Diözesanratsvorsitzender Schalk lehnt Liberalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ab – Innerhalb bestehender Regelungen bessere Aufklärung, gynäkologische Versorgung und Beratung nötig. Angesichts der für Donnerstag, 5. Dezember, geplanten Beratungen im Deutschen Bundestag über eine Neuregelung von Paragraf 218 und damit eine Liberalisierung von Abtreibungen nimmt Armin Schalk, Vorsitzender des Diözesanrats der Katholiken der Erzdiözese München und Freising, wie folgt Stellung:
„Der nun vorliegende, fraktionsübergreifende Antrag zur Neuregelung von Paragraf 218 verlässt das Paradigma des strafrechtlichen Lebensschutzes und priorisiert faktisch die Selbstbestimmung der schwangeren Person. Es ist lobenswert, dass der Antrag – entgegen noch weitergehender Vorschläge – zumindest die Beratungspflicht und die 12-Wochen-Frist aufrechterhält. Aber das ist bei Weitem nicht genug: Ein Embryo ist kein potenzieller Mensch, sondern ein Mensch in Potenz, der seine Anlagen kontinuierlich entwickelt. Mensch ist man von Anfang an. Verfassungsrechtlich und ethisch kommt diesem Menschen im Frühstadium dieselbe auch grundgesetzlich verankerte Würde zu, wie dies bei geborenen Menschen der Fall ist.
Die absichtliche und gewollte Beendigung einer solchen individuellen menschlichen Existenz kann weder ethisch noch rechtlich als ‚rechtmäßig‘ eingestuft werden. Denn ‚Rechtmäßigkeit‘ setzt eine Prüfung der maßgeblichen Gründe voraus – gerade hierauf wird aber verzichtet, um die Selbstbestimmung der schwangeren Person nicht zu gefährden. Wir appellieren daher inständig an politische Verantwortungsträger:innen und insbesondere die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, dem vorliegenden Gesetzesentwurf ihre Zustimmung zu verweigern.
Der interpersonale Konflikt zwischen dem Lebensrecht des ungeborenen Menschen einerseits und der schwangeren Person andererseits darf nicht einseitig zulasten der Ungeborenen aufgelöst werden. Die bestehende Regelung hingegen, die sich über Jahrzehnte als tragfähiger Kompromiss erwiesen hat, wird sowohl dem Lebensrecht von Ungeborenen als auch dem Selbstbestimmungsrecht von Frauen gerecht. Entgegen anderslautenden Narrativen ist der Schwangerschaftsabbruch bereits jetzt entkriminalisiert, soweit die Pflichtberatung wahrgenommen wird. Anstatt auf die Schnelle eine rechtssymbolisch so weitreichende Reform zu forcieren, wäre es besser, eine umfassende gesellschaftliche Debatte zu führen, in der auch kirchliche Stimmen gehört werden. Denn klar ist auch: Innerhalb der bestehenden Regelung ist Raum für Verbesserungen, etwa im Hinblick auf Aufklärung, den Zugang zu Verhütungswissen, der gynäkologischen Versorgung oder der Verfügbarkeit von qualifizierter Beratung.“
Text: DIÖZESANRAT DER KATHOLIKEN DER ERZDIÖZESE MÜNCHEN UND FREISING – Archiv-Foto: Andrea Major