Gimpel sind rundliche Finken mit einem kräftigen kurzen Schnabel, mit der sie harte Sämereien wie Ahorn- oder Hainbuchensamen knacken können. Trotz des dicken Schnabels sind Gimpel aber in der Lage, feine Sämereien zu ernten. Männchen und Weibchen sind sehr leicht zu unterscheiden. Der weiße Bürzel fällt besonders im Flug auf. Nur der als Wintergast auftretende Bergfink hat ebenfalls einen weißen Bürzel, ist aber ganz anders gefärbt. Der ebenfalls gebräuchliche Name Dompfaff bezieht sich sehr sicher auf die roten Gewänder der Domprälaten. Das Wort Pfaff, das etwas abfällig klingt, ist wahrscheinlich eine Anspielung auf die rundliche, also korpulente Gestalt des Vogels bzw. die des Prälaten. Sicher hat auch die schwarze Kappe zur Namensgebung beigetragen. Jungvögeln fehlt die schwarze Kappe.
Gelehriger Vogel
Der Gesang ist relativ einfach und besteht aus einer Reihe von Pfeifelementen. Er wird nahezu ganzjährig vorgetragen, allerdings weniger von August bis Mitte Dezember. Er ist ausschließlich für den Partner bestimmt, denn Gimpel verteidigen keine Reviere. Den Gesang, der aus sanften Pfeiftönen und Trillern besteht, lernen junge Gimpel von ihrem Vater. Werden sie von Menschen großgezogen, so lernen sie vorgepfiffene Melodien von diesem. Besonders in Thüringen und im Vogelsberg wurde großgezogenen Gimpeln beigebracht, ganze Lieder nachzupfeifen. Vor dem Ausfliegen wurden die Jungvögel aus dem Nest entnommen, um ihnen mehrmals täglich das zu erlernende Lied stückchenweise vorzupfeifen. Konnten sie dies, so wurde ein neues Teilstück eingeübt, bis das Lied komplett war. Begabte Gimpel konnten bis zu drei Lieder beherrschen.
Seit dem Winter 2004/2005 fallen Gimpel auf, die ein kurzes „töd“ rufen, das ähnlich einer Kindertrompete klingt. Für viele langjährige Ornithologen war dieser Ruf neu. Da er ein bisschen wie eine Kindertrompete klingt, bekamen diese Wintergäste den Namen Trompetergimpel. Ein akustischer Vergleich weist darauf hin, dass die Vögel aus dem Nordosten des europäischen Teils von Russland stammen. Optisch sind sie nicht von unseren Gimpeln zu unterscheiden.
Gimpel sind relativ leicht zu fangen, und der sprichwörtliche Gimpelfang wies auf ein betrügerisches Geschäft hin. Auch auf Betrug weist die Redewendung „einen Gimpel rupfen“ hin. Allgemein gilt der Gimpel als Symbol der Einfalt und Dummheit, und der Ausdruck „Du blöder Gimpel“ ist noch mancherorts zu hören.
Schlafplatzzüge
Im Winter sind Gimpel gern gesehene Gäste an den Futterstellen. Oft kommen mehrere Vögel zusammen und erwecken den Anschein, dass Paare ein Leben lang zusammenbleiben. Dem ist nicht so, denn ein Zusammenhalt über mehrere Jahre konnte erst in wenigen Fällen nachgewiesen werden. Das Gimpelmännchen gilt in etlichen Gegenden als Schneebote. Kommen die Gimpelmännchen in die Stadt oder ans Haus, dann schneit es am gleichen Tag oder spätestens am nächsten. Danach verschwinden sie wieder und erscheinen erst, wenn für einen Tag der nächste Schneefall bevorsteht. Dass dies nicht stimmen kann, ist nicht erst in Zeiten des Klimawandels überprüfbar. Im Winter ist wie bei wenigen Vogelarten ein weiteres Phänomen zu beobachten. Es sind dies die täglichen Schlafplatzzüge, bei denen unter Umständen Dutzende von Gimpeln in der Abenddämmerung beobachtet werden können. Aus einem größeren Einzugsgebiet sammeln sich die Vögel auf ein/zwei hohen Bäumen und fliegen dann gemeinsam weiter, um gemeinsam die Nacht zu verbringen.
So auffällig der Gimpel im Winter ist, so heimlich ist er zur Brutzeit. Bei vielen Kartierungen wird er deshalb übersehen oder überhört, und das obwohl, vor allem die Männchen, mit ihrer roten Unterseite sehr auffallen. So sind Bestandsschätzungen sehr schwer.
Gimpel gehören im Allgemeinen nicht zu den früh mit der Brut beginnenden Arten, da diesjähriger Samen für die Aufzucht der Jungvögel zur Verfügung stehen muss. Dafür kann die Brutperiode lang nach hinten ausgedehnt werden, wenn gewisse Baumsamen sehr reichlich vorhanden sind. Aber nicht nur die Jungvögel benötigen Samennahrung, auch das brütende Weibchen wird mit vom Männchen, ungefähr alle 50 Minuten, außerhalb des Nestes mit Samen gefüttert. So beginnt die Brutperiode aus dem genannten Grund in Deutschland Ende April/Anfang Mai, und die Jungen schlüpfen meist zur Zeit der Löwenzahnblüte. Diese optimale Anpassung ist jedoch oft nicht mehr gegeben. Durch den Klimawandel und eine veränderte Grünlandwirtschaft ist die Hauptzeit der Löwenzahnblüte mittlerweile um einige Wochen eher und findet je nach Bedingungen oft schon im April statt. In Hausgärten wird der Löwenzahn leider immer noch als lästiges Unkraut bekämpft und steht deshalb als Nahrung für etliche Finkenvögel nicht zur Verfügung.
Brutzeiten
Ausnahmen von dieser Anpassung kommen natürlich vor, und so kann man unter Umständen sehr frühe Gimpelbruten feststellen. Die Winterfütterung mag eventuell ein Grund sein, warum es 2021 zu einer außergewöhnlich frühen Brut des Gimpels in Garmisch-Partenkirchen kam. Bereits am 18.5.2021 gelang am Ortsrand die Beobachtung eines völlig erwachsenen Gimpels im Jugendkleid. Nur am Kopf waren auf den schnell gemachten Belegaufnahmen noch zwei Federn des Dunenkleides zu erkennen. Am nächsten Tag wurde die gesamte Familie mit insgesamt vier Jungvögeln an der Futterstelle gesehen, und das Weibchen fütterte einen der Jungvögel. Wie bekannt, war der April 2021 der kälteste April seit 40 Jahren. In Garmisch-Partenkirchen wurden nachts nur an neun Tagen Werte über 0°C, maximal 3°C, erreicht. Die maximale Tagestemperatur erreichte 17°C. Gleichzeitig sank die minimale Nachttemperatur auf -11°C, was den niedrigsten Wert darstellt. Die durchschnittlichen Tag- und Nachttemperaturen im April betragen 8.1°C und -2.5°C. Niederschläge gab es zwar weniger als die letzten Jahre, aber auf Grund der niedrigen Temperaturen fiel dieser meist auf Schnee. So herrschte z. B. am 7.4. eine geschlossene Schneedecke von 10 cm.
Das Gimpelgelege von meist 3 – 5 Eiern wird in der Regel ab dem vierten Ei für 13 – 15 Tage bebrütet. Die Nestlingszeit beträgt 16 -18 Tage, und nach dem Aufliegen dauert es noch eine weitere Woche, bis die Jungvögel den Eltern folgen können. Insgesamt werden die Jungvögel noch 16 – 18 Tage nach dem Flüggewerden geführt. Alles in Allem kann man deshalb von einer Dauer von 50 Tagen vom Beginn der Bebrütung bis zur Selbstständigkeit der Jungvögel ausgehen. Das bedeutet, dass das Gelege bereits am 30. März bebrütet wurde und das erste Ei bereits am 27. März gelegt worden sein muss. Im Handbuch der Vögel Mitteleuropas findet sich als frühester errechneter Legebeginn der 28./29.3. von einer Brut in Stuttgart, gefolgt von einem weiteren Gelege vom 31.3.1964 bei Hagen in Westfalen und am 12.4.1960 bei Lingen. Für die Schweiz wird für das früheste Vollgelege der 10.4.1943 angegeben. Gimpel nisten gerne in alten dichtbewachsenen Gärten bzw. Parks. Sehr oft werden die Nester in Nadelbäumen in Stammnähe in einer Höhe bis zwei Meter angelegt. Es werden aber auch Laubbäume genutztm, und die vielen grünen Mauern aus Thujen- und Fichtenhecken sind potentielle Brutplätze.
Insbesondere in Gärten mit Ganzjahresfütterung sollte deshalb vermehrt auf frühe Bruten von Finkenvögeln geachtet werden.
Weitere interessante Naturfotos gibt es unter http://www.5erls-naturfotos.de/_Startseite/index.php.
Bericht und Fotos: Hans-Joachim Fünfstück