Tourismus

 Führung im historischen Inseldom auf der Herreninsel

Veröffentlicht von Günther Freund

Im Rahmen eines mehrtägigen Semestertreffens ehemaliger Geodäsie-Studenten, das heuer in Rosenheim stattfand,  war an einem Tag eine Chiemsee-Inseltour auf dem Programm. Höhepunkt sollte dabei eine Führung im Inseldom auf der Herreninsel sein. 
Das einzigartige Gebäude der ehemaligen Stiftskirche der Augustiner-Chorherren auf der Herreninsel, das nach der Säkularisation zu einer Brauerei umgebaut wurde und seit der Schließung der Brauerei im Jahr 1917  leer stand und für die Öffentlichkeit geschlossen war,  ist  nach mehrjährigen Sanierungsmaßnahmen seit einigen Monaten wieder als ein „für sich sprechendes Museum“ geöffnet.  

Unser leider vor ein paar Monaten verstorbene Studienkollege Gustav Starzmann hatte in seiner Funktion als Abgeordneter des Bayerischen Landtags und Mitglied des Landesdenkmalrats die Massnahme in einem Schreiben im Jahre 2007 an den damaligen Finanzminister Faltlhauser angeregt. 


                                                                                                                                                                                           Schreiben an Minister Falthauser


Minister Faltlhauser hatte die Massnahme jedoch abgelehnt, da die von Starzmann angeführten sehenswerten Objekte, die verwirrenden Brauereieinbauten und die hohen Investitionskosten eine Öffnung des Bauwerks für die Öffentlichkeit nicht rechtfertigen würden.

 


                                                                                                                                                                                                         Antwortschreiben

15 Jahre später wurde die Massnahme dann aber doch noch genau wie von Starzmann angeregt umgesetzt. Für uns ein Grund,  die Inseldom-Führung in den Mittelpunkt unseres Semestertreffens zu stellen.

Wir fuhren mit dem 10 Uhr Schiff von Stock zur Herreninsel um die samstägliche 11 Uhr Führung zu erreichen. Die Gruppe kam mit dem Zug aus Rosenheim, natürlich mit einer Viertel Stunde Verspätung, aber noch rechtzeitig um das per App  zum Bahnhof bestellte Rosi Mobil zu schaffen, das fünf von uns nach Stock fahren sollte. Doch der Rosibus kam nicht zum Bahnhof, sondern wartete bei der Franziska-Hager Schule auf uns, wie sich später herausstellen sollte. Wir kamen trotzdem alle rechtzeitig zum 10 Uhr Schiff, denn meine Frau stand am Bahnhof parat und machte Shuttlebus mit dem Privat-PkW. 

Mit dem gewohnt pünktlichen Schiff der Chiemseeschiffahrt waren wir um 10.15 Uhr auf der Herreninsel und um 10.30 Uhr an der Rezeption im Museum im Alten Schloss, wo wir problemlos die Eintrittskarten zur Führung in der ehemaligen Stiftskirche der Augustiner-Chorherren (maximal 15 Personen) bekamen. Die halbe Stunde bis zum Führungsbeginn nutzen wir, um einen kurzen Blick in den sogenannten Konventstock der Klosteranlage zu werfen. Hier kann man  u.a  die Privaträume sehen, die  sich König Ludwig II., der die Insel Herrenchiemsee 1873 als Standort für sein Neues Schloss erwarb, eingerichtet hatte.  Im Konventstock, in dem 1948 der Verfassungskonvent zur Vorbereitung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland tagte, gibt es auch die hochinteressante Ausstellung   „Der Weg zum Grundgesetz – Verfassungskonvent Herrenchiemsee 1948“. Den Konventsaal, in dem damals  der Abschlussbericht des Verfassungskonvents unterzeichnet wurde,  wollte natürlich jeder sehen, aber auch zur berühmten Exter-Galerie zog es einige aus unserer Gruppe.    

Die Führung soll den Besuchern die noch vorhandene Bausubstanz und die einstigen Funktionen des ursprünglich um 1130 durch Erzbischof Konrad von Salzburg als Kirche des Augustinerchorherrenstifts Herrenchiemsee (Altes Schloss) errichteten und in den Jahren 1676 bis 1679  durch den Graubündner Barockbaumeister Lorenzo Sciasca  weitgehend neuerbauten Gebäudes als Gotteshaus sowie dem Umbau nach der Säkularisation 1807 zum Brauhaus vermitteln. Die Brauerei wurde bis 1914 betrieben, auch König Ludwig II. hielt an der Umwidmung des vormaligen Kirchenraums fest, als er 1873 die Herreninsel erwarb.


Unser Rundgang begann bei der großen Glocke neben der Bibliothek, führte vorbei an aus dem Chiemsee geborgenen Figuren dreier Chorherren, die bei der Umfunktion des Doms in eine Brauerei von dem barbarischen Eigentümer einfach ins Wasser geworfen wurden und führte dann auf der neu eingebauten Steg- und Plattformkonstruktion sowie Treppenanlage vom Keller durch mehrere Räume hinauf bis zum Emporengeschoss. Wer nicht so gut zu Fuss war nahm den  Aufzug in freistehender Stahlglaskonstruktion.  
Unser Führer informierte sehr gut über die wechselvolle geschichtliche Entwicklung, erklärte die noch deutlich erkennbaren Einbauten, die für die Brauerei vorgenommen wurden und beantwortete geduldig unsere Fragen. Das Staunen darüber war schon sehr groß, wie ein Gotteshaus zu einer Brauerei umfunktioniert werden konnte. Erst im Emporengeschoss hatten wir dann das Gefühl, daß wir uns in einem ehemaligen Dom befanden. Hier bewunderten wir nicht nur das Gewölbe mit den Deckengemälden, den zum Greifen nahen Stuck oder die Graffiti von Mitarbeitern des Schlosshotels, die in dem verlassenen Gebäude ihre privaten Botschaften an die Wand geschrieben hatten, sondern auch die schöne Aussicht auf den Chiemsee und die Fraueninsel.

Dorthin setzten wir unseren Ausflug auch fort und diskutierten auf dem Schiff noch lange über das soeben Gesehene. Alle waren wir tief beeindruckt von der Führung durch dieses besondere und geschichtsträchtige Chiemgauer Juwel – als ein spannendes Zeugnis des Chiemsee-Bistums und der Klosterzeit, aber auch der Säkularisation unbedingt sehenswert. Der Inseldom war ein echtes Highlight unseres Semestertreffens.

Übrigens: bei der Rückfahrt hat der Transfer mit dem Rosi Mobil geklappt!

 


Redaktion

Günther Freund

1944 in Bad Reichenhall geboren, Abitur in Bad Reichenhall, nach dem Studium der Geodäsie in München 3 Jahre Referendarzeit in der Vermessungs- und Flurbereinigungsverwaltung mit Staatsexamen, 12 Jahre Amtsleiterstellverteter am Vermessungsamt Freyung, 3 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Zwiesel und 23 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Freyung (nach Verwaltungsreform mit Vermessungsamt Zwiesel als Aussenstelle). Seit 2009 im Ruhestand, seitdem in Prien am Chiemsee wohnhaft.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Beiträge und Fotos sind urheberrechtlich geschützt!