Land- & Forstwirtschaft

Veranstaltungsreihe Lebensmittel-Verschwendung des AELF

„Können wir es uns weiter erlauben, jedes Jahr pro Kopf und Nase 65 Kilogramm unverdorbene, brauchbare Lebensmittel wegzuwerfen, also etwa zwei vollgepackte Einkaufswagen im Wert von rund 200 Euro?“ Franziska Schrägle vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Rosenheim (AELF) informierte sich bei den beiden Landwirtinnen Christiane Voggenauer und Rosina Gabriel in Frasdorf über das, was Nachhaltigkeit in der Praxis bedeutet und wie der Lebensmittelverschwendung in der Region durch geeignete Maßnahmen entgegengetreten werden kann. Die beiden jungen Bäuerinnen haben sich mit ihrem „Bergbauernwagerl“ in der Direktvermarktung ihres Rindfleischs und ihrer sonstigen landwirtschaftlichen Produkte selbstständig gemacht, sie besuchen regionale Bauernmärkte und schreiben das „Tierwohl und die Wertschätzung von Natur und Tier“ in ihren Betrieben groß. (wir berichteten)

Der Informationsbesuch von Franziska Schrägle in Unterwildenried war der Auftakt zu einer Veranstaltungsreihe des AELF mit Empfehlungen vor allem für die Hausfrauen, wie sich die ungezügelte Verschwendung an brauchbaren Lebensmitteln eindämmen lässt. Die Reihe beginnt mit einem Kochkurs „Lebensmittelreste“ am 28. April in Halfing und endet mit einem Familienbesuchs- und informationstag am 19. August auf dem Bergbauernhof von Christiane Voggenauer in Unterwildenried.

„Unser Ziel ist es, die Endverbraucher gegenüber der Lebensmittelverschwendung zu sensibilisieren“. Franziska Schrägle erkundigte sich bei den beiden Landfrauen, was sie denn selbst gegen die Lebensmittelvergeudung unternehmen und wie sie ihr Einkaufsverhalten im Sinne der Nachhaltigkeit ausrichten. „Als aktive Landwirtinnen haben wir und unsere Familien vieles zur Verfügung, was andere Familien nicht haben: einen eigenen Gemüsegarten, Obstbäume und Beerensträucher, einen Hühnerstall und natürlich alles aus dem Kuhstall – Milch und Fleisch. All das ist frisch und kann durch entsprechende Techniken haltbar gemacht werden. Diese Techniken, wie Einwecken, Einkochen, Einpökeln oder Fermentieren sind für alle erlernbar“. Alles, was auf dem Familienspeiseplan darüber hinaus geht, muss natürlich eingekauft werden, hier gelten die üblichen Einkaufsregeln, wie für alle anderen Kunden auch. „Wir müssen bewusst einkaufen, uns nicht von Sonderangeboten blenden lassen und richtig einlagern“. Grundregel sei: zuerst informieren, was noch im Haus und im Kühlschrank vorhanden ist und das zuerst aufbrauchen, dann nur das einkaufen, was man braucht. Die Kenntnis der Lagerzeiten für Obst und Gemüse sei für die Verbraucher wichtig, genauso wie die Planung der Mahlzeiten, die Kalkulation der Portionen und der Umgang mit Lebensmittelresten. „Aus fast allem lässt sich noch etwas machen“.

Während des Gesprächs spielen fünf Kinder rund um die beiden Bäuerinnen, die kleine Josefine liegt mit ihren vier Wochen noch schlafend im Kinderwagerl. „Wir müssen unseren Kindern frühzeitig beibringen, was Nachhaltigkeit bedeutet und ihnen das kindgerecht vermitteln. Sie lernen sehr schnell, wo die Äpfel auf den Bäumen und die Johannisbeeren an den Sträuchern wachsen und dass Obst und Gemüse zu bestimmten Zeiten reif und genießbar sind. Erdbeeren gibt es halt nur zur Erdbeerzeit, danach kommt das andere Obst“. Den Kindern sei schnell bewusst, dass für ein Stück Fleisch auf dem Teller ein Tier sterben musste; aus Respekt vor diesem Tier sei es gar nicht möglich, nur bestimmte Teile zu essen und den größeren Rest als Abfall zu deklarieren und wegzuwerfen. Christiane Voggenauer erzählt, dass sie auch in ihrem Bergbauernwagerl ein verändertes Bewusstsein bei ihren Kunden feststellen konnte. „Die Leute haben sich während der Corona-Zeit wieder bedeutend mehr und dadurch ganz bewusst mit dem Kochen und dem Essen auseinandergesetzt, als vorher. Durch den lückenlosen Nachweis und die Zuordnung der einzelnen Fleischteile im Bergbauernwagerl zu einem ganz bestimmten Tier, durch die Nutzung aller Teile, sei es als Hackfleisch, in der Wurst, in Rindfleischfonds oder Suppen, werde den Kunden klar, dass eine Kuh nicht nur aus Filet und Lende bestehe und alles für den Verzehr genutzt werden kann.

„Lebensmittel sollen aus der Region kommen“, sind sich die Kunden am Bergbauernwagerl einig; „wenn die Kundschaft erkennen kann, dass die Tiere vor allem in Alm- und Weidehaltung aufgezogen werden und dass sie bis zum Schlachten ein artgerechtes Leben führen konnten dann ist sie auch bereit, ein paar Euro mehr zu bezahlen, wie für das gleiche Stück vom Discounter“.

Sieben Veranstaltungen sind in der Veranstaltungsreihe des AELF geplant:

  • Freitag, 28. April Kochkurs Lebensmittelreste in Halfing
  • Mittwoch, 10. Mai Kochkurs Herstellen und Haltbarmachen von Fonds in Prien
  • Montag, 17. Juli Workshop Gemüse fermentieren in Kolbermoor
  • Dienstag, 1. August Kochworkshop Altbackenes Brot verwenden in Wildenwart
  • Samstag, 19. August Von der Weide auf den Tisch – Familientag auf dem Bergbauernhof Unterwildenried, Frasdorf

Bericht und Fotos: Heinrich Rehberg


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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