Mit mehr als 130 eingereichten Arbeiten von 68 Bewerberinnen und Bewerbern hatte der Förderpreis für Angewandte Kunst auch 2022 einen großen Zuspruch beim kreativen Nachwuchs. 12.000 Euro Preisgeld gingen an sechs ausgezeichnete Gestalterinnen und Gestalter.
Ausgezeichnete Tafelzier
Der erste, mit 3.500 Euro dotierte Preis geht an die 22-jährige Silberschmiedin Paula Alvarez-Repp. Sie hat eine Pfeffermühle, eine Teekanne und eine Schale aus Silber eingereicht, die in ihrer eleganten Schlichtheit jede Tafel zieren. Dabei spielt sie mit verschiedenen Grundformen: Halbkugel und Halbzylinder in der Schale, Prisma und Zylinder in der Teekanne und Pfeffermühle. So findet die Kunstschmiedin überzeugende Formen für die unterschiedlichen Funktionen, die sie durch die handwerkliche Bearbeitung in ästhetisch ansprechende Objekte verwandelt.
Drei zweite Preise
Martin Lehmer wurde für eine Doppelskulptur aus Holz mit dem Titel „InBetween“ prämiert. Auf zwei getrennten Stelen stehen zwei Hälften einer menschlichen Figur. Eine Hälfte ist männlich, die andere weiblich. Der Kopf sitzt auf der männlichen Hälfte, ist aber nicht vollständig. Die Trennflächen verlaufen organisch und würden zusammen eine Aktskulptur mit zwei Geschlechtern ergeben. Martin Lehmer studiert Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in München.
Ein weiterer mit 2.500 Euro dotierter Preis ging an die Produkt- und Glasdesignerin Lotte Schlör für die Glasserien „moon“ und „edge“. Die gelernte Porzellanmalerin erwarb ihren Bachelor in Industriedesign an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein im Fachbereich Keramik und Glasdesign. Die Serie „edge“ mit sieben weißen mundgeblasenen Glaskörpern spielt mit der Formbarkeit des Materials. Die Serie erscheint wie eine Familie, jedes Glas hat seine Individualität und offenbart gleichzeitig die Verwandtschaft. In der Serie „moon“ zeigt die Künstlerin vier Schalen aus zwei unterschiedlich großen übereinanderliegenden Glas-Elementen, die gegeneinander verschiebbar sind.
Der dritte der mit 2.500 Euro dotierten Preise geht an Louis Rösner für den Holzhocker „Tendo“ (siehe Titelbild). Als gelernter Schreiner absolvierte er ein Werkstudium zum Gestalter im Handwerk an der Akademie für Gestaltung und Design der Handwerkskammer in München. Eine überraschende Kombination aus Hightech-Holzbearbeitung und Gurt-Konstruktion macht den Reiz von Tendo aus. Der Hocker besteht aus zwei Birke-Multiplex-Platten und einem handelsüblichen Spanngurt. In Beine und Sitzfläche hat Rösner per Laser ein Gitter geschnitten. Dazu kommt ein Verbindungssteg, der zur Stabilisierung des Hockers dient. Der Spanngurt bringt die Sitzfläche in eine räumliche Form und lässt sich flexibel anpassen.
Anerkennungspreise
Noch ein weiterer Hocker erhält eine Prämierung in Form einer Anerkennung. Der „Tube-Stool“ von Gunther Pfeffer besteht aus dem klassischen Element einer runden Sitzfläche und drei Beinen. Bei diesen zeigt sich die Innovation des Tube-Stools: Er hat keine massiven Holzstäbe, sondern Blätter aus Esche-Furnier, die zu einer Hohlform zusammendreht für die nötige Stabilität und Leichtigkeit sorgen. Gunther Pfeffer hat gerade die Fachakademie für Raum und Objektdesign an den Schulen für Holz und Gestaltung des Bezirks Oberbayern in Garmisch-Partenkirchen absolviert, nachdem er dort bereits die Meisterschule besucht hatte.
Eine zweite Anerkennung geht an den 23-jährigen Holzbildhauer Mattis Heilscher. Er hat eine Holzskulptur geschaffen, die eine perfekte Ergänzung zur zweigeschlechtlichen Doppelskulptur INBetween darstellt. Die Figur „a Bua“ zeigt ein Kleinkind, das am Boden steht, fröhlich staunend den Kopf in den Nacken legt und neugierig in die Welt blickt. Das von Babyspeck ummantelte Kind interpretiert das barocke Motiv des Puttos neu.
Bericht und Bilder: Bezirk Oberbayern