Über 60 Jahre war für Maria und Karl Kreidl aus Höhenmoos ihr Dorf-Wirtshaus ein Haus des Lebens und der Begegnungen, nun ist es seit einem Jahr aufgrund des Corona-Virus ein Haus der Stille und Erinnerungen. Was das für den 95jährigen Karl und seine acht Jahre jüngere Frau Maria bedeutet, erklärten sie bei einem Rundgang durch ihr Gasthaus. Und immer wieder machten sie Halt und sagten: „Hoffentlich können wir bald wieder aufsperren und wieder Gäste begrüßen“.
Vor 61 Jahren heirateten Maria und Karl, im Jahr 1973 wurde von Karls Mutter Katharina (geborene Lengauer) die Führung der Wirtschaft übergeben. „Mein Vater starb schon mit 56 Jahren, wir waren fünf Geschwister und wir halfen alle zusammen. Gerade nach dem Krieg gab es viele Umbauten in Küche, im Saal und für Gästezimmer, damit hatten wir beste Voraussetzungen für eine lange und gute Geschäftszeit neben der Landwirtschaft“ – so Karl Kreidl. Lange hielt auch die Verbindung mit der Schlossbrauerei in Hohenaschau, dazu sagte er: „Von Anfang an war die Brauerei der Familie von Cramer-Klett unser Lieferant, bevor wir selbst einen Eiskeller bekamen wurde uns auch noch mit Pferden das Eis zur Kühlung des Bieres aus Achenmühle geliefert. Bei der 400-Jahr-Feier der Brauerei waren wir als treue Abnehmer eingeladen und wir hörten erst mit Aschauer Bier auf als die Brauerei aufgelöst wurde, heute sind wir brauerei-ungebunden.“
Im Gasthaus Kreidl war Jahrzehnte allerhand los
Karl Kreidl erinnert sich noch gut als kurze Zeit im Rahmen der Fahrten „Kraft durch Freude (KdF)“ ganze Sonderzüge, die in Achenmühle hielten, nach Höhenmoos kamen. „Das waren lustige Abende mit Musik und Trachtenverein, denn es waren überwiegend junge Damen zu Gast. Mit den Abenden wechselten wir uns mit der damaligen Wirtschaft in Achenmühle ab, diese wurde damals auch von meiner Großmutter gebaut, dort sogar mit einer eigenen Metzgerei“ – mit diesen Erinnerungen kommen Maria und Karl ins Schwelgen, denn in der Nachkriegszeit florierte das Höhenmooser Gasthaus. Da gab es Kaffee- und Faschingskranzl, Theateraufführungen sowie Ortsvereins-Veranstaltungen und einen regen Stammtisch, ganz besonders gerne erzählt Maria von den Hochzeiten: „Brautpaare kamen überaus viele zu uns, auch aus Lauterbach und Umgebung, nach dem Krieg war das gar nicht so einfach, denn in den ersten Jahren gab es noch die Lebensmittelmarken. Bei der ersten Hochzeit brachte der Bauer als Brautvater das Fleisch für die Hochzeitsgesellschaft noch selbst mit“. Die Arbeiten waren nicht leicht und zeitraubend zumal ein paar Türen weiter die Stalltür war und jeden Tag das Vieh mit Füttern und Melken versorgt werden musste. Erst vor zehn Jahren wurde die Landwirtschaft beendet, daran erinnerten im letzten Jahr noch wiederkehrende Schwalben, dazu Maria: „Es wäre schön, wenn heuer wieder die Schwalben in ihre Nester im Stall und im Wirtshausgang aufsuchen würden“.
„Es muss ja nicht gleich wieder so zugehen wie in den besten Jahren“
Neu nach dem Krieg war auch die Gaststube in Parterre. Dort trafen sich die Bauern und Vereinsvertreter regelmäßig, oft kamen auch Handwerksburschen vorbei, denn früher war es üblich und auch vorgeschrieben, dass zum Beispiel Korbmacher für einige Tage in den Tafernwirtschaften aufgenommen werden mussten. Bald kam es zu regelmäßigen Veranstaltungen wie dem Preisschafkopfen oder dem Bohnenknödel-Suppen-Essen am Aschermittwoch. Diese Zusammenkünfte würden Maria und Karl sofort wieder machen, wenn es wieder erlaubt ist. „Es muss ja nicht mehr so arg zugehen wie in den Jahren und Zeiten als wir die Volksmusikalischen Fortbildungswochen und die Beherbergung von Goethe-Instituts-Gästen aus aller Welt hatten. In diesen Zeiten kam es schon vor, dass wir zwischen Küche, Saal und Stall nur ein paar Stunden Schlaf hatten“. Bei einem Rundgang durch das große Haus weisen die Wirtsleute auf viele Erinnerungen hin. Dazu gehören der aufgeräumte Saal, die Gaststube mit einer kleinen Schenke, die Gästezimmer, der Gang zum Bier- und Weinkeller und der ehemalige Stall. „Das Wirtshaus könnten wir sofort wieder öffnen, wir müssten bloß dürfen“ – so Maria und Karl Kreidl, die in eigenen Räumen viele Erinnerungsstücke von Stammtisch-Brüdern, Urlaubsgästen und vergangenen Zeiten schön sortiert haben. „Das Pflegen unserer Sachen und Zimmer ist eine von derzeit kleinen Aufgaben, möge es bald wieder Größeres zu tun geben“ – so Maria Kreidl mit ein bisschen Corona-Wehmut.
Genau verfolgen die betagten, aber rüstigen Wirtsleute den Verlauf der aktuellen Pandemie und Einschränkungen. Karl macht sich täglich auf seinen Spaziergang rund um Höhenmoos und wenn er wieder zurück ist, freut er sich auf seinen vielfältigen Lesestoff und ganz besonders darüber, wenn zum Ratschen Jemand aus der lieben Nachbarschaft kommt.
Fotos: Hötzelsperger – Eindrücke vom Besuch beim Gasthaus Kreidl
- Verschiedenen Räumlichkeiten, z. B. leerer Saal, alter Stall
- Erinnerungen
- Maria und Karl Keidl
- 400-Jahr-Feier 1949 Schlossbrauerei Hohenaschau