„Aus einer Idee werden Gedanken. Aus Gedanken Worte. Aus Worte Taten und aus Deinen Taten wird Dein Fest.“ Dass einem Fest mentale und psychologische Gedankengebilde vorausgehen, hat die Gruppe nicht erwartet, die ins Bayerische Trachtenkulturzentrum Holzhausen gefahren ist, um zu Lernen wie man ein Trachtenfest, gleich welcher Größe, zielgruppengereicht feiert und gestaltet. Den Referenten Andreas Hilger und Michael Hauser ist es erstklassig gelungen, schon beim Einstieg in die zweitägige Gedankenarbeit dank ihrer Kompetenz und Lässigkeit eine Lehr- und Lernstimmung zu verbreiten, die ohne Hemmungen und mit viel Freude abging. Am Sonntagabend hatten die 24 Teilnehmer aus fünf Trachtengauen Michi Hausers Einstiegs-Theorie soweit verinnerlicht, dass sie mit ihrem persönlichen „Fest im Kopf“ heimgefahren sind.
Es gibt viele Gründe, warum in bayerischen Trachtengauen der Brauch der alljährlichen Gaufeste rückläufig ist: Entscheidungsträger mit Festerfahrung werden weniger, die „Manpower“ in den Vereinen fehlt, gesellschaftliche Strukturen verändern Vereine in Großstadtnähe, es gibt auch Gaue, die über mangelnde Besucherzahlen bei großen Veranstaltungen klagen … hingegen andere immer mit vollem Haus (bis zum 8.000-Mann-Zelt) rechnen und kalkulieren können. In Abwägung vieler Argumente ist deutlich geworden, wie sich vorwiegend regionale Unterschiede auf die früher homogene Trachtenbewegung auswirken, das heißt in Klartext: Egal ob Heimatabend, Trachtenfest oder mehrtägiges Gaufest, Veranstalter heute müssen vor jeder Veranstaltung ihre Wünsche und Vorstellungen an den regionalen Eigenheiten messen und mit ihrer Liebe zum Brauchtum den Spagat zwischen Einst und Jetzt schaffen.
Zwischen Ziel und Entscheidung
Mit Andreas Hilger, dem Musikwart für Blasmusik beim Chiemgau Alpenverband (d‘ Gederer Rottau), zugleich Sachausschussvorsitzender für Volksmusik und Volkslied im Bayerischen Trachtenverband und Mitwirkender im Festring München (Oide Wiesn-Organisation), und mit Michael Hauser, stellvertretender Vorsitzender und Festberater vom Gauverband I aus Peterskirchen, hatten zwei erfahrene „Feste-Macher“ das Seminar qualifiziert in der Hand. Man kann salopp sagen, dass sie mit allen Wassern gewaschen sind und auch noch mit dem Quäntchen Humor ausgestattet, um das Riesenthema auf eine breite Basis zu stellen. Dabei ist es ihnen gelungen, die unterschiedlichsten Fragen zu beantworten, Tipps zu geben, im Teamgespräch Sachfragen zu diskutieren, aber auch die Sorgen mancher Festveranstalter und deren Berührungsängste mit Großveranstaltungen abzubauen.
Im ersten Themenblock sind die mentalen Voraussetzungen gebündelt worden zwischen Ziel und Entscheidungen. Da ging es zum Beispiel um den Mut zu Konsequenzen. Aber auch um das Selbstvertrauen der Entscheidungsträger und zu deren guten Beziehungen im Verein, um die Mitglieder mitzunehmen auf dem langen Weg zum Fest und sie mit Aufgabenbereichen zu betrauen, die ihnen gut von der Hand gehen. – Das ist das Geheimnis, die Zeit der intensiven Arbeit vor dem Fest entspannend zu gestalten, damit auch alle Mitwirkenden Freude empfinden für einen engagierten Einsatz.
Unkosten contra Einnahmen
Ein zweiter Block galt den technischen Voraussetzungen, an denen kein Fest vorbeikommt. Ein Fest soll nicht nur kosten, sondern auch die Vereins- oder Gaukasse klingeln lassen. Beim Trachtenfest könnten die Vereine das Risiko nicht konkret erkennen, weil die Besucherzahl eine unbekannte Komponente ist. Hingegen beim Gaufest durch die Teilnahme der Gauvereine schon mal die Besucherzahlen transparenter daherkommen und damit auch Planungen wie Zeltgröße und Verpflegung leichter einschätzbar würden.
Es gab Ratschläge und Tipps für den Umgang mit Gema-Gebühren, für Versicherungen, die bei jedem Fest wieder individuelle Bereiche abdecken müssen. Die Abstimmung mit dem Finanzamt dürfe nicht vergessen werden. Ein Info-Gespräch mit dem Vereins-Steuerberater könne nicht früh genug stattfinden. Vorab lohne es sich, den „Leitfaden für Vereinsfeste“ zu lesen. Die 45-seitige Broschüre kann bei der Bayerischen Staatskanzlei kostenlos unter www.bestellen.bayern.de abgerufen werden. Heißes Thema, weil neu und ohne bisherige Erfahrungswerte, sind die Sicherheitskonzepte, die künftig eingehalten werden müssen. Hierzu bekommen Vereinsveranstalter auch in ihren zuständigen Rathäusern Auskunft.
Die Organisationsstrukturen – so ist schnell klargeworden – sind eng vernetzt mit dem Ziel des Festes und der geplanten Größe. Dass zuerst die Veranstaltungstermine festgeschrieben und in der öffentlichen Wahrnehmung verankert werden sollen, bildet die Basis für Festzelt und Festwirt. Dann sind die Öffentlichkeitsarbeiter gefragt, die vor, während und nach dem Fest mit den Medien (auch Funk, TV, Facebook) im regen Austausch sind, die den Anzeigenapparat ankurbeln für die Werbung in Festschrift und auf Flyer, Plakat und ähnlichem.
Mit einer Themensammlung für die Festtage, mit Vorschlägen für Musiken, für kulturelle Einlagen, für begleitende Nebenschauplätze wie Trachtenmarkt, Theater, Musik, Gewandschau … ging der zweite Seminartag viel zu schnell zu Ende. Zusammenfassend noch Ratschläge der Referenten: „Bestellt einen Festleiter, der den roten Faden in der Hand hält und als Entscheidungsträger fungiert, wenn die Meinungen im Festausschuss (maximal zehn bis 12 Personen) auseinanderdriften.“ Und schmunzelt der Hauser Michi, dessen Festzelt im vergangenen Jahr 8.000 Personen fasste: „Wer groß denkt, erreicht Großes. Lasst Euer Fest groß werden!“
Wer Freude am Organisieren und Liebe zur Trachtensach‘ hat, findet im 45-seitigen Seminarprogramm vom Bildungshaus des Bayerischen Trachtenverbands in 84144 Geisenhausen – Holzhausen einen reichen Schatz an Fort- und Weiterbildung. Übrigens gibt es 2019 wieder ein Seminar zum Thema „Feste feiern“. Mehr unter www.trachtenverband.bayern
Unsere Bilder zeigen, wie es beim ersten „Feste feiern und gestalten“ auf und zuging.
Bericht und Fotos: BEATE BENTELE