Leitartikel

Fotograf Heinz Richter: zum 100. Geburtstag

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Heinz Richter  aus Bernau feierte seinen hundertsten Geburtstag, Redakteur Josef Gregori von „DER BERNAUER“ besuchte den bekannten und erfolgreichen Fotografen. Hier seine Geschichte und Bilder.

Auf meine erste Frage, wie es ihm denn ginge antwortete er: „Soweit recht gut. Man ist halt nicht mehr so fit wie mit 90“. Körperlich ist Heinz Richter immer noch sehr rüstig, bei beeindruckender geistiger Fitness. Es entwickelte sich schnell ein angeregtes Gespräch, in dessen Verlauf Herr Richter viele interessante und spannende Geschichten über sein Leben zu erzählen wusste.

Am 10. März 1921 in Berlin geboren und dort aufgewachsen, machte er im Jahr 1939 sein Abitur. Um Volkswirtschaft studieren zu können, begann er ein Praktikum bei der Stadtbank, bis er 1941 in die Wehrmacht einberufen wurde. In Rommels Afrikacorps diente er bei der Luftwaffe als Bordfunker und als Bordschütze. Eine Notlandung in einer JU 52 mit abgerissenem Fahrwerk überlebte er weitgehend unversehrt. Nach der Niederlage des Afrika-Corps kämpfte er noch in Italien, bis man ihn an die Ostfront versetzte, was er mit viel Glück und ohne schlimmere Verwundungen überstand. Kurz vor Kriegsende erreichte ihn noch ein Marschbefehl zu einer Fallschirmspringereinheit in Hamburg. Auf dem Weg dorthin nahmen ihn britische Einheiten im April 1945 gefangen. Etwa 9 Monate verbrachte er in einem Gefangenenlager in Schleswig-Holstein auf freiem Feld, Tag für Tag ums nackte Überleben kämpfend.

Nach seiner Freilassung ging er zunächst nach Bremen. Für Berlin galt damals noch ein Sonderstatus, so dass ihm der Weg zurück vorerst verwehrt wurde.  Weil dort aber Lehrer gesucht wurden, ließ er sich kurzerhand zum Volksschullehrer ausbilden, wobei sich seine Fremdsprachenkenntnisse als hilfreich erwiesen. Heinz Richter spricht Englisch, Italienisch und Französisch. Somit konnte er 1946 als Lehrer in seine Heimatstadt zurückkehren. In Berlin absolvierte er eine Ausbildung zum Fotografen und eröffnete im Januar 1947 sein erstes eigenes Geschäft. Allerdings stellte sich bald heraus, dass es die falsche Zeit und der falsche Ort war, um ein Fotogeschäft erfolgreich führen zu können. Die Menschen in Berlin hatten gerade ganz andere Sorgen.

Nach einem kurzen Intermezzo in der Schweiz, dort hatte ihn ein Fotoauftrag hingeführt, versuchte er sein Glück 1951 in Frankfurt, wo er sich zum Pressefotografen ausbilden ließ und er wenig später in der Pressestelle des Frankfurter Flughafens tätig war. Weitere Fotogeschäfte wurden in Wiesbaden, Mainz und Bad Soden eröffnet. Einige Jahre später übernahmen diese Geschäfte ehemalige treue Mitarbeitern aus dem Raum Frankfurt. In Bad Soden war er lange Zeit Stadtverordneter und Vorsitzender des Gewerbevereins. Ausserdem engagierte er sich ehrenamtlich als Landesinnungsmeister Hessen, sowie als Vertreter seiner Berufsgenossenschaft. Gerne arbeitete Richter für Reiseveranstalter und Fluggesellschaften, bei denen er als Fotojournalist und Werbefotograf für die PR zuständig war. In dieser Zeit kam er viel in der Welt herum, u.a. nach Indien, Thailand, Hong Kong,  Amerika, Japan und in weite Teile Afrikas. Im Jahr 1961 brachte er von Frankfurt aus einen Weihnachtsbaum zu einem Waisenhaus nach Bombay/ Indien (welches später durch Mutter Theresa bekannt geworden ist), was für viel Aufsehen in der deutschen und indischen Presse sorgte.

1972, im Jahr der Olympischen Spiele, ergriff er die Chance, im Hilton Hotel und im Bayerischen Hof in München jeweils ein Fotogeschäft zu eröffnen. Viel Prominenz aus der damaligen Zeit hatte er dabei vor der Kamera, wie z.B. Muhammad Ali, Helmut Kohl, Curd Jürgens, Grace Kelly, Franz Josef Strauß uvm. Um über die Spiele umfassend berichten zu können, suchte er 1971 per Inserat aushilfsweise eine Verstärkung. So fand er mit seiner Gudrun nicht nur eine ausgezeichnete Fotografin, sondern auch die Frau für´s Leben. Heinz Richter hat 2 Kinder, 4 Enkel und 3 Urenkel.

Eine schwere Erkrankung von Herrn Richter bewog das Ehepaar dazu, München zu verlassen und sich in Bernau niederzulassen. Sie wollten es einfach etwas ruhiger haben. Die Ärzte gaben ihm eine Überlebenschance von 5 Jahren. Seitdem sind 40 Jahre vergangen… Von 1978 bis 1995 betrieben Herr und Frau Richter ihr Fotogeschäft mit Atelier in der Priener Straße. Zeitweise führten sie noch Filialen in Chieming und Rosenheim und waren die Fotografen vom KuKo Rosenheim. Ab 1979 wurde Heinz Richter Mitglied im Gewerbeverein Bernau, bei dem er sich für kurze Zeit in der Vorstandschaft engagierte und mittlerweile dessen Ehrenmitglied ist. Im Jahr 1995, inzwischen 74 Jahre alt, beschlossen die Beiden, die Geschäfte zu schließen und nur noch in der Fotografie tätig zu sein. Sie fotografierten die Veranstaltungen im KuKo Rosenheim, sowie Hochzeiten und Partys in der Käfer-Schänke München. Bei Fernreisen zu den Philippinen, Thailand und Südindien verfassten sie Reiseberichte, die in verschiedenen illustrierten Zeitschriften veröffentlicht wurden. Der letzte Fotoauftrag war 2018 eine türkische Hochzeit, auf bayerisch vollendet. Die Braut stammte aus der Türkei, der Bräutigam aus Bayern. Nach der islamischen Trauung, die in der Türkei landesüblich ganz groß gefeiert wurde, wollte der Bräutigam unbedingt auch christlich heiraten. Der Imam aus München gab seine Zustimmung, und so fand die Trauung in der katholischen Kirche in Hittenkirchen statt, zelebriert von Pater Joshi.

Sein Beruf hat Heinz Richter stets Freude bereitet, ihn erfüllt und jung gehalten. Heute geht er gerne mit seinem Dackel Fritzchen am Chiemsee spazieren und informiert sich täglich in den Medien über das aktuelle Weltgeschehen. Einmal in der Woche spielt er Schach, und ein paar Reisen möchte er noch unbedingt machen. Die Geburtstagsfeier wird nachgeholt, sobald die Lokale Corona-bedingt wieder öffnen dürfen. Für die Zukunft wünscht er sich Frieden und Gesundheit, dem schließen wir uns gerne an.

Foto: Heinz und Gudrun Richter – Text: Josef Gregori, Gemeindezeitung „Bernau aktuell“

BU1: Heinz Richter (links) mit seinen Kameraden und ihrer Junkers 52. Die Maschine musste nach einer Bruchlandung angezündet werden, damit sie nicht in Feindeshand fällt.

BU2: Der Jubilar in Aktion. Die Freude an seiner Arbeit hat ihn bis heute jung gehalten.

BU3: Diese Aktion sorgte für viel Aufsehen.

BU4: Auch die Clintons hatte er vor der Linse.

BU5: Heinz Richter mit seiner Frau Gudrun

BU6: Eines seiner bekanntesten Fotos: Helmut Schmidt neben Willy Brandt und dem später enttarnten Spion Günter Guillaume.

BU7: 3 x 100 Jahre auf einem Foto.

Heinz Richter, das Auto und das Torfmuseum. Das Bild entstand an seinem Geburtstag. Der Wagen ist übrigens ein Elektroauto aus den USA von 1921.

BU8: Auf dem Oktoberfest in München


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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