Kultur

Freude – ein Gedicht von Wolfgang Bude

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Freude – ein immerwährendes Thema

 

Nach dem Krieg – groß war die Not,

viel Arbeit gab’s und wenig Brot.

Als Kerlchen schon mit vier – fünf Jahren,

da durft‘ ich dies hautnah erfahren.

Entwurzelt, verjagt, aus der Heimat vertrieben –

zusammengerechnet, da waren wir sieben.

 

Im Dorfe feindselig willkommen geheißen:

„Do wenns’t ma ned gang’st, mit dene Preiß’n!“

Aufgeteilt zwischen drei Bauernhöfen.

Kalte Zimmer – ohne Öfen.

Geschäfts- und Familienleben wie ein Traum –

spielt sich ab in einem Raum.

Mit zwei Koffern und fünf Kindern,

ließ sich das nicht ganz verhindern.

Zum Glück war ich noch sehr naiv –

nur die Eltern traf es tief.

 

Wie froh war ich um jede Gabe,

die ich derzeit empfangen habe.

So weiß ich gut noch die Geschichte,

von der ich Euch ganz kurz berichte.

 

Am Bauernhofe groß zu werden,

das schien das höchste Glück auf Erden.

Mist ausfahren, Kühe füttern,

spielen mit den Katzenmüttern,

Äpfel klauben, Daxen hacken,

Kartoffeln in den Keller packen.

Und da gab es auch so Sachen,

wie Bäcker, Schmied und Pfarrer machen.

 

Den Bäcker liebte ich so sehr,

dem lief ich ständig hinterher.

Wenn die Gelegenheit sich bot,

half ich mit und backte Brot.

So auch beim Hauser-Bauern stets,

in der Küche, neb’n dem Flez.

 

Des Dufts‘ von Sauerteig und Glut

entsinne ich mich heut‘ noch gut.

Den hölzer’n Bottich voll vom Teige,

durft‘ ich dann kneten bis zur Neige.

Im Backofen das Feuer richten,

war‘n eher brenzlige Geschichten.

 

So wie die Leni dort am Tor,

stellt‘ ich mir die Hexe vor:

Mit ihrem Schaber um den Bauch,

das Haar im Kopftuch, wie’s der Brauch.

Die Hakennas‘, der krumme Gang,

die machten mir unheimlich bang.

 

Ich malt` mir aus in mancher Stund`,

wenn sie dort stand am Ofenschlund,

dass ich wie bei Hans und Grete,

ihr kräftig in den Hintern trete –

und sie verschlingt die Feuersglut? –

Nur leider fehlte mir der Mut.

 

So träumte ich den Kindertraum;

real betrachtet geht das kaum.

Nachdem die Glut den Stein erhitzt‘,

wurden die Brote eingeritzt.

Das Feuer raus, die Laibe rein,

bald duftete es köstlich fein.

 

Ich spielt‘ derweil im Bauerngarten

und konnt‘ das Wunder kaum erwarten,

bis dass die Hauserin schaut vorbei

und meint: „Jetzt kunnt’s boid ferti sei.“

 

Rasch nahm sie weg den Backverschlag,

nach dem statt Teig das Brot nun lag.

Dieses Knistern, der Geruch

und die Laibe auf dem Tuch!

Fehlten nur noch zum Entzücken,

Brathähnchen und Hasenrücken,

Schokolade in der Hand –

So wie im Schlaraffenland.

 

Ehrfürchtig, ohne was zu sagen,

half ich den Korb zur Speis hintragen.

Dort griff die Hauserin hinein

und sagte: „Er ist ziemlich klein,

doch nimm ihn dir, den runden Wecken

und lass ihn dir ganz einfach schmecken!“

 

„Vergelt’s Gott!“ rief ich noch im Rennen

und tat die Finger fast verbrennen,

denn die Kruste war noch warm,

von dem Brot in meinem Arm.

 

Wenn ich heute rückwärts denk‘,

war dies mein fürstlichstes Geschenk,

das ich stolz nach Hause brachte,

weil ich an die andern dachte.

 

Die Freude, die war viel zu stark,

als dass ich sie bei mir verbarg.

Ich teilte sie und auch das Brot,

denn an beidem tat es Not!

 

Gedicht von Wolfgang Bude, Aschau i. Chiemgau


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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