Vor 45 Jahren bei der ersten Europawahl war Dr. Bernd Posselt bereits als Assistent aktiv dabei. Seither, also seit 1979 ist er als ehemaliger Politiker des Europäischen Parlaments, als Präsident und Ehrenamtlicher der Paneuropa-Union und als Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe als Wanderprediger für ein geeintes und friedliches Europa unterwegs. In Prien war er schon des öfteren, nunmehr kam er im Zuge der Europa-Wahlen am 9. Juni erneut an den Chiemsee auf Einladung des CSU-Ortsverbandes.
Mit Prien verbinden mich aufgrund der bisherigen Besuche viele Erinnerungen, ein besonderer Kommunalpolitiker und Freund war für mich Lorenz Kollmannsberger, der mit seinen Nachbarschaften und Partnerstädten ein überzeugter Europäer war. Besonders erinnere ich mich an den ersten Priener Besuch in Valdagno, da durfte ich selbst dabei sein“ – so Bernd Posselt, der seinen gut einstündigen frei gesprochenen Vortrag mit dem Thema „Wohin geht Europa und wie geht es weiter?“ mit der Erkenntnis begann, dass Europa schon immer eine Frage von Krieg und Frieden war. Vor 102 Jahren war es die Paneuropa-Union als ältester europäischer Zusammenschluss, der für Versöhnung und Verteidigung nach dem Ersten Weltkrieg einstand. Die europäische Geschichte erfuhr – so die weiteren Ausführungen – vor 75 Jahren einen weiteren positiven Impuls als Konrad Adenauer Bundeskanzler der neuen Bundesrepublik Deutschland wurde. Adenauer war es auch, der zusammen mit dem Franzosen Robert Schuman und dem Italiener Alcide de Caspari als christliche Dreier-Gemeinschaft eine Antwort auf die Schrecken des Zweiten Weltkriegs fand. Aus dieser Zeit sagte der Europa-Politiker: „Von unseren Eltern haben ich und meine Geschwister gelernt, dass der Nationalismus bekämpft und Europa geeinigt werden muss. Nach wirtschaftlichen und politischen Einigungserfolgen und als Sohn einer heimatvertriebenen Familie, der bei der Deutschen Wiedervereinigung ein Mitarbeiter des Europa-Abgeordneten Otto von Habsburg war, will ich appellieren, dass der Frieden das Kostbarste ist, was unsere älteren Generationen uns überlassen haben“. In diesem Sinne bat der Referent um neue Impulse für ein friedliches, demokratisches Europa.
Persönliche Betrachtungen zu Putin und Russland
Höchst interessant waren die persönlichen Begegnungen, Erfahrungen und Betrachtungen von Bernd Posselt zum russischen Diktator Wladimir Putin. „Als Enkel des Chefkochs von Stalin wurde Putin Chef des Geheimdienstes in Deutschland, er eignete sich dabei nicht nur die Deutsche Sprache an, sondern auch die verschiedenen Dialekte. Sein Werdegang ist vom Zusammenbruch der Sowjetunion geprägt, welchen er bis heute nicht akzeptiert hat. Bereits 1999 im Oktober habe ich im Europäischen Parlament auf die Gefahr der Energie-Abhängigkeit von Russland hingewiesen, die Gefahr war damals schon absehbar“. Folglich forderte Posselt eine europäische Ernährungs-Union, eine europäische Energie-Union und auch eine europäische Verteidigungs-Union, die auf den zwei Säulen Europa und Amerika basiert. Zu den bevorstehenden Europa-Wahlen wünschte er sich, dass ein kultureller und religiöser Violinschlüssel für ein gemeinsames und friedliches Zusammenleben entwickelt wird. Zum Krieg gegen die Ukraine sagte der CSU-Politiker: „Die Ukrainer kämpfen gegen Russland auch für uns EU-Bürger“.
„Richtlinien von Europa werden bürokratisch in den Ländern umgesetzt“
Viel Zeit nahm sich der Europa-Politiker für Fragen, Aussprache und Erklärungen. Zu Klaus Löhmann, der sich als einer der immer weniger werdenden Gastronomen wegen der Bürokratisierung bezeichnete sagte Posselt: „Für die Gastronomie und Landwirtschaft haben wir uns schon viel eingesetzt, zu bedenken gilt es aber auch, dass Richtlinien, die aus Brüssel kommen in den Ländern unterschiedlich umgesetzt werden und oftmals die Vorhaben erschweren“. Ein gutes Beispiel hierzu war die von Sepp Stein aus Frasdorf vorgetragene EU-Förderung eines Lehrbienenstandes, der viermal so teuer wurde, weil nach EU-Richtlinien gebaut wurde, auch hier war laut Posselt die Landes-Umsetzung ein Stolperstein. „Auf europäischer Ebene gibt es noch viel zu tun was die Vereinfachungen anbelangt, jüngst gelang es bei der Landwirtschaft. Glauben Sie mir, die Gastronomie ist mir ein hohes Kulturgut“. Auch auf den in der Diskussion angesprochenen Brenner-Basis-Tunnel hatte der glühende Europäer eine Antwort und sagte: „Grundsätzlich brauchen wir diesen. Wenn die Schnellbahnen von Budapest nach Paris und von Berlin nach Rom sich in München kreuzen, dann ist das für Bayern eine Chance“. Aufklärend wirkten auch die Empfehlung zur Europa-Wahl. „Genauso wie der Bundeskanzler vom Parlament und nicht vom Bürger direkt gewählt wird, ist das im Europa-Parlament. Dass Manfred Weber als Bayer nach den letzten Wahlen als Spitzenkandidat nicht den Kopf in den Sand gesteckt hat und nach wie vor als einflussreicher Politiker für Bayern und für Europa zur Verfügung steht hat eine hohe Wertschätzung verdient – über verschüttete Milch sollten wir nicht weinen!“.
Regionaler und europäischer Genusskorb von Priener Gastgebern
CSU-Ortsvorsitzender und Zweiter Bürgermeister von Prien Michael Anner junior, der im Hotel Bayerischer Hof unter den vielen Gästen auch die Ehrenbürger Renate Hof und Michael Anner, Bürgermeister und Delegationen aus Rimsting, Bernau und Aschau sowie Vertreter der Sudetendeutschen Landmannschaften begrüßen konnte, überreichte Dr. Bernd Posselt einen kulinarischen Genusskorb, der dank von Produkten von der Tiroler Käserei Hatzenstädt über den Regionalmarkt Kollmannsberger bis zum Priener Wastlhof europäisch und regional gleichermaßen war. Auch nach dem offiziellen Ende stand Dr. Bernd Posselt für persönliche Gespräche und für die Widmung seines Buches „Bernd Posselt erzählt Europa – Geschichte und Personen – Bauplan und Visionen“ zur Verfügung..
Fotos: Hötzelsperger – Eindrücke von der Europa-Veranstaltung mit Dr. Bernd Posselt in Prien a. Chiemsee.