Aus dem Corona-Tagebuch von Karl Stankiewitz: Genau 200 Schul- und Vorschulkinder – mehr waren polizeilich verboten – blockierten unter dem Schutz von Eltern und Polizisten genau eine Stunde lang den Münchner Altstadtring, während gegenüber in der Staatskanzlei der Ministerrat das Neueste zum Thema Infektionsschutz beriet. Mit selbstgemalten Transparenten, Jazz und Reden protesierten die Jüngstbürger gegen die „bayerische Extrawurst“, die ihnen und ihren Lehrer*innen nun schon seit Monaten ein stressiges Homeschooling bei niedrigeren Inzidenzen als in der übrigen Bundesrepublik aufnötigt. Ihre Forderung: “Ich will in die Schule”.
Blaue Kreidekreise auf der sonst so belebten Fahrbahn sollten für die gebotenen Abstände sorgen, Supervorsichtig empfahl der „Urbanaut“ Benjamin David, der die außergewöhnliche Aktion zusammen mit einer kinderreichen Mutter blitzartig organisiert und ordentlich angemeldet hatte, beim Betätigen von Trillerpfeifen lieber doch die Maske anzubehalten. Man weiß ja nicht, wie weit die gefährlichen, von Blasmusikern ausgestoßenen Aerosole schweben. Dann ließ David sein jüngstes Söhnlein ein selbstgeschriebenes Liedlein ins Mikro singen. Die Landesmütter und -väter ließen sich trotzdem nicht blicken.
Natürlich ließ sich Markus der Harte auch durch den Heidenlärm dieses Kinderkreuzzugs nicht erweichen. Immerhin aber konnten sich die jüngsten Staatsbürger eben mal ein Bild davon machen, wie Demokratie funktioniert. Sie erlebten gewissermaßen eine Lektion in Sachen Demonstration. Oder gar Nachwuchsschulung für die „Generatiion „Friday“?
Überhaupt war die vergangene Münchner Woche, in die ja auch der 1. Mai fiel, voller den je von Demos, Aufmärschen Kundgebungen, Kunstlieferungen und dergleichen pandemischen Gegenmaßnahmen. Erstmals stiegen auch die beschäftigungslosen Kneipenwirte bitter klagend auf die Barrikaden; sie haben ihre Schanigärten, eine nette gastronomische Neuheit, längst wieder hergerichtet und fühlen sich vergessen.
Der Frust frisst sich weiter durch die frühlingssgrüne Isarstadt. Nur die ganz Anderen, die dummen Hasser, haben ihre zentrale Großveranstaltung nach Weimar verlegt. Sie verwechseln da wohl etwas: sie halten Weimar für die klassische Stadt der Dichter und Querdenker.
Bericht: Karl Stankiewitz – Fotos: Thomas Stankiewitz