Brauchtum

Das geweihte Dreikönigssalz

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Ein Beitrag aus dem Buch „Wenn’s draußen finster wird. Bräuche und Legenden für die Winterzeit“ von Dorothea Steinbacher: Heute wird das am Dreikönigsabend in der Kirche geweihte Salz wohl nach und nach in der Küche verbraucht, früher aber schleppten die Bäuerinnen große Schüsseln voller Salz zur Weihe. Es musste damals nämlich das ganze Jahr über für zauberische und heilkundliche Zwecke reichen. Aufbewahrt wurde das geweihte Salz, das sal sacerdotale, nach alter Tradition, die in vielen Gegenden des Alpenraumes üblich war: Aus Dreikönigssalz und Dreikönigswasser rührte man einen großen Salzklumpen – wobei das Weihwasser möglichst aus drei verschiedenen Kirchen stammen sollte. Diese drei heiligen Wasser wurden gemischt und wirkten dann angeblich durch drei Mauern hindurch. Aus dem Achental im Chiemgau berichtet Hans Heyn, dass dort die Frauen mit den Händen den Salzbrei kneteten. Es war „ein Brauch, nach dem sich die Frauen drängten…Sie glaubten, dass die Berührung mit dem geweihten Salz und Wasser Kraft und Gesundheit bringt.“ An einem warmen Ort in der Nähe des Ofens wurde der Brei getrocknet, bis das Wasser verdunstet und das Salz zu einem harten Klumpen geworden war. An einem Strick aufgehängt fand es seinen Platz für ein ganzes Jahr neben dem Türstock, in der Nähe des Weihwasserkessels.

Für vielerlei Zwecke wurde jeweils ein kleines Stückchen des Salzsteins abgeschabt: Wer jeden Abend etwas davon aß, war angeblich vor Hexen, Alpdruck und plötzlichem Tod bewahrt. Vor jedem größeren Gang, bei Antritt jeder Reise, kratzte man ein bisschen Salz ab und nahm es entweder in den Stiefeln oder der Jackentasche mit oder man verzehrte es auf einem Stückchen Brot. So glaubte man sich unterwegs vor allem Bösen geschützt – abgeleitet hat man diese Wirkung von der langen Reise der Heiligen Drei Könige. Auch wenn das Vieh zum ersten Mal im Jahr auf die Weide getrieben wurde oder auf die Alm ging, bekam jedes Tier ein wenig von dem Salzstein auf die Zunge gelegt. Sogar wenn ein Tier verkauft wurde, gab man ihm als letzte gute Gabe ein bisschen geweihtes Salz. Auch zum Einstand bekam ein neu erworbenes Tier geweihtes Salz zu fressen. Wurde ein Tier krank, oder auch ein Mensch, gab man ihm Dreikönigssalz; die Kuh vor dem Kalben und das neugeborene Kalb wurden mit Weihesalz versorgt. Immer aber war der Salzstein nur für die Angehörigen des eigenen Haushalts bestimmt, nicht für Besucher. Auch gegen Unwetter sollte das Salz wirken – ins Herdfeuer oder vors Fenster gestreut. Dort war es auch gegen Hexen und Dämonen wirksam, in den Raunächten, der Walpurgisnacht und in sonstigen gefährlichen Situationen. Aus dem Lechgebiet wissen wir, dass dort der Salzstein oft statt mit Weihwasser mit Johanniswein angemacht wurde, also mit dem am Tag des Evangelisten Johannes (27. Dezember) geweihten Wein. Dieser Wein wurde übrigens auch ohne Salz genossen, bevor man über Land reiste – gemeinsam steigerten sich Salz und Wein also offenbar in ihrer erhofften Schutzwirkung.

Entnommen aus dem Buch:

Dorothea Steinbacher: Wenn’s draußen finster wird. Bräuche und Legenden für die Winterzeit
192 Seiten, durchgehend vierfarbig
ISBN: 978-3-466-37224-9, Kösel Verlag 2020
erhältlich in jeder Buchhandlung

 

 


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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