Mit einer Sonderausstellung unter dem Titel „Tanz auf dem Vulkan“ und zwei Tagen der offenen Tür, am Sonntag, 2., und Montag, 3. Oktober, öffnet das generalsanierte Diözesanmuseum der Erzdiözese München und Freising (DIMU) nach neun Jahren Schließung wieder seine Pforten. Es zählt mit seiner umfassenden Sammlung von Objekten der christlichen Kunst- und Kulturgeschichte zu den weltweit größten religionsgeschichtlichen Museen. Am Freitag, 30. September, segnet Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, das Haus auf dem Freisinger Domberg und hält dabei einen Vortrag zum Thema „Kunst und Kirche“.
„Das Diözesanmuseum leistet mit seinen großen Sammlungsbeständen, die etwa 1700 Jahre regionale und überregionale Glaubensgeschichte abbilden, einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung und Vermittlung unseres kulturellen Gedächtnisses – nicht nur für uns als kirchliche Gemeinschaft, sondern für die ganze Gesellschaft“, sagte der Generalvikar des Erzbischofs, Christoph Klingan, bei einer ersten Präsentation des Hauses für die Medien am Donnerstag, 29. September. Das Diözesanmuseum solle ein Ort sein, der Menschen auch über die Kirche hinaus durch die Kunst anregen will, „sich wesentlichen Fragen des Lebens zu stellen und etwas von den christlichen Antworten darauf zu erkennen, als Angebot, als Möglichkeit“. Das generalsanierte Gebäude und der Freisinger Domberg mit seinen verschiedenen Einrichtungen und seinem bedeutenden Erbe von Kunst und Kultur bildeten dafür den idealen Rahmen, betonte Generalvikar Klingan: „Dieser Berg war in seiner Geschichte und kann es nach der laufenden Weiterentwicklung wieder neu werden: ein Ort der Begegnung, des Dialogs, des Diskurses und somit auch der Inspiration.“ Hier stand „Kirche in engem Austausch mit der Gesellschaft“, stellte sich den Fragen der Zeit und rang um Reformen: „Diese Aufgabe steht auch heute wieder im Vordergrund“, so der Generalvikar. Der lebendige Dialog, der hier zwischen Kirche und Gesellschaft stattfinde, kann nach Überzeugung von Klingan „beide gegenseitig befruchten und voranbringen, Kirche und Gesellschaft“.
„Mit dem Diözesanmuseum Freising wollen wir den Menschen ein lebendiges, ein bis heute relevantes Erbe vermitteln“, erklärte Museumsdirektor Christoph Kürzeder: „Wir wollen Horizonte öffnen, Anregungen geben, mögliche Antworten auf Fragen umreißen, die sich die Menschen auch jetzt stellen.“ Deshalb erfolge die Präsentation der Objekte der Sammlung nicht nach Epochen, so Kürzeder, sondern gliedere sich nach Fragestellungen, die das Leben jedes Menschen beträfen und die seit jeher in der Kunst wie in der Religion behandelt werden würden. „Und das passiert bis heute, weswegen wir auch einen Akzent auf zeitgenössische Kunst legen, die dieses lebendige Erbe, dieses Wissen und diesen Diskurs bis in die Gegenwart fortschreibt“, sagte der Museumsdirektor. Mit dem generalsanierten Gebäude des Freisinger Diözesanmuseums habe man dafür den geeigneten Raum geschaffen: „Es ist ein lichtes, ein transparentes Haus. Hier durchdringen sich Kunst-, Kultur- und Naturraum, der Blick geht von den Kunstwerken über die Stadt bis in die Berge. Es ist vor allem ein offenes Haus, das alle einlädt, sich an der Auseinandersetzung mit grundlegenden Themen zu beteiligen.“
Der Sammlungsbestand des Diözesanmuseums umfasst mehr als 40.000 Objekte aus allen Bereichen kirchlicher Kunst und Kultur, von frühchristlichen Werken bis hin zu zeitgenössischen Positionen des 21. Jahrhunderts. Der Rundgang ist nicht nach Epochen aufgebaut, sondern folgt einem kulturhistorisch-anthropologischen Konzept und stellt Fragen des Lebens, die vor allem auch in den Religionen verhandelt werden: Fragen nach dem Woher und Wohin, nach Sinn und Ziel, nach ethischen Prinzipien, nach Orientierung und Lebensentwürfen. Dabei begegnet man unter anderen den Meistern der süddeutschen Spätgotik wie Erasmus Grasser, Jan Polack und Gabriel Angler, aber auch Lucas Cranach und Künstlern des Barock und Rokoko, wie Ignaz Günther, Johann Baptist Straub und den Gebrüdern Asam.
Auch zeitgenössische Kunst ist prominent im Diözesanmuseum vertreten: Eigens für das neue Haus schuf der renommierte US-amerikanische Installationskünstler James Turrell die raumübergreifende Lichtinstallation, „A CHAPEL FOR LUKE and his scribe Lucius the Cyrene“. Daneben entwarfen die belgische Bildhauerin Berlinde de Bruyckere, der Fotograf Michael Wesely und die in Freising geborene Malerin Brigitte Stenzel neue Werke für das Museum. Arbeiten von Neo Rauch, Anselm Kiefer und Kiki Smith kommen nächstes Jahr hinzu. Zur Wiedereröffnung zeigt das Museum bis Ende Januar 2023 die Sonderausstellung „Tanz auf dem Vulkan. Leben und Glauben im Schatten des Vesuv“, die sich anhand von Artefakten und Zeugnissen rund um Neapel, den Vesuv und den Stadtpatron San Gennaro mit der akuten Frage auseinandersetzt, wie Menschen mit der Bedrohung durch Naturkatastrophen umgehen. Viele Zeugnisse des Heiligenkults um San Gennaro verlassen erstmals Neapel, um in dieser Ausstellung gezeigt zu werden.
Das Museum musste 2013 aufgrund brandschutztechnischer Mängel schließen, die Erzdiözese entschied sich für eine grundlegende Sanierung und einen Umbau des Gebäudes entsprechend den Anforderungen eines modernen Museumsbetriebs. Die Generalsanierung erfolgte nach den Plänen des Architekturbüros Brückner & Brückner, das mit seinem Entwurf „Geöffnete Wände“ 2015 den von der Erzdiözese ausgelobten Wettbewerb gewann. Dabei wurde die ursprünglich großzügige Raumstruktur des immer wieder umgebauten Gebäudes gemäß dem Motto „Geöffnete Wände“ wiederhergestellt und es konnten weitreichende Durch- und Ausblicke geschaffen werden, sowohl innerhalb des Gebäudes als auch nach draußen auf die Stadt und die Landschaft. Der helle Lichthof ist mit seinen vier Geschossen weiterhin zentraler Veranstaltungsraum.
Auf insgesamt fast 2500 Quadratmetern Ausstellungsfläche präsentiert das für 73,8 Millionen Euro generalsanierte Gebäude die neue Schausammlung im ersten Obergeschoss und die Sonderausstellungen im Erdgeschoss und zweiten Obergeschoss. Dort steht den Besucherinnen und Besuchern zudem eine Bibliothek mit Panoramaterrasse als Ruhe- und Leseraum zur Verfügung, im Erdgeschoss und zweiten Untergeschoss befinden sich die museumspädagogischen Räume, im Untergeschoss schließlich die Museumsgastronomie mit Westterrasse und Blick über die Altstadt Freisings bis zur Alpenkette. Die neu gestalteten Außenanlagen sind erstmals öffentlich zugänglich.
Neben der bewussten, durch die architektonische Gestaltung der „Geöffneten Wände“ beförderten Entscheidung für einen hohen Tageslichtanteil in den Ausstellungräumen trägt auch die Klimatechnik zu einer hohen Nachhaltigkeit des generalsanierten Museumsgebäudes bei. Das Haus kommt fast vollständig ohne fossile Energieträger aus, allein über die regenerative Wärmeerzeugung können jährlich schätzungsweise 220 Tonnen CO2 eingespart werden.
Hinweis: An den beiden Tagen der offenen Tür am Sonntag, 2., und Montag, 3. Oktober, kann das Museum zwischen 10 Uhr und 18 Uhr bei freiem Eintritt besucht werden. Reguläre Öffnungszeiten des Museums ab 4. Oktober 2022: Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr.
Bericht und Foto: Erzbischöfliches Ordinariat
Anhang: