Leitartikel

Das alte CHEAMGAU-LIAD –  Eine volksmusikalische Spurensuche

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Irmgard Ritzinger aus Prien-Bachham hat bei der Sichtung der von ihren Eltern überlassenen Unterlagen ein altes Loblied auf den Chiemgau gefunden. Noten und Text (wahrscheinlich nach einer Dichtung von Josef Rausch) sind gut erhalten, aber für Irmgard Ritzinger unbekannt gewesen. Deshalb machte sie sich auf die Suche und wurde auch Dank der Chiemgau-Zeitung fündig. Dennoch bleiben noch ein paar Fragen offen, deswegen geht die Suche weiter.

Irmi Ritzinger selbst  weiß zu diesem CHEAMGAU-LIAD: „Meine Mutter, Jahrgang 1919 hieß Loni Frick und war   gebürtige Berthold aus Übersee. Sie war Lehrerin in Erlstätt und Rosenheim-Happing, viele Jahre Chorleiterin und früher Sopranistin in St. Lorenz in Kempten“. Wie sich Irmgard Ritzinger weiter erinnern kann, wurde das Lied vor etlichen Jahren im Seniorensingkreis der Caritas in Rosenheim gesungen, deren Leitung ihre Mutter viele Jahre innehatte. Mit diesen Informationen wandte sich Ritzinger an die Chiemgau-Zeitung, worauf sich mit einem Leserbrief Dora Schlemer aus Breitbrunn meldete. Bei einem Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen erklärte dir rüstige Breitbrunner Rentnerin (Jahrgang 1934): „Das Lied dürfte über 100 Jahre alt sein, meine Schwestern mit den Jahrgängen 1925, 1927 und 1929 haben es beim Breitbrunner Hauptschullehrer Hans Zierhut gelernt. Auf unserem Bauernhof haben wir es als Kinder beim Stallgehen gesungen“. Wie sie weiter zu berichten weiß, wurde das Lied 1993 anlässlich des Trachtenfestes in Breitbrunn einstudiert. „Das Lied war nicht leicht wegen der zweiten Stimme zu lernen, auch mein noch lebender Bruder (zwei ältere Brüder starben im Krieg) wollte das Lied damals nicht mitsingen, auch ihm war es zu schwierig“.

Festgehalten zum Chiemgauer Gautrachtenfest 1987 in Atzing

Wiederentdeckt wurde das Chiemgau-Lied als   in Prien-Atzing 1987 das Gautrachtenfest des Chiemgau-Alpenverbandes gefeiert wurde und der gastgebende Trachtenverein „Daxenwinkler“ eine Festschrift herausgab. Das Atzinger Vereinsmitglied Josef Koch („Sojer Sepp“) kannte die gesamten Strophen und stellte es dem Verein zur Verfügung. Damalige und nachfolgende Atzinger Gesangsgruppen wie die Wastl-Dirndl (Luise und Traudi Riepertinger) und der Atzinger Zwoagesang (Christine Huber und Christian Steiner) nahmen das nicht leicht zu singende Lied jedoch nicht in ihr Stamm-Repertoire auf. Auch Liesi Huber von den Huber-Dirndln und vom Trachtenverein „Die lustigen Wildenwarter“ setzte sich mit dem Liedgut auseinander. Zum öffentlichen Auftritt und zum Vortrag gekommen ist es laut Dora Schlemer in den letzten Jahren lediglich bei den Rimstinger Sängern.

„Da Cheamgau, da Cheamgau is da scheenste auf da Welt!“.

Gut erinnern kann sich auch noch Irmgard Kurz aus Prien-Munzing, die 94-Jährige weiß noch, dass sie 1928 beim Schulweg heimwärts das Chiemgau-Lied mitgesungen hat. „Dieses Lied war uns lieber wie andere sogenannte Hitler-Lieder, deshalb freut es mich, dass dieses Lied wieder hervorgeholt wird, gerne würde ich es wieder vorgesungen bekommen“. Leonhard Meixner, Leiter des Volksmusik-Archivs vom Bezirk Oberbayern in Bruckmühl gab auf Nachfrage folgende Auskunft: „Wir haben versucht, mehr über dieses Lied herauszufinden. Laut dem Notenblatt ist es eine Eigenkomposition, diese ist uns aber im Haus nicht bekannt. Wir halten aber Augen und Ohren offen, vielleicht finden wir noch etwas heraus“. Auch Ernst Schusser, langjähriger Leiter des Volksmusikarchivs und im Ruhestand in der Volksmusik-Feldforschung tätig hat sich dem CHEAMGAU-LIAD angenommen und sucht nach weiteren Erkenntnissen. Aus dem Stegreif erinnert er sich, dass er das Lied um 1980 mit weniger Strophen, anderem Text und gleichem Refrain beim Wirtshaussingen hörte und dass die Melodie schwer zu singen war und deshalb von Gesangsgruppen eher vorsichtig betrachtet wurde.

Alle zusammen, die das Lied wieder aufgegriffen und sich an dieses erinnern können, hoffen, dass sich schon bald wieder eine Gelegenheit bietet, bei der das Lied mit seinen fünf Strophen wieder gehört wird – ganz im Sinne des Strophen-Refrains, der da lautet: „Da Cheamgau, da Cheamgau is da scheenste auf da Welt!“.

Fotos/Repros: Hötzelsperger – Noten und Text zum Cheamgau-Liad, u.a. in der Festschrift des GTEV Atzing zum Chiemgauer Gautrachtenfest 1987

Foto: Hötzelsperger –  Rimstinger Sänger beim heurigen Jubiläums-Waldfest der Atzinger Trachtler

Fotos: Berger – Atzinger Gesangsgruppen die Wastl-Dirndl und Atzinger Zwoagesang

Foto: Berger – beim Gaufest 1987 in Atzing von links: Josef Koch („Sojer Sepp“), Leonhard Obermaier und Ehrenvorstand Hans Summerer

 

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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