Klimaresiliente und nachhaltig bewirtschaftete Wälder sind die Grundlage für einen erfolgreichen Green Deal und Einhaltung der Klimaziele. Die europäische Forstwirtschaft fordert anlässlich ihres EU-Symposiums in Berlin einen Kurswechsel der EU-Politik. Forstpolitische Entscheidungen zum Erhalt der Wälder müssten auf nationaler und europäischer Ebene regionale Vielfalt, Praxisnähe und Evidenz beachten. Zentrale Vorgaben für alle EU-Mitgliedsstaaten seien dazu ungeeignet. Die Veranstaltung von Deutschem Forstwirtschaftsrat (DFWR) und der österreichischen Plattform Forst – Holz – Papier (FHP) wird heute im Axica Kongress- und Tagungszentrum mit mehr als 200 Gästen aus Politik, Forst- und Holzwirtschaft aus ganz Europa von Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, und seiner österreichischen Amtskollegin Elisabeth Köstinger, Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, eröffnet.
DFWR-Präsident Georg Schirmbeck begrüßte die Bestrebungen der Bundesregierung, die Herausforderungen Klimawandel, Energiekrise und regionale Wertschöpfung durch verstärkten Holzbau anzugehen und appellierte, Waldbesitzende und Forstleute, die mit großem Engagement und wissenschaftlichem Knowhow mit Lösungen bereitstehen, in künftigen Gesetzgebungsprozessen „mitzunehmen“: „Die nachhaltige, multifunktionale Bewirtschaftung unserer Wälder spielt bei der Bekämpfung des Klimawandels eine Schlüsselrolle“, sagte Schirmbeck. „Deshalb müssen die Leistungen der zwei Millionen Waldbesitzenden und Forstleute, die sich um das grüne Drittel Deutschlands kümmern, generationenübergreifend gesichert werden.“
Özdemir sagte: „Wälder sind die Klimaanlage der Welt, Refugium für viele bedrohte Arten und Lieferant für unseren wertvollsten nachwachsenden Rohstoff, das Holz.“ Angesichts der globalen Klima- und Biodiversitätskrise schaue auch die EU zunehmend auf die Wälder und wie deren Beiträge zu den übergeordneten EU-Zielen möglichst positiv ausgestaltet werden können. Bei zunehmend in Brüssel koordinierter Umweltpolitik sehe auch die Bundesregierung die Notwendigkeit einer verstärkten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, wobei die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und ihre regional angepassten Waldbewirtschaftungskonzepte zu berücksichtigen seien. „Ich bin froh, dass unsere Wälder mit dem Deutschen Forstwirtschaftsrat einen wichtigen, lautstarken Fürsprecher haben – nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa. Wenn wir unsere Wälder wirklich schützen wollen, dann können wir nicht an Grenzen haltmachen – dann müssen wir sie in Europa gemeinsam überwinden“, so Özdemir.
Schirmbeck verwies auf Untersuchungen des Wissenschaftlichen Beirates für Waldpolitik am Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL), nach denen die Verwertung von Holz die laufende Kohlenstoffspeicherung erhöht, indem Holzprodukte CO2 dauerhaft speichern. Gleichzeitig wird demnach durch eine Waldbewirtschaftung mit nachhaltiger Ernte und Verwertung von Holz Platz für neue Bäume geschaffen. „Als ökologisch nachwachsender Rohstoff der kurzen Wege ist Holz im Vergleich zur Verwendung hochemittierender Stoffe wie Zement die klimafreundlichste Variante. Unter diesem Aspekt ist es notwendig, dass diese Leistung der Forstwirtschaft nicht durch die sektoralen LULUCF-Vorgaben der EU behindert, sondern im Gegenteil politisch unterstützt wird“, so Schirmbeck.
Köstinger hob die multifunktionale Rolle der Forstwirtschaft hervor. „Europäische Forstpolitik heißt für mich nachhaltige Waldbewirtschaftung, die Multifunktionalität der Wälder und regionale Wertschöpfung zu stärken.“ Köstinger drängte auch darauf, den nachhaltigen Rohstoff Holz als Instrument der Versorgungsunabhängigkeit zu erkennen. „Gerade jetzt sind Rohstoffsicherheit und verlässliche Wertschöpfungsketten in den Fokus gerückt. Das Momentum für die nachhaltige und regional verfügbare Ressource Holz muss nun genutzt werden. Im Rahmen des österreichischen Waldfonds wurde eine eigene Holzinitiative eingerichtet, über die Holz als alternativer und nachhaltiger Baustoff und als nachhaltige Alternative zu fossiler Energie weiter gestärkt werden soll.“
Für FHP hielt der Obmann des Waldverbandes Österreich, Rudolf Rosenstatter, fest: „Entscheidungen, ob national oder europäisch, müssen auf Fachlichkeit basierend ideologiefrei getroffen werden. Es hat sich die Fehlannahme breit gemacht, dass man den Wald einfach sich selbst überlässt, und alles wird gut. Das stimmt nicht. Die Klimakrise erzwingt einen Waldumbau, zu dem es eine aktive Bewirtschaftung braucht. Arbeiten der Waldforschung belegen, dass die Waldbiodiversität bei Bewirtschaftung bewahrt bleibt. Bestrebungen hin zu großflächigen Nutzungsverboten, etwa im Rahmen der Biodiversitätsstrategie, konterkarieren hingegen die EU-Klimaziele sowie die notwendige regionale Rohstoffversorgung. Wer Ja zum New European Bauhaus sagt, muss auch Ja zu einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung sagen.“
Beide Veranstalter betonten, dass die europäische Forstwirtschaft geschlossen für die Wälder zusammenstehe. Dies zeige sich auch an der Teilnahme am EU-Symposium von mehr als 200 Botschaftsvertretenden, Abgeordneten, Forstwirtschaftlerinnen und Forstwissenschaftlern, die in Berlin aus nahezu allen europäischen Ländern und international zusammengekommen sind. Das DFWR-EU-Symposium findet jährlich statt und will den Dialog über nachhaltige Waldbewirtschaftung verstärken.
Bericht: Europäischer Forstwirtschaftsrat
Foto: Hötzelsperger