und Fische gebe und die Freizeitnutzung auf und am See in geregelten Bahnen verlaufe. Besser als hier in der Hirschauer Bucht lasse sich die Gebietsbetreuung nicht darstellen, meinte Schober und verwies auf die Info-, Kümmerer- und Vermittlerarbeit von Gebietsbetreuer Alfermann und die in die Natur integrierten Beobachtungsmöglichkeiten und Besucherinformationsangebote. Schober dankte allen Gebietsbetreuern für „ihre wunderbare Arbeit zum Erhalt unserer lebenswerten Heimat“, die gerade bei Interessenkonflikten nicht immer ganz einfach sei.

Der Grabenstätter Bürgermeister Gerhard Wirnshofer betonte, dass es Bereiche brauche, „wo der Mensch tief in die Natur eintauchen könne, um sie zu verstehen und zu respektieren“. Sogleich müsse es aber auch Zonen geben, die selbst von Naturliebhabern nicht betreten werden dürften – was auf die Kernzone der Naturschutzgebietes „Mündung der Tiroler Achen“ zutrifft, zu der auch die Hirschauer Bucht gehört. Der Rathauschef sprach auch die Verlandungs- und Müllproblematik in der Hirschauer Bucht an und erinnerte daran, dass die Hinterlassenschaft der Tiroler Ache nach einem Hochwasser (2013 war es besonders krass) enorm sei. „Unrat und Plastikmüll kann nicht der Lebensraum für Tiere und Pflanzen im Wasser sein, auch wenn der Mensch als Verursacher nicht direkt vor Ort war“, so Wirnshofer. Die Hirschauer Bucht sollte der Natur und den zukünftigen Generationen erhalten bleiben.

Die Arbeit der Gebietsbetreuer „als Vermittler zwischen Natur und Mensch ist von unschätzbaren Wert“, lobte der stellvertretende Traunsteiner Landrat Josef Konhäuser und wünschte sich, dass diese ihren unermüdlichen Einsatz für die Umwelt noch lange fortführen. Der stellvertretende Landrat des Landkreises Rosenheim Josef Huber bedankte sich bei den Gebietsbetreuern für ihre wertvolle Arbeit des Informierens, Vermittelns und Beobachtens. Besonders freue es ihn, dass die Landkreise Rosenheim und Traunstein die Gebietsbetreuungen „Eiszeitseen“ –Eggstätt-Hemhofer-Seenplatte und Seeoner Seen und „Chiemsee“ als Träger erfolgreich gemeinsam betreuen. Auch in schwierigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zeiten müssten staatliche Gelder für die Natur übrig bleiben, so Huber.

Nach der Jubiläumsfeier begaben sich die Teilnehmer zum Naturbeobachtungsturm an der Hirschauer Bucht, von wo man zahlreiche Wasservögel beobachten konnte. Ins Auge stieß aber auch die fortschreitende Verlandung der Bucht. Mittags hatte Dirk Alfermann, der seit acht Jahren Chiemsee-Gebietsbetreuer ist, mit seinen Kollegen eine interessante eineinhalbstündige Exkursion durch das schützenswerte Grabenstätter Moos unternommen. Um das leibliche Wohl der Gäste kümmerte sich das Wirtshaus zur Hirschauer Bucht.

Übersicht Gebietsbetreuungen in den Landkreisen Traunstein und Rosenheim und ihre Träger: 

  • Achental: seit 2002; Träger: Ökomodell Achental; Gebietsbetreuerin: Magdalena Bahr (derzeit in Elternzeit).
  • Alpenraum – Landkreis Traunstein: besteht seit 09/2021; Träger: Landkreis Traunstein; Gebietsbetreuer: Severin Sebald
  • Alpenraum – Landkreis Rosenheim: besteht seit 10/2021; Träger: Landkreis Rosenheim; Gebietsbetreuerin: Carmen Neumann (derzeit in Elternzeit)
  • Chiemsee: besteht seit 09/2008; Träger: Landkreise Traunstein und Rosenheim; Gebietsbetreuer: Dirk Alfermann.
  • Eiszeitseen – Eggstätt-Hemhofer-Seenplatte und Seeoner Seen: besteht seit 09/2018; Träger: Landkreise Traunstein und Rosenheim; Gebietsbetreuer: Patrick Guderitz

Bericht und Bilder: Markus Müller

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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