Land- & Forstwirtschaft

Die Laubensteinalm – ein Almporträt

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Almporträt Laubensteinalm – von Rupert Wörndl und aus dem Almbauer vom Almwirtschaftlichen Verein Oberbayern

Der Laubenstein ist im Vergleich zu den umliegenden Bergen Kampenwand, Geigelstein oder Hochries kein besonders markanter Gipfel. Eigentlich tritt er nur von Frasdorf aus so richtig in Erscheinung, was dazu geführt hat, dass der dortige Trachtenverein ihn zu seinem Namensgeber gewählt hat. „D`Lamstoana“ heißen sich die Frasdorfer Trachtler seit ihrer Gründung 1912. Allerdings weiß man nicht genau, woher der Name kommt: von „Labn“ (Balkon) wegen der guten Aussicht, von „Lab“ (Laubbäumen), von „Labm“ laben, Labung, Labsal (Schatz, Wörterbuch der Tiroler Mundarten) oder von „Laba“ für Lache, Pfütze, Viehtränke (Schmeller, Bairisches Wörterbuch).

Heute noch zwei Almfahrer – Seit Anfang des letzten Jahrhunderts sind von ursprünglich 12 Almfahrern auf der mit der Grubalm vereinigten Alm nur noch zwei  aktiv: Der Marchl von Spöck (Gemeinde Aschau) und der Piedl (gesprochen Bierl) von Pfannstiel (Gemeinde Frasdorf). Während von den meisten aufgelassenen Kasern kaum mehr die Grundmauern erhalten geblieben sind, sieht man zwei davon noch in fast ursprünglichem Zustand. Außerdem gibt es eine Jagdhütte des Grundeigentümers und Inhabers der Eigenjagd, des Barons Cramer-Klett von Hohenaschau. Einige Besonderheiten gibt es über diesen Berg und seine gleichnamige Alm zu berichten.

Winterpächter gründen Gebirgsunfalldienst – Wie in fast allen Almen in unserem Gebiet mieten sich ab den 1920er-Jahren „Winterpächter“ ein. Beim Piedl errichten die Pächter einen Stützpunkt des „Gebirgsunfalldienstes“, einer Vorgängereinrichtung der Bergwacht. Leiter ist Hans Hess. Dass es dabei auch gelegentlich lustig zuging, kann man sich vorstellen. An den Wochenenden während der Wintermonate zogen die Schifahrer von Frasdorf aus prozessionsartig Richtung Predigtstuhl und Hochries. Seit es die Lokalbahn Rosenheim-Frasdorf gab (ab 1914) kamen an den Wochenenden regelmäßig Sonderzüge von Sport Scheck mit Schifahrern nach Frasdorf. Auf den natürlich unpräparierten Pisten waren Knochenbrüche und andere Verletzungen nicht selten. Wie beim Piedl finden sich auch auf der Marchl-Hütte Pächterfamilien, die ihrer „Alm“ viele Jahrzehnte treu geblieben sind. Hier hat das Hüttenleben sogar einen literarischen Niederschlag gefunden. In dem Büchlein „Zwischen Bürstling und Huat“ beschreibt Hans Baumgartner aus Wasserburg u. a. interessante und lustige Erlebnisse auf dem Laubenstein.

Ein Eldorade für Höhlenforscher – Der Laubenstein selber ist für Geologen sowie Karst- und Höhlenforscher ein Begriff:  Der Gipfelbereich ist aus Überresten von Seelilien aufgebaut, die gut mit freiem Auge zu erkennen sind. Im Almgebiet oder am Rande davon gibt es einige große und kleinere Höhlen sowie zahlreiche Dolinen und Ponore. Der Teil, der früher die Grubalm war, besteht im Wesentlichen aus einer Großdoline, im Fachjargon der Karstforscher „Polje“ genannt, mit all ihren schon mehrfach beschriebenen klimatischen und botanischen Besonderheiten.

Almbegehungen des AVO – Bereits zweimal wurde die Laubensteinalm bei Almbegehungen des AVO berührt. 1954 findet diese in „Der Almbauer“ (8/1954) folgende Erwähnung: „….Nach einer kurzen Mittagsrast ging es weiter zur Laubensteinalm, ebenfalls einer von der Gutsherrschaft Hohenaschau verpachteten Alm [muss richtig heißen „Berechtigungsalm“]. Betrieben wird die Alm von Weyrer-Frasdorf [Piedl] und von Thaurer-Umrathshausen [Marchl]. Auch diese Alm ist wie Baumgarten und Elland ganzsömmerig bestoßen. Die Alm liegt in einer Geländemulde zwischen Laubenstein und Zellerhorn. Rechts vor den Hütten (gegenüber dem Anger) ist eine tiefe Doline, überdacht von alten Wetterfichten und prachtvoll überblüht und übergrünt von rosenrotem Alpendost, blauem Alpenmilchlattich, Blattmosaiken des rundblättrigen Steinbrechs und allerlei Farnen. (Schreiner, Miesbach). – Anmerkung Almvater Fischbacher: Laubenstein hat nicht mehr die gute Gräserei wie die vorhergehenden Almen. Der Gastfreundschaft von Weyerer und seiner Sennerin muß besten Dank gesagt werden….“ Die Hauptalmbegehung 2016 fand natürlich auch ihren Niederschlag in „Der Almbauer“ (8/9 2016). Stefan Kloo beschreibt hier u. a. ausführlich den Grubalmkessel, den sog. Eiskeller, und bezeichnet ihn als „Botanische Schatztruhe“.

Hüttenbau mit Schwierigkeiten – Der Piedl-Kaser war bereits 1920 für damalige Verhältnisse gut ausgebaut worden. Die Winterpächter erweiterten den Wohnbereich später noch ein wenig. Während auf dem Stall, dem „Hag“, wie man hier sagt, noch Legschindeln waren, gab es im vorderen Bereich bereits ein Blechdach. Dieses hat allerdings der Sturm Anfang der 70er-Jahre aufgerollt und mehrere 100 m vertragen. Noch schlimmer hatte der Marchl unter den hier auftretenden extremen Windböen zu leiden: 1957/58 waren der Kaser renoviert und der Stall vergrößert worden, wofür eigens ein kleines Sägegatter auf die Alm transportiert worden war (damals noch auf kaum befahrbaren Weg). Die Pfetten für den neuen Dachstuhl hatte die Zimmerei Göttlinger damals noch gehackt. Weihnachten 1986 hat dann der Sturm den Dachstuhl abgehoben und verschoben. Auch der reparierte Dachstuhl hielt nicht lange. Fast auf den Tag genau sechs Jahre danach, am 21. Dezember 1991, hat ihn eine Orkanböe  komplett weggerissen. Die gesamte Westseite lag 150 m oberhalb der Hütte. Zum Glück war in diesem Jahr der neue Weg zur Laubensteinalm fertiggestellt worden und die Hüttenreparatur konnte dadurch wesentlich leichter durchgeführt werden. (Der Wegebau ist ein eigenes Kapitel!)

Markante Almleute – Beim Piedl prägten viele Jahrzehnte die drei Geschwister Anna, genannt Nanny (bis 1952), Regina (bis 1966) und Franz Weyerer das Geschehen auf der Alm. Franz, bekannt als „Bierl-Franz“, war Junggeselle und ist bis kurz vor seinem Tod im Jahr 2001 mit 74 Jahren Almerer gewesen. Er hat sein ganzes Vieh mit auf den Berg genommen, also auch die Milchkühe. Auch Schweine waren meistens dabei und zeitweise auch ein Stier, was bei den anderen Almfahrern nicht immer reine Freude auslöste. Aber der Franz ist als origineller und gastfreundlicher Almerer immer noch in Erinnerung. Beim Marchl ist die Lies  („Marchl-Lies“) zu nennen. Sie war eine Institution auf Laubenstein und betreute 25 Sommer das Almvieh. Bereits mit 17 Jahren musste sie auf die elterliche Alm, wo sie bis zu ihrer Verehelichung 1936 blieb. Nachdem ihr Mann bei der Holzarbeit 1951 verstorben war, ging sie nochmals 7 Jahre auf die Alm. Das letzte Jahr konnte sie allerdings nicht mehr voll machen. Nach einem „üblen Scherz“, wie es in „Der Almbauer“ Nr. 12 von 1958 heißt (Nachbarsalmerinnen hatten ihr das Vieh weggetrieben; offensichtlich ging es um Weidestreitigkeiten), hatte sie sich den Oberschenkelhals gebrochen und konnte in der Folge nicht mehr auf den Berg. Auch zwei Nichten von der Lies, die Marchl-Töchter Anna und Rosmarie, brachten es auf 10 bzw. 5 Almjahre. Seither wird, wie überall, häufig gewechselt, aber beim Marchl sind alle Almleute seit 1918 lückenlos aufgelistet.

Mit diesem Beitrag soll an den kürzlich verstorbenen Martin Thaurer, Marchl von Spöck, und in Dankbarkeit an seine besonders verbindliche und warmherzige Art erinnert werden.

Bericht: Rupert Wörndl

Bilder:

Rechts im Bild die beiden aktiven Laubensteinkaser (Foto Wörndl)

Mitglieder des „Gebirgsunfalldienstes“ im Piedlkaser 1929

Auch lustig ging es beim „Gebirgsunfalldienst“ gelegentlich zu (Fotos Vinzenz 1929)

Marchlkaser nach dem Sturm vom 21. Dezember 1991 (Foto Thaurer)

Der Bierl-Franz mit seiner Almnachbarin im Jahr 2000 (Foto Wörndl)

Die Marchl-Lies um 1935 (Repro Wörndl)

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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