Segnung durch Kardinal Marx
Aus dem Kloster St. Sebastian in Rosenheim wurde ein Wohnheim für Studierende. Die ersten zogen im Oktober vergangenen Jahres ein. Am heutigen Montagvormittag spendete Kardinal Reinhard Marx den kirchlichen Segen für die neue Einrichtung.
Nachdem sich zuerst der Kapuzinerorden und schließlich auch die Klarissen-Kapuzinerinnen im Jahr 2016 aufgrund von Nachwuchssorgen aus Rosenheim verabschiedeten, wurde mit dem Projekt ein neues Kapitel in der 400-jährigen Geschichte des Klosters St. Sebastian aufgeschlagen (wir berichteten). Mit dem Ziel, bezahlbaren Wohnraum für Studierende zu schaffen, wurde das Kerngebäude des ehemaligen Klosters generalsaniert. Zusätzlich wurde ein Neubau in Holzbauweise geschaffen. Die Gesamtkosten für das Bauprojekt liegen bei rund 8,4 Millionen Euro. Davon wurden 1,96 Millionen Euro über ein leistungsfreies Förderdarlehen des Freistaates Bayern durch das Bayerische Staatsministerium für Bau finanziert, eine weitere halbe Million Euro über einen Tilgungszuschuss eines Darlehens der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Insgesamt bietet das Wohnheim Platz für 60 Studierende. Dier ersten 22 zogen bereits im Oktober 2022 ein. Mit dabei war da auch die Erdingerin Magdalena. Sie studiert an der TH Rosenheim Pflegewissenschaften.
Magdalena wünschte sich eine Wohngemeinschaft, um Gemeinschaft erleben zu können. Ein WG-Zimmer unter 500 Euro zu finden ist aber in der Stadt gar nicht so einfach. Umso mehr freute sich die 18-jährige dann, als sie erfuhr, dass sie einen Platz im neuen Studierendenwohnheim an der Loretowiese bekommen soll. 380 Euro warm zahlt sie für ihr Zimmer mit eigenem Bad und Blick in den einstigen Klostergarten derzeit. Ab dem Wintersemester werden die Kosten auf 430 Euro angehoben. Immer noch O.K., findet Magdalena, insbesondere für einen Neubau. Darum hat sie auch gar nicht lange überlegt und sofort zugesagt, als das Angebot kam, ohne überhaupt vorher die Räumlichkeiten in Augenschein genommen zu haben. Das erste, was sie dann bei der Schlüsselübergabe gedacht hat war :“Wow. Eine grüne Insel mitten in der Stadt.“. Auch gut ein halbes Jahr nach ihrem Einzug fühlt sich die Studentin noch rundum wohl in dem neuen Studierendenwohnheim mit den kirchlichen Wurzeln. „Dieses Wohnheim hat eine ganz besondere Atmosphäre. Es ist eine andere Grundstimmung da“, meint Magdalena. Besonders gerne ist sie in der neuen Kapelle, in der jeden Mittwoch eine Meditation angeboten wird: „Der Aufenthalt dort tut einfach gut. Auch das trägt dazu bei, dass man sich hier gut aufgehoben fühlt“.
„Hier wird Transformation mit den Händen greifbar“, meint Monsignore Thomas Schlichting, Leiter des Seelsorgerressorts im Erzbischöflichen Ordinariat und Thomas Gruber, Amtschef im bayerischen Bauministerium sprach bei der Feierstunde von einem „selten schönen und großen Bauprojekt für Studierende. Architekt Thomas Krücke ließ bei der Feierstunde noch einmal kurz das Bauprojekt Revue passieren und sprach dabei auch eine der großen Herausforderungen an – die auf dem Grund des Klosters vermuteten Pestgräber. Deswegen wurden die Bauarbeiten bei Beginn archäologisch begleitet und tatsächlich fanden sich dann bei der ersten Baggerschaufel auch Knochen. „Zum Glück stellte sich heraus, dass es sich dabei nur um die Überreste eines Schweins handelt, das wohl vor langer Zeit einmal bei einer Feier im Kloster auf diese Weise entsorgt wurde. Wäre es anderes gekommen, hätte das für unsere Bauarbeiten eine lange Verzögerung bedeutet“. Unter den Studierenden, die nun im Wohnheim St. Sebastian wohnen, sind verschiedenste Kulturen, Sprachen und Religionen vertreten. „Das Miteinander klappt gut“, berichteten Hausleiterin Lisa Bierwirth und Hochschulseelsorger Karl Heinz Lehner. Wichtige Säulen der Einrichtung seien Gemeinschaftsgefühl und Partizipation.
Bevor Kardinal Reinhard Marx dem Studierendenwohnheim den kirchlichen Segen spendete, ging er auf die derzeit schwierige Situation der katholischen Kirche ein. Dadurch, dass die finanziellen Mittel der Kirche schrumpfen, würde vieles in Zukunft nicht mehr möglich sein, dessen müsse man sich bewusst sein. Marx war sich auch sicher, dass zukünftig nicht mehr alle kirchlichen Gebäude durch eine Neunutzung gerettet werden könnten. Einen Rückzug der Kirche auf das Kerngeschäft, also das Leben in den einzelnen Pfarreien, hält er aber dennoch für falsch. „Wir sind nicht nur für uns selbst da“, meinte er. Umso wichtiger seien deshalb Projekte wie das Wohnheim St. Sebastian, in denen ein universeller Geist spürbar werde.
Fotos & Text: Innpuls.me / Karin Wunsam