Der Bau im Rohrdorfer Ortsteil Taffenreuth ist groß, fügt sich aber unauffällig in die Landschaft ein, wirkt wie ein größerer Feldstadel. Diese Unauffälligkeit ist dabei sozusagen Programm, denn bei dem Bauwerk handelt es sich um den neuen Hochspeicher der Gemeinde. Und die Trinkwasserversorgung ist etwas, das an den meisten Bürgern völlig unbemerkt vorübergeht. Sie stellen nur fest, dass tatsächlich Wasser aus dem Hahn kommt, wenn man ihn aufdreht – all die Manpower und der bauliche Aufwand, der dafür notwendig ist, bleibt in der Regel im Verborgenen.
Anlass genug für die Gemeinde, die offizielle Einweihung des Speichers mit einem Tag der offenen Tür zu verbinden, um diesem Informationsdefizit abzuhelfen. Da ist schon einmal die Frage, warum es überhaupt Speicherbehältnisse braucht. Und bereits die Antwort darauf ist nur auf den ersten Blick einfach: Rohrdorf hat viel eigenes Wasser, 150 000 Kubikmeter pro Jahr, weitere 100 000 Kubikmeter müssen aus Rosenheim zugekauft werden. Geliefert wird das „hauseigene“ Wasser von einem Brunnen und zwei Quellen. Weil diese Wasserlieferanten aber gleichmäßig schütten, sich also nicht an die Bedarfsspitzen am Morgen und am Abend halten, muss Wasser bevorratet werden. Hinzu kommt jetzt aber noch ein zweiter, wichtiger Punkt: Das Rohrdorfer Gemeindegebiet ist nicht eben, zwischen Thansau und Höhenmoos liegen knapp 150 Höhenmeter.
Das Wasser müsste also mit erheblichem Aufwand an Maschinerie und Kosten gepumpt werden, wenn nicht glücklicherweise die beiden derzeitigen Quellen und der Brunnen sozusagen passende Höhenlagen hätten. Die Hollinger Quelle versorgt die sogenannte Mittelzone der Gemeinde, die Lueser Quelle die Hochzone und der ganze „Tiefbereich“ wird über den Brunnen bei Schaurain versorgt sowie über das von Rosenheim zugekaufte Wasser. Soweit die Theorie. In der Praxis kommt es aber immer wieder einmal vor, dass sich die Zonen einander „aushelfen“ müssen. Auch dafür ist es wichtig, dass die Gemeinde in jeder Zone einen eigenen Speicher hat.
Diese Speicher sind übrigens nicht einfach nur Wasserbehälter, was jede Gemeinde leidvoll feststellt, bei der ein solcher Behälter saniert werden muss. Es geht schließlich um die Zwischenlagerung unseres wichtigsten Grundnahrungsmittels, entsprechend hoch sind Anforderungen und Auflagen an die Innenwände der Speicherbehältnisse. Eine Sanierung geht da schnell in die Hunderttausende. Von daher nur logisch, dass man in Rohrdorf, als die Frage der Überholung des alten Taffenreuther Speichers anstand, gleich auf einen Neubau setzte: Schließlich war der alte, der mit 250 Kubikmetern weniger als die Hälfte des neuen fasste, für einen zukunftsfähigen Betrieb auch schon zu klein.
Der neue Speicher, dessen Kosten bei rund zwei Millionen Euro lagen, ist nicht nur groß, sondern vor allem technisch auch auf dem allerneuesten Stand, was die gesamte Peripherie anbelangt: Pumpen, Steuerung, Einrichtungen zur Überprüfung der Wasserqualität. Das alles zusammen macht ihn zu einem wichtigen und sicheren Ankerpunkt in der Rohrdorfer Wasserversorgung.
„Arbeitslos“ sind Gert Deutinger, der Rohrdorfer Wassermeister und sein dreiköpfiges Team deshalb aber nicht. Schließlich sind volle Speicher noch nicht einmal die halbe Miete bei einer gemeindlichen Wasserversorgung – das Wasser muss schließlich auch zu den Verbrauchern gebracht werden. In Rohrdorf sorgt dafür ein Leitungsnetz von gut siebzig Kilometern Länge. Das Problem dabei: Auch Rohrleitungen altern und müssen immer wieder erneuert werden – im Schnitt geht man von einer Lebensdauer von rund siebzig Jahren aus.
Für Rohrdorf heißt das, dass man theoretisch jedes Jahr einen ganzen Kilometer sanieren müsste. In der Praxis ist das nicht zu halten, denn bei den Sanierungen müssen Straßen geöffnet werden und man hat darauf zu achten, dass sich die damit verbundenen Belästigungen für Anwohner und Verkehr in Grenzen halten. Insgesamt steht das Wassernetz der Gemeinde aber nicht schlecht da – die Wasserverluste liegen bei etwa acht bis neun Prozent und unter den Wassermeistern der Region gilt die Faustregel: alles, was bei zehn Prozent oder darunter liegt, ist gut. Die rund 150 Rohrdorfer, die den Tag der offenen Tür nutzten, konnten sich also alles in allem davon überzeugen, dass ihre Wasserversorgung auf rundum gesicherten Füßen steht.
Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de