Herbstvollversammlung der bayerischen Bischöfe in München vom 29. bis 30. November 2023
Politische Situation in Bayern nach der Landtagswahl
Bei ihrer Herbstvollversammlung haben die bayerischen Bischöfe die politische Situation in Bayern nach der Landtagswahl im Oktober thematisiert. Sie zeigten sich erschrocken über ein Erstarken politischer Kräfte, die menschenverachtende Positionen vertreten, und appellieren an die Regierenden und an alle Parteien des demokratischen Spektrums, Populisten und Extremisten entschieden entgegenzutreten. Gegenüber Rechtsextremisten müsse eine klare Grenze gezogen werden. Die Bischöfe machten zudem deutlich, dass es für Christen nicht akzeptabel sei, Parteien zu wählen, die nationalistische, rassistische oder antisemitische Meinungen verbreiten oder in ihren Reihen dulden. Die Bischöfe können nicht erkennen, wie jemand mit einer solchen Gesinnung Verantwortung in der Kirche übernehmen könnte. Sie sind besorgt um die Demokratie, da es Parteien gebe, welche die freiheitliche Grundordnung nutzten, um diese letztlich abzuschaffen. Zu diesen Parteien müsse die Alternative für Deutschland gezählt werden. Die Beobachtung der Partei durch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz mache deutlich, dass es begründeten Anlass gebe zu der Annahme, dass die AfD verfassungsfeindlich sei.
Die Bischöfe betonten mit Blick auf die Entwicklung der politischen Landschaft die Relevanz des Kompetenzzentrums für Demokratie und Menschenwürde, dessen Verstetigung und Ausbau die Freisinger Bischofskonferenz im November 2019 beschlossen hatte. Das Kompetenzzentrum versteht sich als Bindeglied katholischer Institutionen und Strukturen in Bayern. Es tritt extremistischen, rassistischen und menschenverachtenden Tendenzen durch vielfältige Bildungs-, Beratungs- und Vernetzungsarbeit entschieden entgegen und stärkt Menschen und Einrichtungen in dieser Auseinandersetzung. Das Zentrum leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Demokratie.
Interreligiöser Dialog
Mit dem Überfall der terroristischen Hamas auf Israel vom 7. Oktober hat sich die Situation für einen interreligiösen Dialog auch in Deutschland verändert. Ein konstruktiver Dialog sei nur möglich, wenn er auf der verbindlichen gemeinsamen Grundlage erfolge, dass alle Menschen gleich an Würde sind. Es sei Blasphemie, den Namen Gottes gleichzeitig mit dem willkürlichen Abschlachten von Menschen zu nennen, wie es am 7. Oktober geschehen ist. Es sei nicht möglich, einen interreligiösen Dialog mit Gruppen zu führen, die dieses Verbrechen nicht eindeutig als solches benennen. Voraussetzung für einen Dialog seien verlässliche und vertrauenswürdige Gesprächspartner auf der muslimischen Seite, die deutlich machten, dass sie Taten wie die der Hamas nicht relativieren oder das Existenzrecht eines ganzen Landes bestreiten. Interreligiöser Dialog bleibe ureigene Aufgabe der Religionsgemeinschaften, die nicht staatlich verordnet werden könne, sondern von diesen gemeinsam gelebt werden müsse. Der Dialog trage zu einem friedlichen Zusammenleben in einer Gesellschaft bei. Für die bayerischen Bischöfe steht unverbrüchlich fest, dass Christen und Juden Schulter an Schulter stehen. Dies gelte besonders für die Situation in Deutschland, wo der Antisemitismus und die Gewalt gegen Juden in den letzten Monaten in erschütterndem Ausmaß erstarkt seien.
Katholische Hochschullandschaft
Bei absehbar sinkenden Kirchensteuereinnahmen wird es für die in der Freisinger Bischofskonferenz vertretenen (Erz-)Diözesen immer schwieriger, den Erhalt und die Förderung der kirchlichen Hochschulen in Bayern sicherzustellen. Die bayerischen Bischöfe erkennen an, dass diese nachweislich über ein hohes Renommee sowie qualitativ hochwertige Studien- und Forschungsangebote verfügen. Aus dem Überdiözesanen Fonds Bayern finanzierten die bayerischen (Erz-)Diözesen Hochschulen und Universitäten im Jahr 2022 mit mehr als 27,7 Millionen Euro. Allein für die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt liegen die eingebrachten kirchlichen Mittel im Jahr 2023 bei rund 21,6 Millionen Euro. Die Bischöfe betonten, dass die kirchlichen Hochschulen der gesamten Gesellschaft zugutekämen, da sich ihr Angebot an alle Studierenden richte, unabhängig von ihrer Konfessions- oder Religionszugehörigkeit. Beide Hochschulen tragen dazu bei, dass in wichtigen Bereichen wie der Lehrerausbildung oder in sozialen Berufen fachlich qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Zudem stellt die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt in der Region zwischen Nürnberg und München einen wichtigen Faktor zur Landesentwicklung dar.
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Die Bischöfe informierten sich über die positive Entwicklung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU), die seit Juni 2023 Mitglied in der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ist. Die DFG fördert Spitzenforschung und ist die maßgebliche Institution der Forschungsförderung in Deutschland. Die Aufnahme stellt für die KU eine unabhängige Bestätigung ihrer wissenschaftlichen Leistungen dar. Ein Beispiel für die Profilierung der Forschungsleistungen der Universität ist der Aufbau des Mathematischen Instituts für Maschinelles Lernen und Data Science (MIDS), das im Juli offiziell eröffnet wurde. Derzeit forschen und lehren am MIDS ein Kreis von Professorinnen und Professoren sowie ein Dutzend Nachwuchswissenschaftler zu den Themen KI, Data Science und Maschinelles Lernen. Ziel ist es, wissenschaftliche Grundlagen zu schaffen, um die Potenziale von Digitalisierung auszuschöpfen, sie verantwortungsbewusst weiterzuentwickeln und jungen Menschen etwa die Grundlagen der Künstlichen Intelligenz zu vermitteln.
Katholische Stiftungshochschule München
Die Bayerischen Bischöfe begrüßten die Entwicklung der Katholischen Stiftungshochschule München (KSH), die auf der Spitzenposition als Profilhochschule mit den höchsten Studierendenzahlen im Bereich der Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsberufe in Bayern rangiert. Sehr gute Bewertungen in den einschlägigen Hochschulportalen und Rankings belegen eine hohe Lehr- und Studienqualität der KSH. Mit neuen zukunftsweisenden Angeboten wie dem Masterstudiengang „Community Health Nursing“, den Weiterbildungen im „Quartiers- und Generationenmanagement“ oder „Brückenkursen“ für Immigrantinnen und Immigranten greift die KSH gesellschaftliche Entwicklungen auf und setzt nachhaltige Impulse zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung und der Sozialstrukturen. Neben der akademischen und zugleich praxisnahen Qualifizierung von Fachkräften ist es der KSH mit der spezifischen finanziellen Förderung der Bayerischen Bischöfe – etwa durch die Finanzierung des Kompetenzzentrums „Zukunft Alter“ – gelungen, ihr Leistungsportfolio im Bereich der anwendungsorientierten Forschung und Entwicklung sowie des Transfers in die berufliche Praxis, in Gesellschaft und Kirche hinein systematisch auszubauen.
Die Bischöfe zeigten sich erfreut, dass die KSH mit ihren Praxisnetzwerken und relevanten Forschungsleistungen wesentlich zur Fachkräftesicherung im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesen beitrage. Sie entfalte dort Wirkung, wo alte, kranke und generell hilfebedürftige Menschen Unterstützung brauchten. Hochschulische Bildung und Forschung im Bereich der Arbeit mit und für Menschen, wie die Soziale Arbeit, die Kindheitspädagogik, die Pflege, das Hebammenwesen oder die religiöse Bildung, seien Ausdruck eines christlichen Welt- und Menschenbildes und deshalb besonders förderungswürdig.
Religionsunterricht
Die bayerischen Bischöfe betonten die Wichtigkeit des konfessionellen Religionsunterrichts. Er ermögliche religiöse Grundbildung, erschließe den Glauben im Dialog und fördere die religiöse Sprach- und Urteilsfähigkeit. Von besonderer Bedeutung sei er gerade heute für die Vermittlung von Werten, Überzeugungen und Haltungen. Der Religionsunterricht eröffne im Schulalltag den Raum für Sinnfragen, die in anderen Fächern so nicht gestellt würden. Die Bischöfe möchten den Religionsunterricht sichern in einer Zeit, in der die Zahl der Lehrkräfte, wie in anderen Fächern auch, an bayerischen Schulen voraussichtlich weiter abnehmen wird. Sie befürworten deshalb eine weiterhin enge Abstimmung mit der Evangelischen Landeskirche zur Weiterentwicklung konfessioneller Kooperation beim Religionsunterricht an Grundschulen.
Geschäftsbericht des Überdiözesanen Fonds Bayern 2022 und Haushalt 2024
Aufgrund der weiter kritischen Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, sinkender Einnahmen aus der Kirchensteuer und tendenziell steigender Ausgaben hat die Freisinger Bischofskonferenz für den Haushalt 2024 wie bereits 2023 eine Nullrunde beschlossen. Das für 2024 geplante Volumen des Überdiözesanen Fonds Bayern (ÜDF) beträgt 42,5 Millionen Euro.
Den Bischöfen wurde in einer Sonderkonferenz aus den von ihnen eingesetzten Arbeitsgruppen berichtet, welche eine zukünftige Finanzierung der drei großen Zuschussnehmer des ÜDF jeweils in den Blick genommen hatten. Sie sind zuversichtlich, dass der weitere Bestand und eine gute Entwicklung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, der Stiftung Katholische Bildungsstätten für Sozialberufe in Bayern und der Katholischen Akademie in Bayern gesichert werden können. Die bayerischen Bischöfe unterstreichen ihre Wertschätzung des Beitrags dieser drei Institutionen für das kirchliche Leben, die Gesellschaft insgesamt und besonders für das Leben der Menschen, die dort unmittelbar Zugang zu Bildung von hoher Qualität und die Möglichkeit zur Teilnahme am gesellschaftlichen und kirchlichen Diskurs erhalten.
Über den ÜDF finanzieren die bayerischen (Erz-)Diözesen zusätzlich zu dem Engagement in ihren jeweiligen eigenen Bereichen ihr gemeinsames überdiözesanes Wirken für kirchliche, mildtätige und gemeinnützige Zwecke, die selbstverständlich allen Menschen offenstehen. Der ÜDF förderte im Berichtszeitraum des Jahres 2022 mit einem Etat von rund 41,7 Millionen Euro mehr als 60 Institutionen. Mit 27,7 Millionen Euro (66,5 Prozent) floss der weitaus größte Teil der Mittel in die Hochschulen und Universitäten. 4,9 Millionen Euro (11,9 Prozent) kamen Schule, Fort- und Erwachsenenbildung zugute. Verbände und Einrichtungen der Seelsorge erhielten 2,6 Millionen Euro (6,2 Prozent), Soziale Verbände und Einrichtungen 1,5 Millionen Euro (3,6 Prozent). Die weiteren Kostenanteile waren Kommunikation und Medien (1,4 Millionen Euro, 3,3 Prozent) sowie Gemeinsame Aufgaben (3,5 Millionen Euro, 8,5 Prozent).
Zuschüsse erhalten aus dem ÜDF neben den Hochschulen oder der Katholischen Akademie Bayern auch Einrichtungen wie die Landesstelle für Katholische Jugendarbeit. Landesverbände etwa des Sozialdienstes katholischer Frauen oder des Katholischen Deutschen Frauenbundes sind ebenfalls Zuschussnehmer. In diesem Zusammenhang würdigten die Bischöfe das vielfältige und große Engagement von ehrenamtlichen Frauen und Männern in den Verbänden. Der Zweckverband ÜDF Bayern verfügt über kein eigenes Vermögen, sondern er finanziert sich ausschließlich aus den Einzahlungen der bayerischen Diözesen, die ihrerseits ihre ÜDF-Beiträge aus Kirchensteuern finanzieren. Bei dem vorliegenden Jahresabschluss und Lagebericht für 2022 kommen nun zum fünften Mal die Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) vollständig zur Anwendung. Jahresabschluss und Lagebericht sind veröffentlicht unter https://www.erzbistum-muenchen.de/finanzen/ueberdioezesane-aufgaben.
Bericht: Erzbischöfliches Ordinariat – Foto: Hötzelsperger (aus dem Dom von Freising)