Die zunehmende Urbanisierung und der wachsende Bedarf an Wohn- und Gewerbeflächen machen das Thema Flächensparen umso brisanter. Es beschäftigt nicht nur Raumplaner und Umweltschützer, sondern ist auch für die Aufrechterhaltung der Lebensqualität kommender Generationen von entscheidender Bedeutung. Das Beispiel Kirchanschöring im Landkreis Traunstein zeigt, wie zukunftstaugliches (Um-)Bauen und Wohnen erfolgreich umgesetzt werden kann.
Deutschland hat in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich landwirtschaftliche Fläche verloren. Im Durchschnitt mehr als 50 Hektar pro Tag. Auch wenn im Vergleich zum Vorjahr ein leichter Rückgang zu verzeichnen ist, befindet sich der Flächenverlust immer noch auf einem hohen Niveau. Der Verlust der Ressource Boden z.B. für die Landwirtschaft bedeutet häufig auch Versiegelung. Diese macht die Fläche undurchlässig für Niederschläge, mit den bekannten Folgen wie z.B. Überflutungen und sinkendenden Grundwasserspiegel. Über den zunehmenden Flächenverlust hat man sich auch in der Gemeinde Kirchanschöring Gedanken gemacht und ein Gemeindeentwicklungskonzept für zukunftsfähiges (Um-)Bauen und Wohnen geschaffen.
Hans-Jörg Birner, Erster Bürgermeister von Kirchanschöring, sieht das Problem des langjährigen Flächenverlusts auch in der traditionellen Bauleitplanung im ländlichen Raum und den alten Denkmustern von Wohnen. Wenn es um neue Wohnflächen ging, wollte man bisher möglichst ortsnahe Flächen bebauen. Standard waren Einfamilienhäuser und allenfalls eine Doppelhausreihe. „Wenn man das überdenkt, wird schnell deutlich, dass man durch das Errichten von Wohneinheiten durch gemeinschaftliches Bauen auf weniger Fläche zum Flächensparen gelangt.“
In Kirchanschöring versucht man nun diesen Weg zu gehen. Dabei sollen nicht nur Einfamilienhäuser entstehen, sondern vor allem auch Bestandsbauten für Wohneinheiten genutzt und saniert werden. So werden z.B. Einfamilienhäuser aufgestockt und mehrgeschossige Wohnbauten für unterschiedliche Bedürfnisse errichtet. Das kommt Senioren, Alleinstehenden und jungen Leuten entgegen, die bei der Suche nach kleineren Wohnungen auf dem Land oft nicht fündig werden. Die Nutzung solcher bestehenden Flächen beleben sowohl die Quartiere als auch den Ortskern. Ein gutes Beispiel dafür ist das Haus der Begegnung mit Seniorenwohnungen in der Ortsmitte.
Für Hans-Jörg Birner ist das Flächensparen allerdings nicht das Alleinentscheidende. Dabei gibt es auch noch einen sozialen und finanziellen Aspekt, der beim gemeinschaftlichen Wohnen in den Vordergrund trete. Und das habe bei vielen Bürgerinnen und Bürgern zu einem Umdenken geführt. Dass die Bauleitplanung in Kirchanschöring neben Einfamilienhäusern auch alternative Wohnkonzepte vorsieht, wird in der Bevölkerung überwiegend positiv aufgenommen. Dennoch gibt es auch kritische Stimmen, denn das vom Gemeinderat abgesegnete Pilotprojekt sieht weniger Bauland für Einfamilienhäuser vor. Hans-Jörg Birner versteht den Ärger, dass nicht alle Kirchanschöringer in ihrer Gemeinde ein Einfamilienhaus bauen können. Als Bürgermeister sehe er sich aber in der Pflicht, auch Wohnraum für Bürgerinnen und Bürger anderer Lebenslagen anzubieten und mit der wertvollen Ressource Fläche sorgsam umzugehen.
Ein ausführlicher Bericht über das Kirchanschöringer Pilotprojekt ist über die Internetseite https://www.ale-oberbayern.bayern.de/index.php zu finden.
Um das Thema Flächensparen voranzubringen, hat die Bayerische Staatsregierung eine Flächensparoffensive ins Leben gerufen. Im Rahmen dieser findet im Juni der Monat des Flächensparens statt. Weitere Infos zu den Aktionen gibt es hier: https://www.flaechensparoffensive.bayern/
Weitere Infos zum Thema Innenentwicklung gibt es hier: https://www.ale-oberbayern.bayern.de/112948/index.php
Bericht: Amt für Ländliche Entwicklung in Oberbayern – Fotos: © Gemeinde Kirchanschöring
Foto 1: Hans-Jörg Birner, Erster Bürgermeister Kirchanschöring
Foto 2: Wohnbauprojekt Hipflham/Kirchanschöring