Lisl Fanderl wäre heuer 100 Jahre alt geworden. Am Lichtmesstag 1922 wurde sie in Leogang im Salzburgischen Pinzgau als bayerische Försterstochter geboren. Der Vater war hier Förster in einem von damals drei bayerischen Saalforstämtern. Ihre Kindheit ist, wenn man die zahlreich erhaltenen Schwarzweißfotos aus dieser Zeit betrachtet, sicher als glücklich zu bezeichnen. Mit 10 musste sie dann nach Salzburg ins Internat und absolvierte schließlich die Ausbildung zur Hauswirtschafts- und Handarbeitslehrerin. Noch während des Krieges heiratete sie im Februar 1945 Wastl Fanderl. Drei Töchter gingen aus dieser Ehe hervor.
Nach der Heirat stellte sie ihr Leben ganz auf die Familie und die Arbeit ihres Mannes ein. Wastl Fanderl sagte öfter, es „gäbe keine Singwochen und nur wenige Auftritte ohne Lisl“. Als Organisatorin und Managerin dieser Singwochen, von den 1950er- bis in die 80er-Jahre gingen, hatte sie eine wichtige Position und Aufgabe. Als sogenannte Singwochenmutter war sie mitverantwortlich für das Klima unter den teilnehmenden Sängern und Musikanten. Sie war zuständig für „Geschmack“ und „Lebensstil“, wie etwa der Kleidung und dem Auftreten und inspirierte damit unzählige Volksmusikliebhaber.
Sie war die engste Mitarbeiterin ihres Mannes im Bereich der Volksmusiksammlung, wirkte in über 60 Fernsehsendungen am Hackbrett mit, kümmerte sich um Termine, verschickte Noten an Volksmusikanten und wirkte bei der Sammlung und Archivierung mit. Bei Rundfunksendungen, Schallplatten-einspielungen und Veranstaltungen trug sie zur Verbreitung des in den 30er-Jahren neu gestalteten „chromatischen Hackbrettes“ bei. Darüber hinaus fand sie noch die Zeit, drei Bücher über das Stricken zu schreiben und unzähligen Menschen in Kursen das Stricken beizubringen. Ihre Strickbücher „Bäuerliches Stricken“ vermitteln dabei nicht nur die handwerkliche Fähigkeit des Strickens, sie erzählen auch von der Herkunft der Muster und geben Einblick in vergangene Zeiten. Sie stellen ein beeindruckendes Vermächtnis der Volkskunst des Strickens dar.
Auch in Frasdorf aktiv
In Frasdorf, wo die Familie Fanderl seit 1963 lebte, blieb ihre Arbeit natürlich auch nicht unbeachtet. Beim Frauenbund wurden Strickkurse abgehalten und vielen Volksmusikfreunden wurde die Teilnahme an einer der vielen Singwochen in Südtirol ermöglicht. Der Heimat- und Kulturverein Frasdorf, der im Dorfmuseum ohnedies eine Dauerausstellung über Wastl Fanderl installiert hat, hat diese jetzt zum Gedenken an den 100. Geburtstag der Lisl erweitert. Die Fanderltöchter haben ihre Truhen geöffnet und einige Kostbarkeiten zu Tage gefördert. Auch mehrere Fotoalben wurden durchforstet und die Bilder zur Verfügung gestellt. Ergänzt wird die Sonderausstellung durch mehrere Filme mit und über Lisl Fanderl.
Wanderung nach Stelzenberg
Da in Corona-Zeiten große Menschenansammlungen, wie es etwa bei einem Vortrag der Fall gewesen wäre, vermieden werden sollten, wurde zum Andenken an die Lisl eine Wanderung vom Frasdorfer Schulhaus mit dem Dorfmuseum, über den Friedhof und die Kirchleite nach Stelzenberg veranstaltet. Im Museum berichteten verschiedene Personen, darunter Gäste aus mehreren Nachbargemeinden, aber auch aus Salzburg und Laufen, von ihren Erinnerungen an die Lisl. Vor dem Martl-Anwesen in Stelzenberg warteten dann die Fanderltöchter Liserl und Regina auf die Gruppe und mit Singen und Ratschen ließ man die Lisl wieder aufleben.
Lisl Fanderl, die am 1. Dezember 1999 gestorben ist, wurde im Übrigen 1977 für ihr Lebenswerk mit der Bezirksmedaille ausgezeichnet. Die Ausstellung im Dorfmuseum in Frasdorf ist noch bis Ende des Jahres jeweils am letzten Monatssonntag von 16.00 – 18.00 Uhr zu sehen.
Bericht: Rupert Wörndl
Fotos: Rupert Wörndl / Hötzelsperger