Wirtschaft

Fachkräftetag in Aschau

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

„Was darf es denn sein? Eine Leberkässemmel oder eine Lyoner fürn Wurstsalat?“ Verwundert schaute die Kundschaft in der Metzgerei Angermann drein: da standen doch tatsächlich neben den sechs Metzgereifachverkäuferinnen auch noch Bürgermeister Simon Frank und Tourismuschef Herbert Reiter hinter der Ladentheke und versuchten sich – stilecht mit roter Schürze gewandet – als Fleisch- und Wurstverkäufer. Besonders die ganz junge Kundschaft freute sich über die Arbeit des Bürgermeisters, war sie doch für alle mit einem Radl Gelbwurst oder einem Wienerwürstl für sie verbunden. Metzgermeister Richard Angermann führte seine beiden Schnupperlehrlinge behutsam in die ungewohnte Tätigkeit ein. Für den Ausbildungsabschnitt „Kontakt mit dem Publikum, Konversation und Verkaufsgespräch“ vergab er gute Noten, alle anderen Fächer sind noch ausbaufähig. Die Kundschaft war sehr angetan von ihrem Bürgermeister zum Anfassen, der mit dieser Aktion „Fachkräftetag“ in Aschau ganz neue Wege beschritt und zusammen mit seine beiden Vertretern Michael Andrelang und Monika Schmid, Tourismuschef Herbert Reiter, den Gemeinderäten Wolf Neelsen und Sebastian Pertl sowie Pfarrer Paul Janßen und Pfarrerin Betina Heckner in die Aschauer Arbeitswelt hineinschnupperte. „Wir sehen immer nur, dass in Aschau noch weitgehend alles in Ordnung ist, dass Aschau ein Dorf der kurzen Wege ist und alle notwendigen Branchen immer noch im Ort vertreten sind. Warum das so ist, darüber machen sich die wenigsten Gedanken, solange alles funktioniert. Die Gemeinde Aschau ist stolz auf ihre Firmen, Betriebe, Geschäfte, Einrichtungen und Dienstleister, egal, um welche Branche es sich handelt“, so Bürgermeister Simon Frank. „Egal ob Inhaber, Geschäftsführer, Hilfskraft, Fachkraft oder Auszubildender, jeder einzelne Mitarbeiter in den vielen Aschauer Betrieben trägt einen wichtigen Teil zu einem funktionierenden Dorfleben teil“.

Gleich in der Frühe verkauften Bürgermeister Frank und Pfarrerin Heckner bei der Bäckerei Bachhuber die ersten frischen Semmeln, die süßen Teilchen und den ersten Kuchen an die Kundschaft und informierten sich über die Backwaren und ihre Entstehung im Hause. Zweiter Bürgermeister Andrelang und Tourismuschef Reiter richteten im Sachranger Dorfladen die Brotzeittüten her, damit die Arbeiter nicht solange auf ihre Brotzeit warten mussten und informierten sich über das Wesen und das Angebot des vielfach ausgezeichneten Dorfladens. Bei der Baufirma Hans Pumpfer, Sanitär Aringer und Elektro Hobelsberger informierten sich Bürgermeister und Gemeinderäte bei einem einstündigen Praktikum über die eingesessenen Handwerksfirmen an. „Wir haben tüchtige Handwerker für alle Bauabschnitte und Gewerke in der Gemeinde; sie bieten ihren Kunden den Vorteil der Ortsnähe und der Ortskenntnis. Sie sind vielfach miteinander verwoben und können es sich aus „Imagegründen“ gar nicht leisten, für einen Gemeindebürger mangelhafte Arbeitsleistungen zu erbringen. Firmen aus dem Ausland oder Norddeutschland mögen kurzfristig billigere Angebote machen, sind aber bei einem Pfusch hinterher oft nicht mehr greifbar“. Ganz anders ging es für Andrelang und Pertl weiter: sie informierten sich bei qualido in Hohenaschau über die verschiedenen Möglichkeiten Softwarelösungen fürs Qualitätsmanagement zu entdecken.

Am Nachmittag ging es für die beiden Bürgermeisterstellvertreter Andrelang und Schmid zunächst in den gemeindlichen Kinderhort Villa Kunterbunt. Leiterin Susanne Metzler-Kolbeck führte die beiden durch alle Räume und erklärte den Tagesablauf der neun Mitarbeiter, der Mädchen und Buben. Die Kinder kommen nach Schulschluss in den Hort, gehen anschließend zum Mittagessen und dann zum Spielen in die verschiedenen Spielbereiche. Danach gehen alle Kinder Klassenweise in die dafür vorhergesehenen Räume und machen dort ihre Hausaufgaben. Wenn alles erledigt, ist gehen die Kinder bis zum Abholen um 17 Uhr in die offenen Spielbereiche.

Anschließend ging es für Neelsen und Pfarrer Janßen weiter in die Künstlerwerkstätte Huba nach Hohenaschau zum akademischen Bildhauer Christian Huba und Kunsthandwerkerin Alraune Huba. „Aschau ist für einen Künstler ein gesegneter Ort, nach unserem Studium in Norddeutschland haben wir uns gezielt in Aschau angesiedelt“, erklären beide übereinstimmend. „Der Ort hat seit Jahrhunderten als Sitz der Herrschaft eine große Anziehungskraft auf Künstler aller Art, überall ist Kunst zu finden; es verfügt im Umfeld über ein kunstverständiges und auch genügend zahlungskräftiges Publikum; München, Salzburg und Wien als kulturelle Schwerpunkte sind schnell erreichbar“. An ausgewählten Werken aus der Werkstatt im ehemaligen Waisenhaus erklärten Christian und Alraune Huba ihr Schaffen, vom ersten Entwurf auf Papier bis zum fertig geschnitzten oder gegossenen Kunstwerk. Der Künstler berichtete von seinem nächsten großen Auftrag: in Toronto/Kanada entsteht auf dem alten Hafengelände ein modernes Erholungsgelände. Es soll mit den Totemtieren der früher dort sesshaften indigenen Völker belebt werden: Schildkröte, Berglöwe, Bär, Biber, Wolf und Fuchs geben sich künftig dort in der Millionenstadt ein Stelldichein – geschnitzt in Aschau im Chiemgau. Zum Schluss trafen Bürgermeisterin Schmid und Pfarrer Janßen mit Malermeister Andreas Fischer in der neuen Priental-Halle zusammen. Mehrere laufende Meter Geländer warteten zum Streichen auf die Schnupperlehrlinge, Maler Fischer hatte neben genügend schwarzer Farbe auch genügend Schutzbekleidung für beide bereitgelegt. „Unsere Firma kann mit den Mitarbeitern derzeit alle Aufträge erfüllen“, erklärte der Meister den beiden Besuchern. „Mehr Aufträge würden auch mehr Personal benötigen, dazu muss noch das heimische Ladengeschäft betreut werden, es gibt also genügend zu tun für uns“.

„Wir haben bei diesen Besuchen heute viele neue Eindrücke gewonnen und uns ein Bild davon gemacht, was unsere heimischen Betriebe Tag für Tag leisten“, so Bürgermeister Frank in einer ersten Stellungnahme, zurück im gewohnten Rathaus.

Bericht und Fotos: Heinrich Rehberg


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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