Kultur

Erfolgreicher Auftakt bei den Thierseer Passionsspielen

Am Sonntag, dem 12. Juni 2022, ging die Premiere der Thierseer Passionsspiele über die Bühne. Nach fast einhundert Jahren kam eine Neuinszenierung mit einer aktualisierten Textfassung sowie einer Neukomposition in einem ebenfalls neu gestalteten Bühnenbild zur Aufführung. Mit besonders großer Spannung wurde die Passion in der Regie von Norbert Mladek erwartet.

Nahezu 600 Personen ließen sich die Premiere im Passionsspielhaus am Ufer des Thiersees nicht entgehen. Bereits am Vormittag fand der feierliche Einzug der Ehrengäste und der Festspielgemeinde in das Passionsspielhaus statt. Nach einem landesüblichen Empfang samt zahlreicher Vereine lauschte man dem hochwürdigen Erzbischof Dr. Franz Lackner beim Eröffnungsgottesdienst. Zu den weiteren Ehrengästen zählten Landesrätin Anette Leja, Bundesrat Sebastian Kolland, Bezirkshauptmann Dr. Christoph Platzgummer, Landtagsabgeordnete Barbara Schwaighofer, EU-Abgeordnete Barbara Thaler sowie Josef Hechenberger (Abgeordneter zum Nationalrat). Auch der in Meran geborene Autor Toni Bernhart ließ sich die Premiere nicht entgehen.

Feierlicher Auftakt in die Spielsaison

Bevor die Premiere der Passionsspiele um 13:30 Uhr startete, begrüßte der Thierseer Bürgermeister Rainer Fankhauser die Besucher:innen: „Nach zwei Jahren Pandemie und einem Krieg vor der Haustür rückt das Gelöbnis unserer Passion wieder in ein neues Licht. Umso wichtiger ist es uns heute, Sie nach der Vorstellung mit einem guten Gefühl zu entlassen.“ Offiziell eröffnet wurde die Premiere von Landesrätin Annette Leja, die sich im Rahmen ihrer Ansprache bei allen Beteiligten bedankte: „Die Passion verbindet Glaube, Tradition und Kunst in einer wundervollen Form.“ Trotz vieler Veränderungen bleibt eines auch bei der Neuinszenierung gleich: Die Begeisterung der Passionspieler:innen, die mit leuchtenden Augen auf der Bühne stehen. Sie war am Sonntag allerorts zu spüren. Das Zusammenspiel der Generationen ist auch sehr schön zu beobachten – vom kleinsten Kind bis zum ergrauten Opa ist alles auf den Beinen, um sich am Spiel der Spiele zu beteiligen. 

Neuer Text, neue Regie, neue Musik

Man hat sich viel vorgenommen in diesem besonderen Jahr, das merkt man der Aufführung an. Der Südtiroler Autor Toni Bernhart hat eine neue Textfassung geliefert, der Komponist und Arrangeur Josef Pirchmoser hat die Musik neu gedacht, der bekannte Regisseur Norbert Mladek hat die Neuinszenierung übernommen: Entstanden ist eine Passion der Emotionen, nicht der Attraktionen. Eine große Erzählung, die sich der Heilsbotschaft würdig erweist. Konnten die Hoffnungen von Seiten des Publikums erfüllt werden? Der tosende Applaus bei der Premiere lässt nur eine Antwort zu: Ja! Die einprägsamen Eindrücke, die man an diesem Theaternachmittag gewinnen darf, übertreffen alle Erwartungen.

200 Laiendarsteller:innen auf der Bühne

Die Darsteller:innen zeigen ein Spiel von höchster emotionaler Intensität – wie etwa Jesus-Darsteller Michael Juffinger, er ist zugleich der Obmann des Thierseer Passionsspielvereins. Seine Bühnenrolle muss er sich in diesem Jahr mit seinem Cousin Christian Juffinger und dem erst 13-jährigen Leo Lamprecht teilen. Alle drei verkörpern Jesus Christus in verschiedenen Lebensphasen und meistern diese herausfordernde Aufgabe mit Bravour. Auch der Teufel ist doppelt besetzt – mit einem Mann und einer Frau. Insgesamt stehen etwa 200 Spieler:innen auf der Bühne. Dass es sich dabei um Laiendarsteller:innen handelt, merkt man ihnen nicht an. Das mag einerseits am Talent der Thierseer zum Schauspiel liegen, andererseits am Regietalent von Norbert Mladek. „Die Thierseer haben sich den Proben mit größter Professionalität gewidmet. Unser gemeinsames Ziel ist es, das Publikum direkt anzusprechen“, betont der Regisseur. Hilfreich ist dabei sicherlich die Neufassung von Toni Bernhart – der Schriftsteller schafft es, durch eine klare Sprache eine Anknüpfung an die Gegenwart zu finden.

Aus der Leidensgeschichte wird eine Erfolgsgeschichte

Schlussendlich geht es dem Regisseur um die Frage, was die Passion uns heute zu sagen hat. Die Thierseer haben eine ganz eigene Antwort gefunden: Sie erzählen vom Miteinander der Menschen, vom gegenseitigen Vertrauen und von einer Zuversicht die Zukunft betreffend. Das Stück kann als eine Solidaritätsbekundung mit allen Opfern von Hass, Gewalt und Ausgrenzung gelesen werden. Gerade in Zeiten wie diesen ist ihre Botschaft eine wahre Wohltat für die Seele. Die Leidensgeschichte Christi wird in Thiersee als eine Erfolgsgeschichte erzählt. Sie endet nicht mit dem Tod, sondern mit der Auferstehung. Die Kreuzigung Jesu Christi steht folgerichtig nicht am Ende des Stückes, sondern markiert nur das Ende des ersten Teiles. Nach der Pause darf man weiter hoffen, auf die Erlösung. Diese ist jedenfalls auch in der Musik von Josef Pirchmoser zu finden: Er vereint 36 Musiker:innen im Orchester und 48 Sänger:innen im Chor zu einem Klangkörper, der seinesgleichen sucht.

Zusammenhalt ist groß

Ein starkes Zeichen für den Zusammenhalt setzt auch das Bühnenbild, das in 1.500 Stunden Arbeitszeit angefertigt wurde. Große Bögen spannen sich über die Bühne. Durch den wohl überlegten Einsatz von Licht und Bühnentechnik entsteht so ein wandlungsfähiger Raum, der das Spiel der Emotionen einrahmt. Das Kostümbild wiederum vertraut auf eine klassische Ausstattung. Wallende Haare prägen das Bild. Auch in Thiersee will es die Tradition so: Seit Probenbeginn wurden die Haare der Spieler:innen nicht geschnitten. Unter ihnen sind auch viele Kinder: „Es freut uns besonders, dass so auch die Zukunft der Thierseer Passionsspiele gesichert wird. Die Liebe zur Passion wird bei uns von Generation zu Generation weitergegeben“, erklärt Michael Juffinger. Die Beteiligten zeigen ein hohes Maß an Einsatz. Sie nehmen sich – neben Beruf und Familie – unzählige Stunden Zeit für die Proben. Michael Juffinger spricht daher allen Beteiligten seinen Dank aus: „Das Engagement ist sehr besonders. Ich möchte mich bei jedem Einzelnen bedanken und allen eine schöne Spielzeit wünschen.“

Von 12. Juni bis 2. Oktober 2022 kommt die Passion regelmäßig am Freitag, Samstag und Sonntag zur Aufführung. Die genauen Termine und Spielzeiten sind der Webseite www.passionsspiele-thiersee.at zu entnehmen. Tickets können einfach online reserviert werden.

Text: ofp kommunikation – Fotos: Alex Gretter / ofp kommunikation / Passionsspiele Thiersee

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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