Kardinal Reinhard Marx sieht Reformbewegungen innerhalb der katholischen Kirche auch nach dem gerade von vielen katholischen Laien als enttäuschend empfundenen Abschluss der Weltsynode in Rom im Aufwind. Das dort verabschiedete Dokument sei ein „Türöffner“, betonte der Erzbischof von München und Freising, der auch der Freisinger Bischofskonferenz vorsteht, am Freitag, 15. November, in Ohlstadt bei der Herbstvollversammlung des Landeskomitees der Katholiken in Bayern. „Es gibt keinen Weg zurück.“ Mit Blick auf eine Ordination von Frauen sagte Marx: „Niemand kann erwarten, dass sie in den nächsten Jahren kommt.“ Er gehe aber davon aus, dass in der Zukunft auch Frauen zu Priestern geweiht würden. „Das wird kommen.“
Generell gelte es, „dezentraler zu werden, ohne die Einheit als Ganzes zu gefährden“, so der Kardinal. „Wir werden den Synodalen Weg weitergehen – dazu müssen wir aber auch überlegen: Wo wollen wir hin.“ Ebenso müssten die passenden Rahmenbedingungen geschaffen werden: „Auch strukturell müssen wir etwas tun für mehr Verantwortung aller.“
Die Präsidentschaftswahlen in den USA bezeichnete der Erzbischof als „tiefen Einschnitt für die politische Kultur“. Der Republikaner Donald Trump sei durch „Lügen“ und „Skrupellosigkeit“ an die Macht gekommen, kritisierte er. „Ich glaube nicht, dass eine Diktatur entsteht, aber das ist ein Türöffner.“ In jedem Fall bedeute es eine „geopolitische Veränderung“, weil nun nicht mehr das Weltgemeinwohl und internationale Abkommen im Zentrum stünden, sondern einseitige nationale Interessen. „Damit geht die Welt nicht unter, aber das fordert uns sehr heraus.“
Vergleichbare politische Verhältnisse wie in den USA schließt Marx für Deutschland aus. „Trotz aller Härten sehe ich viele Brücken und einen Grundkonsens“, zeigte er sich für den nach dem Bruch der Ampelkoalition an Dynamik gewinnenden Wahlkampf optimistisch. (uq)
Bericht: Erzbischöfliches Ordinariat – Foto: Rainer Nitzsche (Petersdom in Rom)