Kultur

Füssener Osterspiel erfolgreich durchgeführt

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Wiederaufnahme für 2025 geplant – Das Füssener Osterspiel feierte an Ostern 2022 als Mysterienspiel Auferstehung

 Silete, silete – Silentium habete   –  „Schweiget, schweiget – Haltet Schweigen“ ist der einleitende Satz des „Fiassar Osterspiels“. Und wahrlich still gehalten hatte dieses Mysterienspiel seit rund 225 Jahren, denn das „Theatrum Sacrum“ um die Auferstehung Christis von 1453 verschwand mit der Säkularisation aus der öffentlichen Wahrnehmung. Dies wäre wohl heute noch so, hätten nicht Professor Dr. Klaus Wolf von der Universität Augsburg und Richard Hartmann, Projektleiter des Allgäuer Heimatwerks, dieses Spiel zum Leben erweckt.

„Eisar Fiassa isch dear scheansta Platz dr Welt. In der Lechstadt ein derart historisches Kulturprojekt wiederzubeleben ist Herausforderung und Ansporn zugleich. Vergelt’s Gott allen, die für Gottes Lohn mitgewirkt haben.“  – Richard Hartmann

Der Weg zum Wiedererstehen war ein beschwerlicher und wäre ohne das enorme, fast ausschließlich ehrenamtliche, Engagement und erhebliche Fördermittel nicht möglich gewesen. Die Anzahl der mit dem Osterspiel verbundenen Personen wuchs im Laufe des Projektes zunehmend auf schlussendlich 40 Mitwirkende vor und hinter den Kulissen und brachte in bester Weise, genauso wie das Spiel selbst, Weltliches und Kirchliches, professionelle Schauspieler und Laien zusammen.

„Das wunderbare und geschichtsträchtige Füssener Osterspiel an seinem Originalschauplatz insze-nieren zu dürfen, war mir eine große Freude und Herausforderung.“ – Miriam D. Westerdoll

Das Leitungsteam mit Prof. Dr. Klaus Wolf (Wissenschaftliche Beratung), Richard Hartmann (Gesamtorganisation) und ganz besonders mit der feinfühligen Miriam D. Westerdoll (Gesamtregie, künstlerische Leitung) entwickelte ein geistliches Spiel und Musiktheater, das seine volle Wirkung im Laufe des Abends mit ungeahnter Wucht und Intensität entfaltete. Lebendige Bilder im geistlichen Spiel die zur Reflektion einluden wechselten mit teils derberen Szenen, die mit diebischer, oder viel mehr teuflischer, Freude vorgetragen wurden und zeigten die enorme Bandbreite des Spiels. Schlichte, einprägsame Sprache, lateinische Wechselgesänge aus der Spätgregorianik, wunderbar vorgetragen von „CANTVS München“, und das beeindruckende Orgelspiel der neuen Füssener Kirchenmusikerin Helene von Rechenberg rundeten das Gesamtwerk ab. Ein weiterer Höhepunkt der Inszenierung war die einfühlsame musikalische Begleitung der Höllenfahrt und des Apostellaufs von Nicolas und Barbara Kyriakou. Nicolas Kyriakous überaus gelungenes Arrangement für Geige und Gitarre des weltlich-österlichen Minneliedes „Vil liebe Grüsse Süsse“ des Minnesängers Oskars von Wolkenstein aus der ersten Hälfte des 15. Jhd. fügte sich geradezu kongenial in das Stück. So diente es als perfekter Einstieg für den als Minnesänger „getarnten“ Teufel, gespielt und gesungen vom Augsburger Tenor Gerhard Werlitz, der im wahrsten Sinne des Wortes hinter der armen Seele, gespielt von Sarah Hummel, her war.

Die gesamte Höllenfahrt-Szene wurde dem Nikodemus-Evangelium entlehnt, einem apokryphen Passionsevangelium: Luzifer geht dabei auf Seelenfang und fängt sieben Sünder, stellvertretend für die mittelalterlichen Ständeordnung und in Anlehnung an den „Füssener Totentanz“. Kaiser, Edelfrau, Bischof, Bürgermeister, Bäcker, Medicus und Wittib bringen ihre Vergehen vor, pointiert verfasst durch Magnus Lipp, und ziehen zum Schluss in die Hölle ein. Die Szene wurde bewusst komödiantisch-mahnend konzipiert, so dass sich das Publikum selbst in den vorgeführten Seelen wiedererkennen konnte als Spiegel unserer Gesellschaft. Der Kunstgriff Miriam D. Westerdolls, Richard Hartmann in der Rolle „Des Erzählers“ einzusetzen, führte als verbindendes Element zu einer besseren Verständlichkeit der einzelnen Szenen. Seine unmittelbare Ansprache in heimischen Dialekt an das Publikum sowie seine Auftritte an unter-schiedlichen Orten im Kirchenraum, der Tradition der Osterspiele folgend, fanden sehr gute Resonanz.

„Mit der Renaissance des Fiassar Osterspiels 2022 ereignen sich, wie vor 500 Jahren, wundervolle Begegnungen von Menschen, die sich sonst so eher nicht kennen und schätzen lernen würden.“ – John A. Westerdoll

Den letzten Schliff erhielt die gekonnte Inszenierung der mystischen Szenen im Halbdunkel der Kirche durch das Technik-Team um John A. Westerdoll als Technischem Leiter. Seine dezente und mystische Ausleuchtung der einzelnen Szenen mit ihren lebenden Bildern entrückte die Zuschauer und unter-malte das Geheimnis des leeren Grabes. Die Marienklage der drei Frauen, Anja Mayr und Maria Allgaier und Johanna Fleschhut in der Rolle der Maria Magdalena, wurde ebenso eindrucksvoll ins Licht gerückt wie die Auferstehung in einer wunderbaren Beleuchtungskomposition des Hochaltars von St. Mang.

„Was das Osterspiel betrifft, war ich lange Zeit, um im biblischen Bild zu bleiben, eher ein Saulus als ein Paulus und stand dem Projekt anfänglich mit gewisser Skepsis gegenüber. Dies hat sich schnell gewandelt und ich bin sehr froh, dass ich an einem so schönen und vor allem verbindenden Projekt mitarbeiten durfte.“ – Andrea Höß, Regieassistenz 

Durch die finanzielle Unterstützung der Sparkassen-Stiftung Allgäu, des Bistums Augsburg, des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte, der Universität Augsburg, der Pfarreiengemeinschaft Füssen, dem Theater- und Kulturverein Füssen e.V. und dem Allgäuer Heimatwerk konnte das Fiassar Osterspiel aus der Taufe gehoben werden. Alle drei Vorstellungen waren ausverkauft und 750 Besucher*innen wohnten dem historischen Ereignis der Wiederbelebung eines über 500 Jahre alten Werks am Originalschauplatz in St. Mang bei. Basierend auf der äußerst positiven Rezeption des Stücks in der Bevölkerung und einer „schwarzen Null“ in der Kasse blicken Richard Hartmann und Miriam D. Westerdoll erwartungsvoll in die Zukunft des Füssener Mysterienspiels: In Abstimmung mit allen Beteiligten ist vorgesehen, dieses einzigartige Werk in einem Turnus von drei Jahren erneut aufzuführen. Seine ersten Schritte zurück an das Licht der Öffentlich hat das „Fiassar Osterspiel“ erfolgreich unternommen und so ist davon auszugehen, dass es spätestens an Ostern 2025 wieder „nach dunkler Nacht den Morgen erhellt“ und zur Aufführung gelangt.

Verfasser: Andrea Höß, Miriam D. Westerdoll, Richard Hartmann

Foto: Allgäuer Heimatwerk und Theater- und Kulturverein Füssen e.V.

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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