Kultur

Das Steirische Volksliedwerk:  30 Jahre Büro für Weihnachtslieder

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Wenn sich das Jahr zu Ende neigt, wird es in der Regel stiller. Heuer tragen hierzu auch noch die Corona-Umstände bei. Stille aber heißt nicht Untätigkeit. Im Gegenteil: die Wochen des Advents und der Weihnachtszeit laden in ganz besonderer Weise dazu ein, sich mit der „staaden“ Zeit zu beschäftigen, sie in besonderer Weise zu gestalten und das reiche Brauchtum dieser Zeit zu pflegen. Basteln, Lesen, Backen, Musizieren und Singen gehören dabei zu den beliebten, nicht lauten Aktivitäten. Eine Einrichtung, die sich heuer zum 30. Mal dieser Zeit in ausführlicher und vielfältiger Weise widmet, ist das Steirische Volkliedwerk in Graz mit dem Büro für Weihnachtslieder. Dort trafen wir Mag. Dr. Eva Maria Hois, die Leiterin dieses Büros, zu einem Gespräch und konnten ihr folgende Fragen stellen:

Frage: Können Sie unseren Lesern das Steirische Volksliedwerk näher vorstellen?

Das Steirische Volksliedwerk wurde 1905 gegründet, ist ein privater Verein und wird von der öffentlichen Hand gefördert. Es beschäftigt sich seit seiner Gründung mit der Sammlung, Archivierung und Erforschung der traditionellen Musik in der Steiermark, aber auch mit deren Vermittlung und Weitergabe, zum Beispiel über Publikationen wie Liederbücher, Tonträger und unsere Zeitschrift Der Vierzeiler sowie über Kurse und Seminare.

Frage: Welche Erfahrungen haben Sie bislang mit dem Büro für Weihnachtslieder gemacht und was bietet es?

Das Weihnachtsliederbüro gehört zu unserem Liederdienst, den wir das ganz Jahr über anbieten. Hier helfen wir bei der Suche nach Melodien, Texten, Tonaufnahmen etc. Im Advent beziehen sich die meisten Anfragen freilich auf weihnachtliches Liedgut, Instrumentalmusik, Gedichte, Geschichten, Hirten- und Krippenspiele usw. Viele Menschen suchen die bekannten Lieder wie „Alles Jahre wieder“, „O Tannenbaum“, „Es wird scho glei dumpa“ und „Stille Nacht“ – die Melodien dazu sind ja bekannt, aber die Texte werden nicht immer so gut erinnert. Diese bekannten Lieder haben wir deshalb zu Liederheften zusammengestellt, die gegen eine freiwillige Spende bei uns abgeholt werden können, die wir aber gerne auch verschicken. Jede zweite Anfrage in der Weihnachtszeit – und es können uns bis zu 60, 70 Anfragen pro Tag erreichen – bezieht sich auf ein spezielles Lied oder Instrumentalstück. Diese wurden oft in der Kindheit gesungen oder gespielt, wurden aber (teilweise) vergessen und sollen nun wieder aufgefrischt und bewusst an (Enkel-)Kinder weitergegeben werden. Da wir die meisten Anfragen – auch mithilfe unserer österreichweiten Datenbank – beantworten können und sich die Menschen sehr freuen, wenn sie die gesuchten Noten oder Texte bekommen, sind die Erfahrungen, die wir mit dem Büro für Weihnachtslieder machen, ausschließlich positiv.

Wir sammeln übrigens nicht nur alpenländisches (Volks-)Liedgut, sondern haben auch einen Fundus an fremdsprachigem Liedgut, „klassischer“ Weihnachtsliteratur wie auch bekannten Hits aus Pop- und Rockmusik. Und unsere Bibliothek wird ständig erweitert.

Frage: Wie können auch bayerische Volksmusikanten, Sänger und Interessierte von Ihrem Angebot Gebrauch machen?

Da unser Liederdienst und damit auch das Büro für Weihnachtslieder jedem offensteht, können wir auch Bayern behilflich sein, die bestimmte Noten, Text etc. suchen. Es fragen zum Beispiel auch Familien oder Freundesgruppen an, die Instrumentalstücke zum gemeinsamen Musizieren benötigen, oder Chorleiter, die auf der Suche nach neuen Liedern für ihren Chor sind. Lehrerinnen brauchen ein Krippenspiel für ihre Schulklasse, oder es werden lustige Gedichte zum Vorlesen bei einer Seniorenweihnachtsfeier gesucht. Und diesbezügliche Anfragen erreichen uns aus der ganzen Welt – auch wenn die meisten aus dem deutschsprachigen Raum kommen.

Frage: Haben Sie auch bayerisches Volksmusik-Kulturgut in Ihrem Sortiment?

Wir haben auch einige bayerische Lieder- und Notensammlungen im Archiv, etwa von bekannten Sammlern und Komponisten wie Kiem Pauli, Wastl Fanderl und Kathi Greinsberger, dazu auch einige Publikationen unserer bayerischen Kollegen. Erstens Sammeln wir nicht nur die Steiermark bzw. Österreich betreffende Publikationen, und zweitens macht Musik ja nicht an Grenzen halt. So sind die bei uns gängigen Weihnachtslieder, von denen ich schon einige erwähnt habe, vielfach im gesamten deutschen Sprachraum bekannt oder stammen zum Teil sogar aus Deutschland.

Frage: Corona hat Vieles verändert, wie wirkt sich das in der Volksmusikpflege nach Ihren Erfahrungen aus?

Auch wir mussten leider viele unserer Kurse – Jodeln und Wandern, Harfenkurs, Singabende, Dudelsack- und Drehleierkurs etc. – aufgrund der Corona-Pandemie absagen. Das ist schade und traurig, da das gemeinsame Singen und Musizieren so wichtig für unser Wohlbefinden ist, gerade in psychisch belastenden Situationen, wie wir gerade eine erleben. Aber wir haben unser Kurs- und Seminarprogramm für 2021 schon erarbeitet und hoffen, dass wir es auch durchführen können – die Nachfrage danach ist auf jeden Fall groß. Und zuhause darf ja weiterhin gesungen und musiziert werden.

Frage: Welche Tipps haben Sie für das Singen und Musizieren in den Familien?

Dafür braucht es meiner Meinung nach nicht viel: sich einfach gemütlich zusammensetzen und singen, vielleicht auch etwas vorlesen, wer kann, begleitet auf der Gitarre oder spielt mit der Flöte dazu, aber das Singen ist ja zum Glück auch ganz ohne Instrumentalbegleitung möglich.

Für diejenigen, die beim Singen Unterstützung brauchen oder nicht alleine singen wollen, haben wir die CD Es wird scho … mit den bekanntesten Weihnachtsliedern aufgenommen. Diese werden zweistimmig gesungen und von Gitarre, Hackbrett und Steirischer Harmonika begleitet und sind nicht nur zum Anhören, sondern zum Mitsingen gedacht.

Frage: In welcher Form können sich Trachtenvereine, Lieder- und Sängerwarte für deren öffentliche Veranstaltungen an Sie wenden?

Für diese Vereine können wir zum Beispiel Liederhefte in größerer Stückzahl für das gemeinsame Singen zur Verfügung stellen. Und wir geben Auskunft über Autoren und Komponisten von Liedern und ob diese Gema-pflichtig sind.

Für das Gespräch vielen Dank Frau Dr. Hois!

Das Interview führte Anton Hötzelsperger, www.samerbergernachrichten.de

Fotos: Steirisches Volksliedwerk / Martina Unterrainer und Elisabeth Steinberger


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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