Chieming. Corona-Pandemie, Klimawandel, Ukraine-Krieg – angesichts der geballten Herausforderungen setzt sich die FREIE WÄHLER Landtagsfraktion bei ihrer Winterklausur im oberbayerischen Chieming intensiv mit der Krisenfestigkeit Bayerns auseinander. Die Abgeordneten rund um den Fraktionsvorsitzenden Florian Streibl haben daher eine Resolution zur Gewährleistung einer sicheren und bezahlbaren Versorgung verabschiedet. „Unser übergeordnetes Ziel ist es, den Freistaat krisenfest zu machen. Denn Bayerns Unternehmen, die Landwirtschaft sowie Hilfs- und Rettungsorganisationen stecken in einer Belastungssituation, wie sie vor wenigen Jahren noch undenkbar war“, so Streibl.
Für Klausurreferent Fritz Schweiger, 1. Vorsitzender der Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern e.V., stellt dieses politische Ziel vor dem Hintergrund der Ereignisse und Gefahren durch Corona, Blackout und Krieg in Europa eine große Herausforderung dar. „Speziell im Energiesektor sind aufgrund der enormen Anforderungen des Klimaschutzes und der Energiewende äußerst umfangreiche und komplexe Aufgaben zu lösen. Dabei spielt in Bayern die CO2-freie, hocheffiziente, stets sicher und zuverlässig zur Verfügung stehende und damit systemstabilisierende Wasserkraft eine wichtige Rolle“, erklärt Schweiger. Durch innovative, flexible, leistungs- und wettbewerbsfähige Unternehmen sowie eine zugleich modernisierte und entbürokratisierte staatliche Verwaltung werde die Transformation der intensiv regulierten Energiewirtschaft gelingen.
Um eine bezahlbare Energieversorgung insbesondere in diesem und im kommenden Winter zu garantieren, fordert der energiepolitische Sprecher Rainer Ludwig eine ideologiefreie Bewertung einer übergangsweisen Nutzung von Kernkraftwerken bis Ende der Heizsaison 2024. „Zudem muss der Ausbau erneuerbarer, dezentraler und heimischer Energiequellen konsequent vorangetrieben werden. Um die Energiewende hin zu einer klimaneutralen Versorgung dauerhaft zu meistern, ist es aber auch notwendig, neuartige Technologien entschieden zu fördern“, so Ludwig. Dies umfasse beispielsweise innovative Speichertechnologien sowie die weitere Erforschung der Fusionstechnologie.
Klausurreferent Lars Bubnick, Geschäftsführer Landesinnungsverband für das bayerische Fleischerhandwerk, weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Betriebe des Metzger- und Ernährungshandwerks nicht nur systemrelevant seien, sondern auch sehr energieintensiv. „Wir benötigen für die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung in erster Linie eine stabile Energieversorgung, aber auch Planungssicherheit bei den Energiepreisen. Hierfür sind Strom- und Gaspreisbremse wichtige Hilfsmittel, die nun unbürokratisch und ohne drohende Rückzahlungen durch die Hintertür umgesetzt werden müssen“, so Bubnick. Die Betriebe schulterten die finanziellen Mehrbelastungen für den begrenzten Zeitraum der Preisbremsen solidarisch. Anschließend solle der Weg wieder unverzüglich zurück zu deutlich niedrigeren Energiepreisen führen – dafür müssten die Weichen gestellt werden. „Dies impliziert für mich, dass neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien auch über April 2023 hinaus alle verfügbaren Energieerzeuger am deutschen Netz bleiben, bis die aktuelle Krise überwunden und eine niedrige Preisstabilität über alternative Wege gewährleistet ist. Ich danke der Bayerischen Staatsregierung und der FREIE WÄHLER Landtagsfraktion, dass sie unsere Stimme hören und sich für die Belange der Wirtschaft und des Handwerks einsetzen“, betont Bubnick.
Laut dem kommunalpolitischen Sprecher Robert Riedl könne die erfolgreiche Sicherung der regionalen Energieversorgung nur unter Einbeziehung der Kommunen funktionieren. „Bayerns mehr als 2.000 Kommunen sind das Rückgrat für die Lebensqualität und die Versorgung im Freistaat. In ihnen können angemessene, auf die örtlichen Bedürfnisse angepasste Lösungen für Krisen gefunden werden. Hierfür brauchen sie entsprechende Handlungsspielräume und Unterstützungsangebote“, so Riedl. Es sei Aufgabe des Freistaats, ihnen neben den rechtlichen Grundlagen auch tatsächliche Hilfen an die Hand zu geben. Zu einem ähnlichen Schluss kommt Klausurreferent Johann Eitzenberger, Kreisbrandrat, Vorsitzender des Landesfeuerwehrverbands e. V.: „Neben dem bereits erfolgten Abschluss einer Kooperationsvereinbarung zur verstärkten Zusammenarbeit im Katastrophenschutz zwischen dem Freistaat Bayern und den durch uns vertretenen bayerischen Feuerwehren gilt es, auch im investiven Bereich weitere Anreize für eine bessere Ausstattung der Kommunen zu setzen“, so Eitzenberger. Das beginne bei einer Verstärkung des Sirenennetzes und reiche über die Notstromversorgung der Feuerwehrgerätehäuser bis zur möglichen Förderung von Kat-Lagern in den Landkreisen.
Der wirtschaftspolitische Sprecher Manfred Eibl betont, dass vor allem regionale Wirtschaftskreisläufe gestärkt werden müssten, um eine sichere Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. „Wir setzen dabei insbesondere auf eine Diversifizierung von Beschaffungsquellen. Nur so können einseitige Abhängigkeiten von Ländern, die nicht unser demokratisches Wertesystem teilen, künftig konsequent vermieden werden. Darüber hinaus trägt die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe langfristig dazu bei, das Verfassungsziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Bayern zu realisieren“, so Eibl. Dies erfordere die flächendeckende Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Deshalb solle das bayerische Handwerk mit einem breiten Maßnahmenpaket unterstützt werden.
Für Klausurreferent Dr. Josef M. J. Rampl, Geschäftsstellenleiter Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern e.V. und Geschäftsführer Bayerischer Müllerbund e.V., haben die Einschnitte der letzten Jahre gezeigt, dass weltweite wirtschaftliche Verflechtungen und Lieferketten ohne einen gemeinsamen politischen Raum in Krisensituationen anfällig für Unterbrechungen seien. „Deshalb benötigen wir besonders bei Gütern der täglichen menschlichen Daseinsvorsorge, wie zum Beispiel Lebensmittel und Energie, tragfähige, heimische und resiliente Strukturen, um uns bei Fragen der menschlichen Grundversorgung unabhängig von Dritten zu machen“, so Rampl. Die Mühlen setzten daher seit jeher auf regionale landwirtschaftliche Heimatkreisläufe und produzieren einen Teil ihrer Energie aus CO2-freier und heimischer Wasserkraft. „Kurze Wege, eigene Erzeugung und tragfähige heimische Wertschöpfungsketten sind dabei der Schlüssel zum Erfolg“, betont Rampl.
Für Klausurreferentin Christine Singer, Landesbäuerin der Landfrauengruppe des Bayerischen Bauernverbands, ist dabei vor allem auf Bayerns Bäuerinnen und Bauern Verlass: „Sie erzeugen gesunde Lebensmittel in größter Vielfalt direkt vor Ort, liefern Energie und erhalten die Artenvielfalt sowie die Kulturlandschaft. Dafür braucht es gesellschaftliche Akzeptanz und Wertschätzung“, so Singer. Die notwendigen Rahmenbedingungen würden dabei von der Politik geschaffen. Besonders im Bereich der Tierhaltung stehe man jedoch vor großen Herausforderungen. „Wir befinden uns an einem Wendepunkt, denn die Tierhalter sind zu Veränderungen bereit. Was fehlt, sind verlässliche Vorgaben mit Blick auf das Tierwohl. Hier brauchen die Betriebe Vorgaben, die länger als eine Legislaturperiode gültig sind“, betont Singer. Geschehe dies nicht, werde sich die Tierhaltung ins Ausland verlagern. „Dann werden wir beim Fleisch die dortigen Standards hinnehmen müssen. Deshalb ist für ansässige Bäuerinnen und Bauern ein intensiver Austausch mit der Politik von existenzieller Bedeutung“, so Singer.
Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbands, ergänzt: „Damit wir Lebensmittel- und Energieversorgung dauerhaft regional leisten können, müssen wir unsere landwirtschaftlichen Nutzflächen schützen und den Flächenverbrauch in Bayern bis 2030 von täglich fünfzehn Hektar auf unter fünf Hektar reduzieren.“
Bericht und Foto: Frei Wähler Landtagsfraktion / Sepp Lausch