Im Zentrum von Rohrdorf, am Dorfplatz vor dem „Werkhof“ steht seit September 2019 eine Büchergondel. Sie wird von den Rohrdorfer Bürgern rege genutzt und ist auch nach knapp zwei Jahren weder verschmutzt noch verwahrlost. Im Gegenteil, die 8 Regalbretter in der umfunktionierten Seilbahnkabine sind stets gefüllt und die Bücher wechseln häufig. Auf der Sitzbank zwischen den Regalen sitzen öfters junge und ältere Menschen, manchmal auch – bei geöffneter Tür – die Katze aus der Nachbarschaft .
Die Entstehungsgeschichte der Büchergondel ist ungewöhnlich. Fabian Sixtus, damals 15 Jahre alt, besucht die Montessori-Schule in Rohrdorf. Die Schüler legen dort in der 8. Jahrgangsstufe ihre Montessori-Prüfung in Form einer „Großen praktischen Arbeit“ ab. Zu einem selbstgewählten Thema erstellen die jungen Menschen ein praktisches Werkstück, verfassen eine Ausarbeitung zum Projekt und stellen dieses abschließend in einem Ausstellungs-Stand und in einem 10minütigen Vortrag vor größerem Publikum. Neben der Lehrkraft in der Schule unterstützt ihn dabei ein fachkundiger Außenmentor.
„Eigentlich wollte ich als große praktische Arbeit Bier brauen“ erzählt Fabian zur Entstehung seines Projekts. Das sei aber als Thema nicht angenommen worden „wegen des Alkohols“. Bei einer Berlinreise inspirierten die dort zahlreich vorhandenen Bücherzellen – umgebaute Telefonzellen. Da gebrauchte Zellen aber teuer sind – rund 2.000 Euro – brauchte er etwas anderes. Schließlich unterstütze ihn der örtlichen Bauunternehmer Karl Garawenta mit einer schmucken Seilbahnkabine. „der Ausbau brauchte sicher 15 ganze Arbeitstage, hier war mein Außenmentor Richard Schmid von der örtlichen Schreinerei Schauer, in deren Räumen ich auch arbeiten konnte, unglaublich unterstützend“.
Die Einweihung im September 2019, zu der auch der damalige 2. Bürgermeister Joachim Wiesböck kam, fand auch Resonanz in der Rohrdorf-Samerberger Zeitung. Da sich mehrere Rohrdorfer Familien fanden, die sich um die Gondel kümmern und regelmäßig aufräumen, war der Betrieb gesichert.
Auch die Montessori-Schule, die ihre Räumlichkeiten im Werkhof hat und die Fabian immer noch besucht, hat ein Auge auf das Kleinod. „Schließlich ist es ein Schulprojekt und wird auch von unseren Schülern genutzt“ führt hierzu Schul-Geschäftsführerin Evi Spreiter aus. Auch aus ihrer Sicht ist die Gondel ein sehr attraktives und nachgefragtes Projekt. Nur einmal gab es einen Konflikt: „Eine Mutter beschwerte sich, dass in der Gondel ein Buch stand, das Ihr Sohn mit Begierde gelesen habe – für das er aber noch viel zu jung sei. Da konnte ich ihr aber leider nichts bieten.“ so Spreiter.
Bericht und Bilder: Wolfram Inngauer