Wirtschaft

FW-Landtagsfraktion zum Thema Chiemsee

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Gute Wasserqualität, aber Klimawandel bedroht das ökologische Gleichgewicht und Fische – Fischer: Der Plastikmüll sollte jedes Jahr aus Hirschauer Bucht entfernt werden. Die Landtagsfraktion der Freien Wähler hat sich mit ihrer dreitägigen Winterklausur am Chiemsee auf das Landtagswahljahr 2023 eingestimmt.

Nach dem offiziellen Klausurauftakt im Hotel Restaurant Gut Ising fuhren die 26 Landtagsabgeordneten in Begleitung vieler Pressevertreter nach Gstadt, wo eine Schifffahrt auf dem Bayerischen Meer und ein Besuch der Fraueninsel anstanden. Dabei tauschte man sich mit Fachleuten zu den Themen „Wasserqualität am Chiemsee“ und „Der Chiemsee – Garant für sauberes Wasser, Touristenmagnet und Lebensgrundlage für ansässige Berufsfischer“ aus. Vor dem Hintergrund einer Langzeitstudie der TU München zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die bayerischen Seen, sprach man auch über mögliche frühzeitige Schutzmaßnahmen.

„Die Belastungen durch den Klimawandel sind schleichend, am Chiemsee jedoch noch weniger stark ausgeprägt als an anderen Seen“, meinte der FW-Fraktionsvorsitzende Florian Streibl. Umweltminister Thorsten Glauber warnte davor, dass steigende Temperaturen auch die heimischen Gewässer in zunehmendem Maße aus dem natürlichen Gleichgewicht bringen könnten. Wärmeliebende Organismen würden dabei heimische Arten verdrängen. „Wir brauchen einen intakten Chiemsee als gesunden Lebensraum für Fische und Pflanzen“, so der Minister. Dank des seit rund 35 Jahren bestehenden Chiemsee-Ringkanals sei der Phosphoreintrag verringert und die Wasserqualität deutlich verbessert worden. Der Chiemsee sei wieder in einem guten ökologischen Zustand, meinte auch der umweltpolitische Sprecher der Fraktion Benno Zierer. Dies sei eine Voraussetzung, um den Tourismus, aber auch die Fischerei, die für die hiesige Kulturlandschaft ein ganz wichtiger Baustein sei, in eine gute Zukunft zu führen, hieß es.

„Mit der Gesamtstrategie Wasserzukunft Bayern 2050 kümmert sich der Freistaat um den Schutz seiner Gewässer und investiert dafür bis 2027 600 Millionen Euro“, so Glauber. Um klimabedingte Veränderungen zu erkennen und frühzeitig Schutzmaßnahmen ergreifen zu können, unterstütze man auch die Seen-Klimaforschung. Klausurreferent Prof. Dr. Herwig Stibor vom Fachbereich Aquatische Ökologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München betonte: „Aktuelle Probleme wie der Klimawandel oder die richtige Balance der Nährstoffe gehen auch am Chiemsee nicht spurlos vorbei“. Nach der Eliminierung der hohen Phosphoreinträge müssten auch die Stickstoffeinträge in den See weiter minimiert werden.

„Der Klimawandel, welcher zu deutlich veränderten Wasserständen und Temperaturen führt, ist eine große Herausforderung für die Fischerei“, erklärt Klausurreferent Florian Kirchmeier, seines Zeichens Berufsfischer aus Seebruck und 1. Vorsitzender der Fischereigenossenschaft Chiemsee. Die Erträge seien im Vergleich zu anderen bayerischen Seen aber trotz zurückgehender Nährstoffe immer noch gut. Problemtisch sei aber, so Kirchmeier, dass durch die immer wärmeren Wintermonate die Winter-Stagnation, während der der Wind die gleichtemperierten Wasserschichten gut durchmischen könne, immer später beginne und die Zeit des Sauerstofftankens für den See immer kürzer werde. Die dadurch entstehenden sauerstofffreien Regionen in der Tiefe könnten dann vor allem für den Fischnachwuchs zu einer tödlichen Falle werden. „Besonders die Renke, unser Brotfisch, der natürlicherweise im See ablaicht, hat dann nur eine geringe Chance zu schlüpfen oder gar zu fangreifen Fischen heranzuwachsen“, so Kirchmeier. Der künstlichen Bebrütung komme deshalb eine immer größere Bedeutung zu. „In unserem genossenschaftlichen Bruthaus erbrüten wir im Jahr 70 Millionen Renkenlarven, die einen Wert von etwa 500.000 Euro darstellen“, so Referent Kirchmeier. Andere Fischarten wie Zander, Aal und Seeforelle würden von der Genossenschaft als Setzlinge im Wert von etwa 80.000 Euro jährlich zugekauft. Sowohl die Fische als auch Fischer müssten sich zukünftig wohl umstellen und an die neuen Bedingungen anpassen, so der 2. Vorsitzende der Fischereigenossenschaft Chiemsee Thomas Lex. Hier bedürfe es ihm zufolge auch weiterer Forschung und Beratung durch staatliche Stellen. Auf die Frage des FW-Chefs und stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger, ob man der natürlichen Durchmischung der Wasserschichten technisch auf die Sprünge helfen könnte, meinte Professor Stibor, dass dies nur an deutlich kleineren Gewässern umsetzbar wäre. Ein Problem sei laut Kirchmeier der gefräßige Wasservogel Kormoran, der es über die Jahre gelernt habe, Fische aus den Netzen zu reißen und diese dabei zu allem Überfluss auch noch beschädige.

Da der Chiemsee in niederschlagsarmen Sommern enorm viel Wasser verliere und es im Frühjahr immer weniger Schmelzwasser gebe, regte Kirchmeier eine mögliche technische Lösung zur Regulierung des Seewasserspiegels an. Dies wäre für den Erhalt der Ufer-Laicher wie dem Hecht oder diversen Weißfischen wichtig. Zudem appellierte er, dass die jährliche Müllräumungsaktion des Wasserwirtschaftsamtes Traunstein in der Hirschauer Bucht (Naturschutzgebiet) beibehalten werden müsse, damit der Plastikmüll, der über die Tiroler Ache in den See gelange, nicht zu gefährlichem Mikroplastik zerrieben werde und in die Nahrungskette gelange. Die Abgeordneten sahen dies genauso. „Wir 16 Fischerfamilien am Chiemsee üben einen der ältesten Berufe der Welt aus und wollen ihnen auch in Zukunft ein reines, natürliches, gesundes und nachhaltig erzeugtes Lebensmittel liefern“, so Kirchmeier.

Wie die Klausurreferentin Christina Pfaffinger, Geschäftsführerin der Chiemsee-Alpenland Tourismus GmbH & Co. KG, beim Mittagessen im Klosterwirt betonte, sei der Chiemsee als Herzstück des Chiemgaus dank einer nachhaltigen Entwicklung rund um den See und eines achtsamen Umgangs mit Wasser und Natur „ein besonders attraktiver Lebens-, Freizeit- und Naturraum“. Bei der Wahl des Urlaubszieles hätten sauberes Wasser und eine intakte Ökologie eine entscheidende Bedeutung. Jeden zweiten Urlauber ziehe es in Deutschland ans Wasser, so Pfaffinger. Von den Investitionen der Kommunen zur Reinhaltung und zum Schutz des Chiemsees und seiner Ufer profitiere auch der Tourismus, der in der Region Arbeitsplätze garantiere und auch die Freizeitqualität der einheimischen Bevölkerung sichere.

„Wir wollen mit der Fraktion in einer Legislaturperiode alle sieben Regierungsbezirke besuchen und machen jährlich zwei bis drei Klausuren in wechselnden Regionen, um mit den Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen, uns ihre Sorgen und Wünsche anzuhören und das Ganze dann in parlamentarische Initiativen zu gießen und im Landtag zu guten Lösungen zu kommen“, betonte der Pressesprecher der FW-Landtagsfraktion Dirk Oberjasper. 

Bericht und Bilder: Markus Müller

Foto 1 (mmü): Die FW-Landtagsfraktion vor der Abfahrt mit dem Schiff Rudolf in Gstadt.

Foto 2 (mmü): Der stellvertretende Ministerpräsident, Wirtschaftsminister und FW-Chef Hubert Aiwanger (von links) mit dem FW-Fraktionsvorsitzenden Florian Steibl, dem Umweltminister MdL Thorsten Glauber und MdL Alexander Hold während der Schifffahrt auf dem Chiemsee mit Kollegen aus der Fraktion und zahlreichen Pressevertretern.

Foto 3 (mmü): Der stellvertretende bayerische Ministerpräsident, Wirtschaftsminister und FW-Chef Hubert Aiwanger gibt während der Schifffahrt auf dem Chiemsee ein Interview.

Foto 4 (mmü): Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber beim Interview auf dem Schiff.

Foto 5 (mmü): Klausurreferent Prof. Dr. Herwig Stibor vom Fachbereich Aquatische Ökologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München bei seinem Vortrag auf dem Schiff. Links im Bild der 1. Vorsitzende der Fischereigenossenschaft Chiemsee Florian Kirchmeier, rechts neben ihm dessen Stellvertreter und Vorgänger Thomas Lex. Rechts sitzt der stellvertretende Ministerpräsident, Wirtschaftsminister und FW-Chef Hubert Aiwanger.

Foto 6 (mmü): Der 1. Vorsitzende der Fischereigenossenschaft Chiemsee und Seebrucker Berufsfischer Florian Kirchmeier beim Interview mit Andrea Wittmann von der Bayernwelle.


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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