Eine Zeitreise durch Freud und Leid
Seit nunmehr 100 Jahren, genauer gesagt seit 1923, erfüllt die jüngste der drei Glocken mit ihrem klaren Klang die Luft über Steinkirchen und verkündet die Namen der Gefallenen des Ersten Weltkrieges. – eine bewegende Tradition, die die Geschichte und das Erbe der Gemeinschaft in sich trägt.
Die Geschichte der Glocken von St. Peter in Steinkirchen ist ebenso faszinierend wie zeitlos. Als akustische Wegweiser und historische Zeugen dienen sie nicht nur als Klangkörper, sondern tragen die Last der Zeit und die Erinnerung an vergangene Ereignisse. Ägidius Moser, Vorstand des Krieger- und Veteranenvereins Roßholzen/Steinkirchen, entdeckte Hinweise zu diesen Glocken in einem alten Samerberg-Buch aus dem Jahr 1929, verfasst vom damaligen Törwanger Pfarrer Josef Dürnegger. Dieses Buch gewährt uns einen Einblick in die Herkunft und das Schicksal dieser Glocken, die mehr sind als nur metallene Klangerzeuger.
Besonders beeindruckend ist die größte Glocke mit dem Ton „g“ und einem imposanten Durchmesser von 98 cm, im Jahr 1669 von Bernhard Ernst in München gegossen. Die eindrucksvolle Inschrift lautet: „Der Heiligen Lob verkünde ich, die Gräber schließe ich, Gewitter vertreibe ich.“ Die kleinere Glocke mit einem Durchmesser von 75 cm und dem Ton „c“ stammt aus der renommierten Glockengießerei von Bartholomäus Wengle in München und wurde im Jahr 1617 gefertigt. Die mittlere Glocke mit einem Durchmesser von 85 cm und dem Ton „d“ wurde von den Donnelehleute in der Schweiber als Schenkung an die Kirche überreicht. Sie wurde feierlich am Ostermontag des Jahres 1902 aufgezogen, fiel jedoch im Verlauf des Ersten Weltkrieges im Jahr 1917 dem Kriegsgeschehen zum Opfer.
Die Erinnerung an die Gefallenen ruhte jedoch nicht im Schweigen. 1923 entschied sich die Gemeinde, eine neue Glocke aus derselben Gießerei zu stiften, um das Andenken an die Krieger, die von 1914 bis 1918 ihr Leben ließen, zu bewahren. Diese Glocke trägt die Namen von 14 Gefallenen in Erz und erinnert daran, dass ihr Opfer nicht in Vergessenheit geraten soll. Die eingravierten Kriegernamen sollen für immer weiterleben, selbst wenn sie von der leichtlebigen Welt vergessen sein sollten.
(Die eingravierten Kriegernamen lauten: Georg Bauer aus Achental, Georg Lagler aus Mitterhof, Michael Buchauer aus Schöffau, Sebastian Bogenhauser aus Ried, Joh. Moser aus Linden, Wolfgang Mauerer aus Ried, Peter Buchauer aus Schöffau, Johann Bauer aus Dorfen, Michael Huber aus Esbaum, Wolfgang Brunner aus Daxa, Michael Maurer aus Ried, Georg Bogenhauser aus Oberleiten, Simon Schwaiger aus Schweinsteig und Simon Rieder aus Unterstuff.)
Die Glocken der Dorfkirche erzählen somit nicht nur von vergangenen Zeiten, sondern auch von Opfern und dem Vermächtnis, das sie hinterlassen haben. Sie sind klingende Zeugen der Zeit, ein eindrucksvolles Denkmal für diejenigen, die im Dienst ihres Landes ihr Leben ließen.
Ein Besuch der Kirche ermöglicht eine emotionale Zeitreise, bei der die Glocken nicht nur Klänge vergangener Tage, sondern auch Geschichten von Mut, Opferbereitschaft und Gemeinschaft erzählen. Die Kirche St. Peter in Steinkirchen am Samerberg gilt als eine der am schönsten gelegenen Kirchen im Landkreis Rosenheim. Der einst gotische Raum wurde 1750 barockisiert.
Im Hochaltar befinden sich die Heiligen Petrus, Michael und Stephanus. Aus den unterschiedlichen Bildern, Figuren und Kreuzen ragt eine spätgotische Halbfigur Christi des Schmerzensmannes hervor. Die schöne Umgebung und Lage der Kirche bietet sich auch für katholische Trauungen an.
Bericht & Fotos: Rainer Nitzsche