Bereits in der dritten Generation werden in Großholzhausen feine Obstbrände der Familie Rechenauer auf dem Haglhof hergestellt. „Birnen und Äpfel machen den größten Teil unserer Obstbrände aus, aber das ist ja kein Wunder, weil in unserer Gegend halt die meisten Leute Birnen und Apfelbäume im Garten haben.“ erklärt Tom Rechenauer, der zusammen mit seinem Vater die Brennerei betreibt, während sich seine Mutter um die Herstellung leckerer Liköre kümmert. Beruflich habe er sich in der Produktentwicklung der Lebensmittelindustrie schon viel mit Sensorik beschäftigt, also damit, wie und wann man welche Aromen und Düfte wahrnimmt. Und das ist auch das Thema, das ihn im Bereich der Obstveredelung durch das Brennen so fasziniert: „Unglaublich, wie viele Düfte man in einem edlen Brand oder Geist einfangen kann!“ schwärmt der leidenschaftliche Obstveredler.
Historisch komme das Obstbrennen ja daher, dass man früher aufgrund der knapperen Lebensmittelversorgung versucht habe, aus allem irgendwie verwertbarem noch etwas zu machen, so Rechenauer. Auch Obst, das nicht mehr so schön war, sollte nicht verkommen. So hing das Brennrecht eines Hofes auch mit einer Mindestfläche zusammen, auf der ein Anbau möglich war. Seit 2018 gibt es diese Einschränkung des Branntweinmonopols nicht mehr. Die zollrechtlichen Bestimmungen erlauben es jetzt Obstbesitzern, sich ihr eigenes Obst in einer Lohnbrennerei zu Schnaps verarbeiten zu lassen, was auch viele Kunden der Brennerei Hagl gerne nutzen.
Das meiste Obst, das bei der Hagl Brennerei verarbeitet wird, kommt aus der Nachbarschaft. Neben Äpfeln und Birnen gibt es unter anderem auch Zwetschge, Kirsche, Himbeere oder Mirabelle, deren wilde Form zum „Kriacherlschnaps“ verarbeitet wird. Das Obst kommt meist von Streuobstwiesen und so wird der Erhalt einer uralten Kulturlandschaft ermöglicht. Oft gibt es nur noch hier Bäume mit den seltenen alten Obstsorten. Im Gegensatz zu früher, wo die Schnapsherstellung eher eine Resteverwertung darstellte, kommt heute nur die Top-Obstsortierung in die Destille. Es werden edle Brände und Geiste menübegleitend oder -verfeinernd gereicht. Das ist auch die Motivation von Rechenauer, nicht nur Brände weiter zu veredeln, indem sie beispielsweise im Akazienholzfass reifen dürfen, sondern auch ungewöhnliche Kreationen zu testen. So kommt hier ein Salatgurkengeist ins Glas, ein zartes frisches Gurkenaroma steigt in die Nase – „So etwas könnte man beispielsweise über einen Salat träufeln oder als Aperitif reichen“, so die Idee des Erfinders. Eine andere Schöpfung hat ihren Ursprung in Spanien, wo sich Rechenauer einst beruflich aufhielt. „Eine Grapefruit, die reif geerntet wird, schmeckt überhaupt nicht bitter, deshalb habe ich mich hingesetzt und etwa 16 Stunden lang sorgfältig Fruchtfleisch aus den reifen Grapefruits rausgepult. Ein schönes Stück Arbeit, aber der daraus gewonnene Geist ist ein ganz besonderes Ergebnis!“
Natürlich dürfen im reichhaltigen Angebot auch Kräutervarianten nicht fehlen. So ist die Sortierung vom Kräuterlikör bis zum Gin mit Rosenknospenduft auch in diesem Bereich breit gefächert. Für die Kreation des Gins wurden alle Zutaten zunächst einzeln mazeriert, die Zutaten also einzeln in Alkohol eingelegt, um die Aromen herauszulösen. Danach wurde sorgfältig die Mischung abgestimmt. Ergebnis sei ein bunter Blumencocktail mit dezenter Wachholdernote. Alle Rezepte werden detailliert in einem Rezeptheft niedergelegt, damit das Ergebnis auch reproduzierbar ist.
Die geistreichen Erzeugnisse werden von Kunden aus Nah und Fern geschätzt. Dass im feierlaunigen Großholzhausen viele Vereine einen guten Trunk wertschätzen, ist altbekannt. Aber dass sich dieser Zwischenstopp lohnt, hat sich auch schon bei vielen Touristen herumgesprochen, die auf der Durchfahrt extra vorbeikommen, um die eine oder andere Flasche mit in den Urlaub zu nehmen.
Text: ks – Bilder: Brennerei Hagl
Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de