Brauchtum

Erinnerung an Franz Strohmayer – Schuhplattler und Streichenwirt

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Von Richard Prasser, GTEV Schleching  –  Mein Freund und Schulkamerad Franz Strohmayer war mit Leidenschaft Schuhplattler und Koch. Sein plötzlicher Tod hat sich ganz schnell im Achental und darüber hinaus herum gesprochen. Auch ich erfuhr noch an seinem Sterbetag 12.11.2020 Vormittags von seinem plötzlichen Ableben. Da kam mir gleich dieses Foto in den Sinn, hinter dem sich ein besonderes gemeinsames Erlebnis verbirgt, das in Vergessenheit geraten ist. Liegt ja auch schon über 50 Jahre zurück.

Fünf junge Schlechinger Schuhplattler und „da Gamsei“ mit seiner Familie aus Grassau haben im Jahre 1969 einen Engagementvertrag mit Karl Buchmann dem Inhaber des „Deutschen Eistheaters „ geschlossen. Karl Buchmann hat damals die viel bekannte Operette „Im weißen Rößl“ in ein neues Licht gerückt. Die Aufführungen spielten sich auf einer Eisfläche von 550 qm ab. Eine weitere Besonderheit war, dass die Hauptdarsteller ehemalige erfolgreiche Spitzensportler im Eispaarlauf und Eiskunstlauf waren. Manfred Schnelldorfer im Bild rechts gewann u.a. 1964 die Goldmedaille im Eiskunstlauf bei der Olympiade in Innsbruck und wurde in diesem Jahr auch Weltmeister.

Mit dabei das legendäre Eiskunstlaufpaar Marika Kilius und Hans Jürgen Bäumler. Bäumler war auch Schauspieler, Schlagersänger und Fernsehmoderator. Die sportlichen Erfolge u.a. 4 x Deutsche Meister, 2 x Weltmeister, 6 x Europameister, Olympisches Silber in Squaw Valley und Innsbruck. Am 20.10.1969 haben sich die fünf Schlechinger Buam, wie wir im Programmheft genannt wurden, mit zwei Pkw auf den Weg nach Berlin gemacht. Wir waren damals noch nicht Volljährig. 4 Buam 20 Jahre alt und einer 17. Franz Strohmayer (Streichei), Franz Bachmann (Weidlinger), Albert Friesinger, Sepp Schnaiter (Rappei) und Richard Prasser. Wir mussten bei unserer Reise die Grenze zur DDR passieren und wurden richtig gefilzt. Außer unserer Tracht hatten wir auch die Utensilien für den Original Holzhacker dabei.

Am 1.11.1969 war Premiere der Operette „Im weißen Rößl“ auf Eis in der Deutschlandhalle. Bis dahin waren wir mit dem Proben beschäftigt. Diese haben sich aber hauptsächlich auf die Schlittschuhläufer (Eisballett) bezogen. Diese Veranstaltungen waren für jeweils ca. 7000 Besucher ausgelegt. Bei 10 Veranstaltungen pro Woche (7 x am Abend und zusätzlich 3 x am Nachmittag) waren das für uns sehr beeindruckende Besuchermassen. Die letzte Veranstaltung in Berlin war am 26.11.1969. Alleine in Berlin hatten rund eine Viertelmillion Besucher, nachdem nahezu alle Veranstaltungen ausverkauft waren, dieses Singspiel besucht. In jedem der drei Operettenteile (vor der Pause, nach der Pause und Finale) hatten wir unsere Schuhplattlereinlagen. Wir haben immer tosenden Applaus für unsere Auftritte erhalten, vor allem  beim Original Holzhacker und dem Watschentanz mit „Gamsei“ in der Mitte. Es war nicht einfach auf dem Eis zu platteln. Es wurden viele Hilfsmittel ausprobiert die aber auch nicht viel brachten. Ausrutscher gab es immer dann wenn das Eis nicht fest durchgefroren war, beim Ausfall einer Eismaschine und wenn wir in eine andere Stadt umgezogen sind und das Eis noch frisch war.

Ein Vorteil war, dass wir nicht mit aller Kraft auf die Schenkel und Fußsohlen hauen mussten, weil die gesamte Operette, Musik, Platteln und Sprache über Playback beschallt wurde. Schon im Sommer 1969 wurden die Schuhplattler, in zum Teil anderer Besetzung, in einem Tonstudio in München aufgenommen. Von Berlin sind wir weiter gereist nach Hamburg und dort in „Planten un Blomen“ vom 29.11.69 bis 21.12.69 aufgetreten. Nach einer kurzen Weihnachtspause gastierten wir vom 25.12.69 bis 6.1.70 in der Rhein-Main-Halle in Wiesbaden. Ein Heimspiel hatten wir vom 9.1.70 bis 2.2.70 in der Bayernhalle auf der Theresienwiese in München. Am 28.1.1970 war auch die Musikkapelle Schleching mit auf dem Eis anlässlich des 28. Geburtstages von Hans Jürgen Bäumler. Die Tournee ging dann ohne mich weiter. Bin wegen der Liebe und unserer schönen Heimat nicht mehr mit gereist. Für mich ist Sepp Bachmann eingesprungen. Der aber dann in der nächsten Stadt Ludwigshafen zusammen mit Franz Strohmayer die Bühne wieder verlassen hat. Franz musste wegen der anstehenden Saison nach Hause in das elterliche Gasthaus. Die Tournee ging weiter auch in das europäische Ausland mit wechselnden Schuhplattlern. U. a. zwei aus Ruhpolding. Es war für uns alle eine sehr schöne Erfahrung und wir konnten dabei einige Großstädte in Deutschland gut kennen lernen.

Bericht und Foto: Richard Prasser – im April 2021

 

 

 

Bild

 

 

Reihe hinten v. l. nach rechts

Franz Strohmayer, Franz Bachmann, Josef Schnaiter, Hermann Bosch „da Gamsei“, Richard Prasser, Albert Friesinger

 

Reihe vorne v.l. nach rechts

Christian Bosch, Hans Jürgen Bäumler, Marika Kilius, Manfred Schnelldorfer, Hermann Bosch jun.

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Beiträge und Fotos sind urheberrechtlich geschützt!