Allgemein

ERFA Gleisanschluss Bayern in Ehingen

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Zum zweiten Mal in diesem Jahr traf sich eine Gruppe an Verladern mit Gleis­anschluss zum Erfahrungsaustausch bei einem ihrer Mitglieder. Im November lud die Denkinger Internationale Spedition die Teilnehmer der ERFA Gleisanschluss-Gruppe Bayern an ihren Standort nach Ehingen (Donau) ein. Der mit dem Deutschen Logistik-Preis 2024 gekürte Mittelständler bot den Gästen interessante Einblicke in den Standort Rottenacker und präsentierte den von der Bundesvereinigung Logistik prämierten Rail-Hub.

Gastgeber Simon Brunner, Geschäftsführer der Denkinger Internationale Spedition GmbH, lud Anfang November die ERFA Gleisanschluss-Gruppe Bayern zum aktiven Erfahrungsaustausch und zur Werksbesichtigung am Standort Rottenacker ein. Die Denkinger Internationale Spedition ist ein familiengeführtes Unternehmen mit rund 300 Beschäftigten. Aus der Firmenzentrale in Ehingen, rund 30 Kilometer von Ulm entfernt, steuert das vor 60 Jahren gegründete Unternehmen nationale und internationale Transporte und erbringt IT- sowie Logistikdienstleistungen. Für sein nachhaltiges Logistikprojekt „Rail-Hub“ wurde dem Mittelständler Ende Oktober in Berlin der begehrte Deutsche Logistik-Preis 2024 verliehen.

„Wir freuen uns, dass wir als Gastgeber dieser ERFA-Tagung Einblicke in unsere Schwerlastgüter-Logistik geben konnten. Wir haben unsere Logistik neu durchdacht, um beispielsweise möglichst viel Stahl auf die Schiene zu verlagern und unseren Kunden trotzdem ein hohes Maß an Agilität zu bieten“, erläutert Denkinger-Geschäftsführer Simon Brunner in seinen Einführungsworten. „Die Bahn als wichtiger Verkehrsträger spielt dabei eine große Rolle, um unseren Standort nachhaltig logistisch anzubinden und Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen.

Von alten Gleisen zu neuen Wegen

„Durch Eigenrecherche fanden wir den stillgelegten Gleisanschluss mit Industrieflächen in Rottenacker.“ Die Reaktivierung eines stillgelegten Gleisanschlusses war für den Mittelständler ein Meilenstein und damit war auch die Idee des Rail-Hubs geboren. Die Bauzeit und Inbetriebnahme konnte das Unternehmen gegenüber den ursprünglichen Planungen der Deutschen Bahn AG um eineinhalb Jahre verkürzen, „weil wir den Gleisanschluss in Eigeninitiative instandgesetzt haben“, berichtet Brunner weiter. „Die Deutsche Bahn hätte erst 2025 mit den Bauarbeiten begonnen.“ Der Trick dabei: Denkinger verlagerte die Anschlussgrenze in Absprache mit der DB-Netze um die beschädigten Weichen in ihren Bestand zu bringen. Somit konnten die Weiche zügig, auf eigene Kosten, erneut werden.

„Mit diesem Standort können wir nicht nur die Vision realisieren, den Norden mit dem Süden per Bahn zu verbinden. Er bildet gleichzeitig die Basis für intermodale Transporte und kombinierte Verkehre mit Verkehrsentlastungen für die Region und deutlichen CO2-Einsparungen.“ Das Ziel, den Transport von der Straße auf die Schiene zu verlagern, sei jedoch nicht nur ein ökologisches Bekenntnis gewesen, „sondern auch ein strategischer Zug, um die logistische Effizienz zu steigern“, zieht Brunner Bilanz. Er rechnet vor: „Ein einziger Ganzzug, der das Potenzial hat, bis zu 52 schwere Lkw zu ersetzen, steht exemplarisch für unseren effektiven Ressourceneinsatz.“

Am Nachmittag bei der Besichtigung des neues Rail-Hubs am Standort Rottenacker und des reaktivierten Gleisanschlusses konnten die ERFA-Mitglieder einen tieferen Einblick dazu erhalten. Daniel Rehm, Fördermittelberater und Projektleiter bei der Denkinger Internationale Spedition GmbH, führte die Teilnehmer durch das Denkinger Rail-Hub und über das weitläufige Gelände. Der zentrale Bestandteil des Rail-Hubs ist die zwei Kilometer lange Gleisanlage, die direkt durch die neugebaute Holzhalle führt. Güterzüge können dort mit Hallenkränen und Staplern entladen werden, alternativ auf der Freifläche mit Kranbahnen oder der LH60-Umschlagsmaschine. Das Rangieren der Waggons übernimmt ein Rangierroboter oder Zwei-Wege-Fahrzeug, unterstützt durch ein parallel angeordnetes Rangiergleis. Dabei steht der am Rail-Hub stationierte Fuhrpark aus E-Lkw für den Weitertransport bereit und wird durch die 1,3 Megawatt starke PV-Anlage versorgt.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor der ERFA-Treffen ist neben den Erkenntnissen aus den Abläufen vor Ort der Erfahrungsaustausch untereinander und die Beiträge im Rahmen von Gastvorträgen. So gab Helmut Wiesböck von Logistik Wiesböck GmbH in seinem Fachvortrag zum Thema „Erfahrungen im Hinblick auf Gleis- und Weichenmessungen im eigenen Gleisanschluss“ anschaulich praktische Tipps bei der Durchführung der Messung von Weichen und im Rahmen einer Gleisbegehung und erläuterte hierzu einen groben Fahrplan. Abschließend berichtete ERFA-Geschäftsführerin Dr. Agnes Eiband über die aktuellen Projekte und die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen sowie über ihre Moderation bei der 4. Gleisanschlusskonferenz des BME/VDV im Oktober in Wolfsburg.

Moderiert wurde das Treffen von Dr. Petra Seebauer, Geschäftsführerin der LKZ Prien GmbH und zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der ERFA Gleisanschluss GmbH in Bayern. Nach dem Treffen zeigte sich ERFA-Geschäftsführerin Eiband zufrieden: „Auch das Treffen heute hat wieder gezeigt, wie wichtig der persönliche Erfahrungsaustausch unter den Gleisanschließern ist. Der Austausch und die Diskussion in einem geschützten Raum über die gegenseitigen Erfahrungen und Herausforderungen zu eigenen Gleisanschlüssen bringt die beteiligten Mitglieder deutlich voran.“

Auf Initiative der Partner AnschlussBahnProfis Ingenieurbüro GmbH, Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik sowie der LKZ Prien GmbH wurde 2013 mit Unterstützung durch das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr die ERFA Gleisanschluss gegründet. Ziel ist es, dass Gleisanschließer ein Forum zum Austausch und Diskutieren erhalten, um sich in einem geschützten Raum über ihre Erfahrungen und Herausforderungen zu eigenen Gleisanschlüssen auszutauschen und untereinander von ihren Erfahrungen zu profitieren. Inzwischen zählt die ERFA bereits über 45 Mitglieder mit den ERFA-Gruppen in Bayern, Niedersachen und Sachsen-Anhalt.

Weitere Informationen zum ERFA Gleisanschluss unter https://www.erfa-gleisanschluss.de/.

Bericht und Foto: LKZ Prien (www.lkzprien.de)


Redaktion

Toni Hötzelsperger

Beiträge und Fotos sind urheberrechtlich geschützt!