Brauchtum

„DIALEKTPREIS BAYERN 2023“ ist verliehen

„Der Dialekt ist die Sprache der Heimat. Oder umgekehrt: Dialekt ist da, wo man verstanden wird. Er schafft ein Gefühl von Vertrautheit und Geborgenheit. Dabei zählt die Dialektvielfalt zum kulturellen Erbe Bayerns und prägt die regionale, lokale Kultur sowie Identität. Die heutigen Preisträgerinnen und Preisträger haben zur Stärkung, Pflege und Erforschung der Mundarten beigetragen. Dieses Engagement würdigen wir zum fünften Mal mit dem Dialektpreis Bayern!“, freute sich Finanz- und Heimatminister Albert Füracker bei der diesjährigen Preisverleihung am Donnerstag (27.7.) im Heimatministerium in Nürnberg. „Einige Preisträgerinnen und Preisträger haben uns auch bei unserem ‚Dialektquiz Bayern‘ unterstützt. Bei über 5.000 Hörbeispielen können Bayerns Mundarten interaktiv erlebt, Wissen getestet und Unterschiede im Dialekt entdeckt werden“, so Füracker weiter.

Der von Finanz- und Heimatminister Albert Füracker verliehene und mit je 1.000 Euro dotierte Preis würdigt besondere regionale Verdienste im Bereich Dialektpflege und -forschung. Für jeden Regierungsbezirk ist grundsätzlich eine Auszeichnung vorgesehen. Zusätzlich gibt es einen Preis für die sudetendeutsche Mundartpflege sowie einen Sonderpreis.

Im Rahmen der Preisverleihung wurde zudem der erste Hauptgewinn des „Dialektquiz Bayern“ des Heimatministeriums überreicht. Dabei wurden die drei Punktbesten im Zeitraum April bis Juni 2023 geehrt. Der Hauptgewinn ging an Frau Christa Beck-Wilhelm aus Freising, Herrn Christoph Hack aus München sowie Herrn Leo Wilhelm aus Jena. Die Teilnahme am Gewinnspiel des „Dialektquiz Bayern“ ist noch bis 31. März 2024 über die Webseite www.dialektquiz.de möglich.

Folgende Preisträgerinnen und Preisträger wurden mit dem „Dialektpreis Bayern 2023“ ausgezeichnet:

Oberbayern: Claudia Pichler, München-Aubing

Zwischen bayerischer Tradition und Münchner Moderne wuchs die Kabarettistin, Moderatorin und Buchautorin Claudia Pichler in Aubing zweisprachig auf: „Boarisch“ und Hochdeutsch. Nach abgeschlossenem Studium der Germanistik, Psychologie und Politik folgte 2017 ihre Promotion über Gerhard Polt. Erste Bühnenerfahrungen sammelte Claudia Pichler mit der Musikkabarett-Gruppe „Die drei Haxn“, ehe sie seit 2018 in der „Grünwald Freitagscomedy“ des BR als „Fachfrau für bairische Sprache und bayerische Kultur“ mitwirkt. Seit 2019 tritt sie als Solo-Kabarettistin auf. Nach ihrem ersten Programm „Ned blöd … für a Frau“ ist sie derzeit mit ihrem zweiten Solo-Programm „Eine Frau sieht weißblau“ unterwegs – immer in Begleitung ihrer geerbten Ziehharmonika, weil: „Die Schwester hat’s Haus kriegt und ich die Quetschn“.

Auszüge aus ihren Programmen sind auch im Dialektquiz Bayern enthalten.

Niederbayern: RiA Reiser, Mainburg-Puttenhausen

Die Hip-Hop-Künstlerin RiA Reiser ist ein Ausnahmetalent im vorwiegend von Männern geprägten bairischen Mundart-Rap. Nach frühen musikalischen Versuchen im (Hoch-)Deutsch-Pop, die an der Akzeptanz ihres rollenden „Rʼs“ scheiterten, begann Maria Reiser vor rund 15 Jahren im Dialekt zu singen. Dabei kreierte sie ihren „Jodel-Pop“, inspiriert durch einen in Namibia erlebten Chorgesang mit Stimmumbruch bzw. Kehlkopfschlag. 2019 erfand sich RiA Reiser als Mundart-Rapperin künstlerisch neu. Authentizität steht dabei für sie, die auch als „First Lady des Bavarian Rap“ oder „Hip-Hop-Queen von der Holledau“ genannt wird, an erster Stelle. Mit ihrem künstlerischen Schaffen möchte RiA Reiser insbesondere Frauen, Mütter, Alleinerziehende, Mädchen und Minderheiten inspirieren, an sich zu glauben und sich in ihrem Leben selbst zu verwirklichen.

Auszüge aus ihren Liedern sind auch im Dialektquiz Bayern enthalten.

Oberpfalz: Professor Ludwig Zehetner, Regensburg

Als einer der renommiertesten Experten auf dem Gebiet des bairischen Dialekts wird der gebürtige Freisinger Prof. Dr. Ludwig Zehetner oft „Dialektpapst“ genannt. Sein Interesse für Dialektforschung wurde auch durch die Mitarbeit bei der Kommission für Mundartforschung an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften geweckt. Anschließend lehrte Prof. Dr. Ludwig Zehetner 34 Jahre Deutsch und Englisch am Musikgymnasium der Regensburger Domspatzen. Nach seiner Promotion war er ab 1979 Lehrbeauftragter und seit 1999 Honorarprofessor für bairische Dialektologie an der Universität Regensburg. Als sein populärstes Werk gilt das Buch „Bairisches Deutsch. Lexikon der deutschen Sprache in Altbayern.“ Weiterhin bekannt ist er durch die die Herausgabe der mehrbändigen Reihe „Basst scho!“, die Dialekt-Serie „Frong S’ den Zehetner“ in der Mittelbayerischen Zeitung oder das Theaterstück „Mei Fähr Lady“ des Turmtheaters Regensburg.

Oberfranken: Sonja Keil, Helmbrechts-Kleinschwarzenbach

Mundart ist für die fränkische Mundartautorin Sonja Keil ein Stück Heimat, Bodenständigkeit und Kultur. Als sie mit 13 Jahren von Schwaben nach Oberfranken zog, lernte sie zunächst aus der Not heraus Fränkisch, um sich in der Schule verständigen zu können. Nachdem Sonja Keil dem Bayerischen Rundfunk Anfang der 80er Jahre zum ersten Mal eines ihrer Gedichte in „Helmetzer Sprouch“ (Helmbrechtser Sprache) anbot, wurde dieses auch prompt gesendet. Das war dann der Startschuss für ein reiches Repertoire an Mundarttexten: Kurzgeschichten, Kinder- und Adventsgeschichten, Kalenderblätter und vieles mehr zum Schmunzeln in Lesungen, Büchern und Zeitschriften. Außerdem ist Sonja Keil Märchenautorin und -erzählerin an dem von ihr organisierten Helmbrechtser Märchentag. Dabei nimmt sie ihre Zuhörerinnen und Zuhörer immer mit endloser Kreativität, ansteckender Begeisterung und einem Schuss Selbstironie mit. 2009 wurde sie mit dem Frankenwürfel ausgezeichnet.

Mittelfranken: Sven Bach, Zirndorf

Sven Bach ist ein wahrer Mundart- und Mundwerkakrobat. Dies stellt der gebürtige Nürnberger als nebenberuflicher Kabarettist, Mundartautor, Volksmusikant und Comedian permanent unter Beweis. Er verfasst eigene Gedichte, Geschichte, Bücher und Lieder in fränkischer Mundart. Seit 2004 führt er sein Mundart-Kabarett mit eigenen Solo-Programmen auf den Kleinkunstbühnen der Region auf. Sven Bach ist regelmäßiger Gast bei Sendungen des Bayerischen Rundfunks wie „Närrische Weinprobe“ und „Franken Helau“ sowie in Spots von „Franken Fernsehen“. Darüber hinaus ist er eine feste Institution bei Prunksitzungen im Frankenfasching. Humor bedeutet für ihn Gesundheit und Wohlbefinden, getreu seinem Motto: “Sie wissen ja, Kranklach´n is´ g´sund!“. Am liebsten beleuchtet er das Alltagsgeschehen, so dass sich sein Publikum in seinen Geschichten wiederfinden kann. 2021 wurde ihm das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten verliehen.

Unterfranken: Fredi Breunig, Großeibstadt

Der waschechte Rhön-Grabfelder Fredi Breunig gilt auf Bühnen, bei Firmenfesten, im Fernsehen und vor allem im Fasching als humoristischer Tausendsassa. Als trotteliger Zeitgenosse nimmt er die Rhön-Grabfelder – und damit auch sich selbst – gerne auf die Schippe. Seit über 40 Jahren steht Fredi Breunig auf der Bühne und 2012 veröffentlichte er sein erstes Soloprogramm „Döff doss doss?“. Er ist regelmäßig zu Gast im Bayerischen Fernsehen bei der „Närrische Weinprobe“ und der „Fastnacht in Franken“. Zudem ist Fredi Breunig eine feste Institution bei den kabarettistischen Frühschoppen in Wargolshausen und Bad Bocklet. Seit 15 Jahren schreibt er Glossen für die Main-Post mit dem Titel „Gotthold & Eustach“ und tritt beim „Fränkischen Politiker-Derbläggn“ als Fastenprediger „Bruder Elisäus“ auf. Der „professionelle Amateur“, wie er sich selbst bezeichnet, wurde 2013 mit dem Frankenwürfel ausgezeichnet.

Auszüge aus seinen Programmen sind auch im Dialektquiz Bayern enthalten.

Schwaben: Florian Hager, Wechingen und Jochen Österlein, Wallerstein

Florian Hager und Jochen Österlein sind überzeugte und außerordentlich aktive Botschafter des Rieser Dialekts. Sie verwenden diesen als Stilmittel, um sich authentisch, witzig, liebenswürdig, direkt, aber auch auf Umwegen auszudrücken. Die beiden sind musikalisch, schauspielerisch und kabarettistisch in sechs Mundart-Gruppierungen aktiv. Mit ihren Musik-Gruppen „Vom Baalz“, „DJ Haggis“ (jeweils Hager), „Los Bressackos“ (Österlein) und „Okomod“ (Hager und Österlein) treten sie live bei zahlreichen lokalen Veranstaltungen und Jugend-Festivals auf. Musikalisch sind Florian Hager und Jochen Österlein vielseitig unterwegs: Country, Rock, Jazz, Punk, Schlager, Hörspiel, Slapstick und Musikclips gehören zu ihrem Repertoire. Den Gruppen gelingt es hervorragend, den jeweils ortsüblichen Dialekt in verschiedenen popkulturellen Zusammenhängen ganz selbstverständlich zu verwenden. Damit wird auch das sprachliche Selbstbewusstsein vieler Rieser Jugendlicher gestärkt.

Auszüge aus den Musik-Gruppen sind auch im Dialektquiz Bayern enthalten.

Sudetendeutsche: Inge Schweigl, Heidelberg

Inge Schweigl ist eine vielseitige und unermüdliche Förderin der sudetendeutschen Kultur und insbesondere des Dialekts. Sie gehört zu den wenigen noch Lebenden, die die Mundart noch in der Heimat gesprochen haben und gilt daher als eine der besten und authentischsten Mundartsprecherinnen ihrer Heimatregion, des Böhmerwaldes. Inge Schweigl ist vielseitig aktiv in der sudetendeutschen Heimatpflege, unter anderem näht sie Böhmerwälder Trachten und sammelt Böhmerwälder Märchen und Volkslieder. Über 200 Mundart-Volkslieder hat sie für Volksmusikarchive auf Tonträger gesungen, zudem ist sie Herausgeberin der Nachschrift der „Böhmerwaldmärchen“. In ihrer Heimatgruppe Heidelberg des Deutschen Böhmerwaldbundes gibt sie regelmäßig Singstunden und im Freundeskreis Sudetendeutscher Mundarten engagiert sie sich seit dessen Gründung 1977 als Moderatorin. Von der Sudetendeutschen Landsmannschaft wurden ihr bereits zwei Auszeichnungen verliehen: 2006 die Adalbert-Stifter-Medaille und 2014 der Kulturpreis für Volkstumspflege.

Sonderpreis: Collegium Nürnberger Mundartdichter

Das Collegium Nürnberger Mundartdichter wurde 1966 von Schriftstellerinnen und Schriftstellern gegründet, die in fränkischer Mundart schreiben. Aktuell zählt die Vereinigung elf Mitglieder. Seit über 50 Jahren hat das Collegium, teilweise zusammen mit der „Arbeitsgemeinschaft fränkische Volksmusik“, regelmäßig gemeinsame öffentliche Lesungen in Nürnberg und Umgebung durchgeführt. Seit 2011 organisiert das Collegium Nürnberger Mundartdichter die große Jahreslesung „Horch ämool – Mundart trifft Jazz“ zusammen mit verschiedenen Jazz-Ensembles in Fürth. Auch durch Beiträge der Mitglieder in diversen Sendereihen des Bayerischen Rundfunks genießt das Collegium überregionale Bekanntheit. Insgesamt hat die Vereinigung bereits über hundert größere oder kleinere Publikationen in fränkischer Mundart veröffentlicht.

Die Vorschläge für die Preisträgerinnen und Preisträger des „Dialektpreises Bayern 2023“ wurden im Vorfeld von den bayerischen Bezirksheimatpflegerinnen und -heimatpflegern sowie von einzelnen Mitgliedern des Landtags eingereicht.

Bericht und Fotos: Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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