Kultur

Einladung in die Städtische Galerie Traunstein

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Auf den ersten Blick scheinen die ausgestellten Bilder auf zwei Stockwerken der Städtischen Galerie Traunstein im Kulturforum Klosterkirche alle gegenständlich zu sein – landschaftliche Elemente, Pflanzen, Gesichter, Figuren, Tiere, Gegenstände… Schnell aber erkennt der Betrachter, dass wohl mehr dahinter steckt, eine oder mehr weitere Bedeutungsebenen, wie auch der Titel der Ausstellung „Das Symbol – Erkenntnisse des Absoluten“ suggeriert.

Eine Rose kann keineswegs nur eine schöne Blume sein, son-dern als Symbol der Liebe verstanden werden, der Charakterisierung der heiligen Maria oder als Bild für aufblühende Schönheit. Während die Bedeutung bestimmter Symbole oder Allegorien in der christlichen Ikonographie noch eindeutig festgelegt war, kann schon im Barock, spätestens seit der klas-sischen Moderne des ausgehenden 19. Jahrhunderts beinahe jeder und alles zum Symbol werden, das verschiedene Interpre-tationen zulässt. Die fünf verschiedenen Künstler der Ausstellung arbeiten alle mit mehr oder weniger offenkundiger Symbolik und wollen offenkundig Erkenntnisse gewinnen (und vermitteln), „was die Welt im Innersten zusammenhält“ nach Goethes Faust oder welche elementare Konstanten das Handeln und die Gefühle des Menschen prägen. Natürlich gibt es keine absoluten Ant-worten auf diese Fragen, aber zwischen den Kunstwerken und ihren Betrachtern kann sich ein Resonanzraum auftun, so dass plötzlich nie da gewesene neue Gedanken, plötzliches Verste-hen und weitere Dimensionen eröffnet werden.

Der erste Stock der Galerie ist den zeitgenössischen Künstlern gewidmet. Almut Wöhrle-Russ 1950 in St. Peter Ording gebo-ren, studierte in Tübingen, ist in zahlreichen deutschen Museen und im öffentlichen Raum ausgestellt und lebt und arbeitet heu-te in ihrem Atelier in Schechen bei Rosenheim. In der Traun-steiner Ausstellung sind mehrere kleinformatige Bildserien zu sehen, „Icons“, „Über die Berge“ oder „Der andere Garten“, zehn Bildpaare, grün. Die Künstlerin arbeitet mit verschiedenen Papieren, Tusche und Wachs, oft Landschaftselemente, Tiere, Blumen und Pflanzen, auch menschliche Figuren sind zu er-kennen, vielleicht aus einer Traumwirklichkeit „verschmelzen die Bilder mit Sinneseindrücken und Gefühlen zu einer poe-tisch anmutenden Gesamtstimmung, die sich auf den Betrachter überträgt“, sagte die Kuratorin der Ausstellung und Leiterin der Städtischen Galerie Traunstein, Judith Bader, in ihrer Einführung.

Oliver Stephan, geboren 1971 und damit der Jüngste der aus-stellenden Künstler,verwendet in seinen großen Bildreihen, bestehend aus bis zu 14 teiligen Gesamtbildern, immer in Öl auf Leinwand, ebenso menschliche und tierische Figuren und Gesichter. Dabei scheint in surrealer Weise die Bildoberfläche zu zersplittern und eine rätselhaft, manchmal bedrohlich wir-kende Traumwirklichkeit zu entstehen. Die meisten seiner Bil-der haben überdies keine eindeutige Ausrichtung und können an allen Seiten gehängt werden, so dass sich aus jeder Perspektive ein neues Bild ergibt. Die meisten Arbeiten sind „ohne Titel“, nur bei vier zusammenhängenden Bildern verhilft „ATOM(E)VOLUTION möglicherweise zu einer Interpretation. Im Raum finden sich auch zwei Bronzen von Stefan Forler, geboren 1940 in Lindau am Bodensee, mit Lehre als Kunst-schmied und Meisterprüfung 1965 in München. Nach langjäh-riger Tätigkeit an der Meisterschule für Metallbauer, unterhält er ein eigenes Atelier in Landau, Pfalz. Zentral platziert sein „Rebstock“ aus dem Jahr 1978, aus dessen Reben direkt Wein zu fließen scheint und der ebenso wie der Rebstock mit christ-licher Konnotation behaftete „Fisch“ auf einer Bronzestele als Symbol für das Leben.

Kleinere Bronzen von Stefan Forler, allesamt Paare, finden sich im zweiten Stock der Städtischen Galerie, die eine wunderbare bildhauerische Ergänzung zu den Bildern an den Wänden dar-stellen: stark abstrahierte Zweiergruppen und andere Gruppen zeigen anhand verschiedener Haltungen, die Beziehungen von Menschen zueinander. An den Wänden faszinieren auf der linken und der Kopfseite die meist unverkäuflichen Bilder von Bruno Tausend (1915 bis 1984), die aus dem Besitz von drei Sammlern bestehen, durch die diese Ausstellung erst zustande kam. Die Arbeiten sind exemplarisch für das Werk des Künstlers vom Samerberg. Nach einer anfangs naturalistischen, impressionistischen und expressionistischen Bildsprache bagann Bruno Tausend in den 1950er Jahren mit kräftigen Farben und klaren Konturen immer in Öl auf Leinwand zu malen. Die Figuren sind meist frontal, statisch, auf den Betrachter ausgerichtet, erinnernd an die Bil-der von Frida Kahlo und der südamerikanischen Malerei, aber auch an die heute in Stephanskirchen arbeitende Künstlerin Aldona Sassek. Die Figuren, symbolisch überhöht, haben eine unglaubliche Präsenz und Ausstrahlung mit Betonung auch dem Allgemeingültigen. Ihm gegenüber Holzschnitte und Monotypien des unvergesse-nen Grafikers Wilhelm Neufeld (1908 bis 1995), der ähnlich wie Bruno Tausend die christliche Ikonographie als Referenz benützt wie Wilhelm Neufeld die klassische Philosophie und Literatur, der er sich zuwendet und wo er die entscheidenden Anregungen für seine Motive zu Mann und Frau, Anfang und Ende, Aufstieg und Absturz findet. Wunderbar passend dazu werden in einer Videopräsentation vier Holzschnitte, „Franz Kafka – 4 Texte“, gedruckt auf der Methusalem Presse in Chieming, dazu an einer Hörstation diese vier Texte gelesen.

Insgesamt eine sehr sehenswerte Ausstellung, für die sich die interessierten Betrachter Zeit und Ruhe nehmen sollten, um sich anhand der eigenen Assoziationen selbst zubegegnen und mit Gedanken, Stimmungen, Träumen und Gefühlen konfron-tiert zu werden. Die Ausstellung in der Städtischen Galerie Traunstein im Kul-turforum Klosterkirche ist bis Sonntag, 13.Oktober, mittwochs bis freitags von 11 bis 17 Uhr, am Samstag und Sonntag von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Führungen von Gruppen, besonders Schul-klassen, die die Präsentation besonders ansprechen könnte, sind nach Absprache jederzeit möglich, Telefon 0861/164319. . Christiane Giesen

Bericht und Fotos: Christiane Giesen

Blick in den ersten Stock der Städtischen Galerie mit Radie-rungen von Almut Wöhrle-Russ hinten, Bildern von Oliver Ste-phan rechts und der Skulptur „Rebstock“ von Stefan Forler im Vordergrund.

Das Ölbild „Frühling“ von Bruno Tausend aus der Sammlung Heiner Schaefer.

Ohne Titel ist das Ölbild auf Leinwand von Oliver Stephan, 2018, das in alle Richtungen gehängt neue Aspekte ergibt.

„Adam und Eva“ von Bruno Tausend

 


Redaktion

Toni Hötzelsperger

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