Aus dem Corona-Tagebuch von Karl Stankiewitz – „Uuund – wieder lockern,“ sagten die Trainer*rinnen einst nach anstrengender Leibesübung. Jetzt ist Pause. Solang das Lockdown nicht wieder gelockert ist, bleiben Turnhallen, Gymnastiksäle und Fitness-Studios in München und den meisten, auf den Corona-Karten rot markierten Landkreisen verschlossen. Vergeblich hatten sich die 11 000 bayerischen Sportvereine – die 14 größten wandten sich konkret an den Sportminister Joachim Herrmann – für den 19. April durch penible Hygiene-Vorkehrungen auf eine schrittweise Öffnung eingestellt.
Gelockert wurde aber nur ein bisschen und das Bisschen nur vage: Bei Inzidenz unter 50 dürfen nun wieder zehn Personen miteinander sporteln, was für eine Fußballmannschaft schon mal nicht ausreicht. Eine Kennzahl bis 100, was derzeit für den größten Teil Bayerns gilt, ist der Outdoor-Sport auf zwei Erwachsene mit maximal zehn Kindern unter 14 Jahren. Hallensport sowie „Trainingsbetrieb von Individualsportarten im Breiten- und Freizeitbereich“ erlaubt die jüngste freistaatliche Regelung ausdrücklich nur unter elf Voraussetzungen; die beginnen mit „frischer Luft“ und enden mit „keine Zuschauer“.
Keine Klarheit, reagieren Sportfunktionäre und nicht nur sie. Wie sind all diese komplizierten Bestimmungen auszulegen? Wie kann man sie kontrollieren (eine Frage, die für viele Infektionsschutzmaßnahmen gilt)? Wie soll man sie kontrollieren? Wie könnte man sie möglichst legal austricksen? Vielleicht, indem eine Mannschaft ihr Match vom „roten“ Landkreis weg einfach in der etwas weniger verseuchten Nachbarschaft ausübt? Und überhaupt: Warum darf man Haare und Fingernägel von erfahrenem Personal pflegen lassen, nicht aber Herz, Lunge und Muskeln?
Klar ist jedenfalls allen: Bewegung muss sein! Diese anhaltende Ruhigstellung – sie betrifft insbesondere notorische Homeworker sowie Jugendliche – macht dick, träge und nicht selten krank. So ermittelte das Münchner Zentrum für Ernährungsmedizin, dass neun Prozent der unter Zehnjährigen während der ersten Ausgangsbeschränkungen deutlich zugenommen haben. Die Eingesperrten allgemein nehmen mehr Süßigkeiten, Pommes, Zuckergetränke zu sich. Dagegen hilft wenig, wenn Lokalpolitiker der Schwanthaler für Höhe Ping-Pong-Platten und Bowling-Bahnen sorgen. Oder wenn der Online-Verkauf von Hometrainern, Hanteln und Schrittzählern aufblüht.
Sonderbare Bewegungsmeldungen erscheinen auch in meinem Netzwerk „nebenan“. Wobei die QuiGong-Schnupperstunde für Anfänger offenbar Spitze ist. Eine Doris veranstaltet einen „Online Hormonyoga Refresher Workshop“. Was Roni den derzeit Sedierten zu bieten hat, lässt mich vollends rätseln, ihr Programm heißt „YIN YOGA & the 8 LIMBS“. Eher werde ich schlau über die beiden Webserien, die der Bayerische Rundfunk mit Skistar Felix Neureuther ausstrahlt: „Olympia im Kinderzimmer“ und „Beweg dich schlau“ – meine Enkeltochter Tania tat es.
Bericht: Karl Stankiewitz
Foto: Thomas Stankiewitz